Mittwoch, 9. Januar 2019
SPACE ESCAPE
Spieleklassiker wie das LEITERSPIEL oder auch SCHLANGEN UND LEITERN findet man heute höchstens noch in Spielesammlungen. Vor fast 130 Jahren wurde die Idee erstmalig von dem Engländer Frederick Henry Ayres mit einem kreisförmigen Spielbrett auf den Markt gebracht. Ursprünglich stammt das Spiel aus Indien, dort repräsentierten die Leiter die Tugend, die die notwendige Zeit bis zur Wiedergeburt verkürzen helfen sollten. Die Schlangenfelder sorgten für Verzögerungen.
Matt Leacock orientiert sich in SPACE ESCAPE an dem klassischen Vorbild, Schlangen lässt er leibhaftig auftreten, Luftschächte übernehmen ihre Absturzfunktion. Der amerikanische Autor verhilft dabei der Species Heterocephalus Glaber zu ihrem ersten Auftritt in der Brettspielszene. Bei seinem Faible für die Kooperation könnte er die hässlichen Nacktmulle eigentlich zu seinem Wappentier machen. Die Spielregel klärt über die hoch spezialisierte Arbeitsteilung in den Nacktmull-Kolonien auf. Die kleinen Nacktmulle kümmern sich um ihre jüngeren Geschwister. Etwas ältere sind Arbeiter und bauen das Gangsystem der Kolonie aus. Größere Tiere halten außerhalb des Baues Wache und warnen vor der Rötlichen Schnabelnasen-Natter.
Leacocks Nacktmulle sind nicht unterirdisch unterwegs, sondern inzwischen so hoch spezialisiert, dass sie eine eigene Raumstation besitzen. Irgendwie scheinen es aber auch diese Schnabelnasen-Nattern, nun nicht mehr nur rötliche, sondern auch braune, violette und blaue, auch auf die Raumstation geschafft zu haben. Wie in den heißen Halbwüsten Ostafrikas kommt es in SPACE ESCAPE zu einem Überlebenskampf zwischen Nacktmullen und Schlangen.
Die Aufgabe ist eindeutig formuliert, alle beteiligten drei oder vier Nacktmulle müssen in begrenzter Zugzeit in die Raumstation, dabei gilt es lebensnotwendige Utensilien unterwegs einzusammeln. Ohne Karte, Essen und Zahnbürste, gibt es keinen Siegerlorbeer. Der Weg von der untersten Ebene der Raumstation führt wie im klassischen Leiterspiel über viele Felder nach oben bis in die fünfte Etage. Es gibt eigentlich nur einen Unterschied zum Klassiker, der Würfel fehlt. Gesteuert werden Nacktmulle und Schlangen durch Spielkarten, die jeweils eine Nacktmull-Bewegung für die eigene, eine beliebige oder alle Nagetiere zur Folge hat. Im unteren Teil der Karte ist Entsprechendes für eine Schlangenbewegung zu sehen. Die Spieler legen die Bewegungskarten offen vor sich aus, sodass alle sehen, welche Bewegungen möglich sind, aber auch welche Gefahr durch Schlangen droht.
Die eigentlichen Zugalternativen sind simpel. Die Nager ziehen nach rechts oder links und versuchen so schnell wie möglich das Ende einer Leiter zu erreichen, um ein Stockwerk höher zu kommen. Im Blick muss man auch die Schlangen behalten, denn die Giftnattern beißen auch dann zu, wenn man nur über sie hinwegspringt. Von den Siegbedingungen her scheinen die Nattern besser dran zu sein. Sobald sie ein Nagetier zweimal beißen, gewinnen sie das Spiel. Beim ersten Mal rettet die Nacktmulle noch ein Erste-Hilfe-Koffer. Gelangt eine Natter in die Rettungskapsel, ist auch Feierabend. Das gilt ebenso, wenn ein Nager durch einen Luftschacht ins Weltall abrutscht oder wenn die Karten ausgehen. Insbesondere der letzte Fall macht den Spielsieg nicht leicht, denn in Vollbesetzung können zwei Spieler nur neunmal Nacktmulle setzen oder weitere zwei zehnmal. Das liegt daran, dass acht Karten ausschließlich Schlangenbewegungen zulassen.
Damit wird klar, Planung und gute Absprache ist alles in dieser kooperativen Herausforderung im Weltraum. Alle sollten die Ausgangskonstellation bewerten können und besprechen. Beim Spiel mit jüngeren Kindern ist die Tendenz zur Fremdsteuerung immer gegeben. Trotzdem habe ich Sechsjährige erlebt, die diesen Wettlauf zur Rettungskapsel überaus spannend fanden, auch wenn der ältere Bruder sehr viele Ratschläge gab. Das Spiel ist durchaus herausfordernd und laviert daher zwischen Kinder- und Familienspiel hin und her. Für Vorschulkinder zu anspruchsvoll, der Verlag empfiehlt es für Kinder ab sieben Jahren.
Die Kartengrafik haben Kinder schnell entschlüsselt. Obwohl es eindeutig ist, bereiten aber Auf- und Abstiegsymbolik auf dem Spielplan immer wieder Probleme. Die Nacktmullfiguren aus Plastik mit Rucksäcken für die Ausrüstungsgegenstände machen erheblich mehr her als die Papp-Plättchen der Schlangen. Auch die Kartenqualität besitzt Luft nach oben. Die Karten sind zu glatt, pappen aneinander und lassen sich schlecht mischen. Ganz nett ist dagegen die Idee einer kleinen Erweiterung, die nach drei gewonnenen Spielen in SPACE ESCAPE integriert werden kann. Leacocks Legacy-Erfahrungen lassen grüßen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SPACE ESCAPE
Autor: Matt Leacock
Grafik/Design: Jim Paillot
Verlag: Game Factory
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 02/2019
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