Solo unterwegs
Stephan Riedel ist für Solospieler immer noch so etwas wie der Geheimtipp der Szene. 2019 feiert er 20jähriges Jubiläum seines Verlages Clicker Spiele mit Sitz in Büttelborn in der Nähe von Groß-Gerau. 1999 startete er kompetitiv mit dem OSTFRIESENLAUF, ein witziges Wettrennen mit Kartensteuerung, das sich nicht wirklich steuern ließ, aber unheimlich viel Fez machte. Mit dem Western-Spiel OLD TOWN beginnt 2004 die Geschichte seiner Deduktionsspiele, die sich hervorragend alleine spielen lassen. Auf diese Art von Spielen spezialisiert sich Riedel immer mehr und bindet sie mit der Zeit immer stärker in ein ganz konkretes und gute recherchiertes historisches Umfeld ein. Perfekt gelingt ihm das 2009 mit SCHINDERHANNES. Waren die meisten älteren Spiele sowohl solo als auch mit mehreren Spielern spielbar, setzt Riedel inzwischen ganz auf die Solitärspiele.
Ganz aktuell ist NAPOLEON 1813 erschienen, indem es darum geht, die entscheidenden Tage der Völkerschlacht von Leipzig zu rekonstruieren. Fast 600.000 Soldaten standen sich in den Oktobertagen des Jahres 1813 in der Ebene von Leipzig gegenüber. Das zahlenmäßig überlegene alliierte Herr der Preußen, Österreicher, Russen und Schweden stand den Truppen Napoleons gegenüber, dem sich das Herzogtum Warschau, einige Rheinbundstaaten und das Königreich Italien angeschlossen hatten. Die zentralen Akteure spielen alle mit, da finden wir neben Bonaparte seine Generäle Murat, Ney, Bertrand und den polnischen Heerführer Poniatowski, ihnen gegenüber vor allem Schwarzenberg, Blücher und Yorck.
19 Generalskarten dienen der Rekonstruktion, ergänzt werden diese durch 13 Ortschaftskarten des Gebiets der Völkerschlacht. Alle Karten enthalten Informationen zu sechs Tagen der Schlacht, die sich meist auf benachbarte Truppenteile oder bestimmte Landschaftsfelder beziehen. So wissen wir über Napoleon, dass er neben seinem General Bertrand am 15. Oktober hat seine Truppen aufmarschieren lassen. Suchen wir dann in den Ortskarten weiter, so erfahren wir zum Beispiel, dass Bertrand in der Region Mockau im Norden von Leipzig aktiv war und Napoleon in Schönefeld, südöstlich von Mockau gelegen. Mit diesen Informationen lassen sich die Positionen der Armeen immer weiter eingrenzen, sodass allmählich ein Puzzle der Gefechtslage entsteht.
Holzmarker, die farblich den Generälen zugeordnet sind, unterstützen den Denkprozess, der auf einer kleinen Pappkarte umgesetzt werden kann. Atmosphärisch hat Riedel die Stimmung mit der Verwendung zeitgenössischer Grafiken sehr gut umgesetzt. Die Rätsel für die sechs Schlachtentage sind unterschiedlich komplex, das erste zum 15. Oktober, aus dem ich Anfangsüberlegungen oben beschrieben habe, ist einigermaßen leicht lösbar, es gibt aber auch ganz verzwickte Konstellationen wie die zum 18. Oktober, für die es viele Anläufe braucht. Wer Interesse an Geschichte und Freude an Logikrätseln hat, der sollte hier unbedingt zugreifen. Riedel wird 2019 diese Reihe weiter fortsetzen, dazu legt er alte Ideen wie SCHINDERHANNES und FLEET 1715 neu auf. Im Laufe des Jahres erscheinen noch weitere Neuentwicklungen wie DEADWOOD 1876 und PHILADELPHIA 1895. Wer übrigens Logikspielen nichts abgewinnen kann, für den bietet Riedel mit seinem Kartenmaterial zusätzlich klassische Spielvarianten wie SUPERTRUMPF und QUARTETT an.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NAPOLEON 1813
Autor: Stephan Riedel
Grafik/Design: Bernhard Kilchmann, Stephan Riedel
Verlag: Clicker Spiele
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 1-2
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 13/2019