Seit letztem Jahr steigt Jumbo verstärkt wieder bei den Autorenspielen ein. Mit einem Startprogramm mit Spielen von Reiner Knizia (FORBIDDEN CITY) und Kramer/Kiesling (OKAVANGO) versprach man sich sicherlich einige Erfolge. Allerdings hatten diese renommierten Autoren nicht unbedingt ihre besten Spielideen dem niederländischen Verlag überlassen.
In diesem Jahr sieht das deutlich besser aus. Die Autoren stammen nicht aus der ersten Reihe und haben erst wenige Spiele veröffentlicht, dafür liegt deren Qualität weit über den Veröffentlichungen von Knizia & Co. Das gilt sowohl für das Zweipersonenspiel CAPER des spanischen Autors Unai Rubio als auch für das Familienspiel OVERBOOKED von Daryl Chow.
OVERBOOKED gehört zu den vielen Puzzlespielen dieses Jahrgangs, ohne direkt ein exakter TETRIS-Ableger zu sein. Wir versuchen, Passagiere nach Kartenvorgaben im eigenen Flugzeug unterzubringen. Dabei müssen alle die Punktberechnung am Ende im Blick behalten und die Sitzwünsche der Fluggäste erfüllen. Da will jemand unbedingt den Fensterplatz oder ein anderer am Gang sitzen, um die Beine etwas austrecken zu können. Kinder punkten, wenn Erwachsene um sie herum sitzen, Liebespaare brauchen das Miteinander. Die anderen Reisenden, Senioren oder Rugbyspieler, suchen das Gruppenrudel und werden innerhalb ihrer größten Gruppe bewertet.
Jede Menge in Chows Spieleentwicklung ist neben dem Puzzeln bekannt. So nutzt er mit Mahlzeitengutscheinen den Verteilmechanismus von MAJESTY. SHOWTIME grüßt bei den Wertungsregeln der Passagierwünsche und das Spielende kennen wir aus REEF. OVERBOOKED endet nämlich, wenn eine Passagiergruppe nicht mehr vorhanden ist. Trotz vieler Vorlagen entwickelt die Passagier-Logistik eigenen Reiz. Das hängt mit der guten redaktionellen Umsetzung zusammen. Da stimmt Vieles, vor allem die Grafik. Die Kleinkunst, die der Belgier Gyom hier anbietet, ist sehenswert. Von gepixelten Toilettenbildern, über eingeklemmte Bärte bis zu Kobras im Bordgepäck, da gibt es viel zu entdecken. Auch sonst setzt Jumbo die Ideen gut um, den Passagierzugriff über die Wartezone nach der Abfertigung, die Punkteregulierung durch das Gepäckband. Nur der dreidimensionale Tower als Kennzeichen des Startspielers ist überdimensioniert, er passt nämlich nach dem Spiel nicht mehr in die neunfach unterteilte Spieleschachtel.
Spätestens nach der ersten Partie, vielleicht sogar besser mit dem allerersten Spiel sollten die Varianten mit genutzt werden. OVERBOOKED ist so angelegt, dass die Plätze im Flugzeug am Ende wirklich knapp werden, sodass Überbuchungen kaum verhindert werden können und die bringen Minuspunkte, was auch für nicht belegte Plätze gilt. Eine vernünftige Platzauslastung ist aber mit den Karten des Grundspiels nicht so gut möglich, sodass die beste Optimierungsarbeit am Ende oft zufällig zerschossen wird. Das liegt unter anderen daran, dass die Passagiere auf den Karten nur innerhalb der Gänge verteilt werden dürfen. Mit den Karten für die Variante „Vielflieger“ wird das deutlich einfacher. Passagiere können ohne Überbuchung ersetzt, Gänge überbrückt werden. Bei einer Kartensorte darf man sogar ganz auf einen Passagier verzichten. In dieser Variante gestaltet sich die Schlussphase viel angenehmer und deutlich weniger frustrierend.
Ein schneller Spielzugang, eine ordentliche Spielhilfe für die Punktberechnung am Ende, ergänzt durch eingängige Ikonographie machen aus OVERBOOKED ein gutes Spiel, wenn alle sofort als „Vielflieger“ starten. Die Grafik des belgischen Künstlers Gyom trägt zur vergnüglichen Unterhaltung bei.
Wertung: Gerne morgen wieder (nur in der „Vielflieger“-Variante)
Titel: OVERBOOKED
Autor: Daryl Chow
Grafik/Design: Gyom
Verlag: Jumbo
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: 20 - 40 Min.
Preis: ca. 29 Euro
Spiel 31/2019