Korallenwachstum auf Plastikbasis. Perverser geht es überhaupt nicht. Beim „Spiel des Jahres“ 2018 haben alle – ich auch – die Haptik der Plastiksteine gelobt, klebrige Steine bei der Erstauflage vom AZUL-Nachfolger REEF ließen eher Ekelgefühle hochkommen. Das Problem sei jetzt behoben, betont der Verlag
Emerson Matsuuchi widmet sich in REEF „einer der schönsten und exotischsten Strukturen der Natur“, dem Wachstum eines Korallenriffs. Herausgekommen ist ein dreidimensionales taktisches Legespiel, dass durchaus ähnlichen Spielreiz entwickelt wie Kieslings Idee. Die 112 Plastikkorallen in vier Formen benötigen nichts anderes als Spielkarten zur Anregung ihres Wachstums, das sich auf einer 4x4 Felder großen Spielablage entwickelt. Jeder startet mit zwei Handkarten, deren Ausspielen das Riff um zwei Korallen wachsen lässt und gleichzeitig zu Musterwertungen führt. Da wird in Draufsicht nach Mustern von bestimmten Korallen gesucht oder es muss eine bestimmte Höhe bis zur vierten Etage einer Korallenfarbe erreicht sein. Je nach Schwierigkeit des Musters werden Siegpunkte sofort ausgezahlt.
Der besondere Reiz von REEF besteht in der Diskrepanz zwischen Wertungsteil der Karte und der Riffergänzung durch neue Steine. Das Riffwachstum dient nie der aktuellen Wertung. Daher legt jeder seine Steine vorausschauend mit Blick auf später zu spielende Wertungskarten ab. Dabei muss jeder seinen Rhythmus entwickeln, der Wertungen möglich macht und gleichzeitig einher geht mit der Riffergänzung für die nächsten Wertungen.
Das Spielende kommt, wenn der Vorrat einer Korallenfarbe erschöpft ist, seltener, wenn der Nachzugstapel leer ist. Nach gut einer halben Stunde steht der Gewinner mit den meisten Punkten fest. Letztlich fühlt sich REEF ziemlich solitär an. Das individuelle Korallenwachstum führt zu ganz speziellen Wertungsinteressen, da schnappt man sich höchstens eine für zwei Spieler interessante Karte vor der Nase weg. Kartenglück spielt eine nicht unwichtige Rolle. Gerade die Aufgabenkarten mit fünf Siegpunkten lassen sich recht leicht mehrfach in die Wertung bringen, da sie oft mit Zweierkombinationen in der zweiten Ebene verbunden sind. Wer mehr davon abbekommt, hat Vorteile.
Die punkteträchtige Plastikplanung vor dem Hintergrund der Handkartenauswahl macht aber trotzdem Spaß. Die Planungsanforderungen sind reizvoll, die damit verbundenen räumlichen Herausforderungen immer wieder spannend, zumal sie stets verbunden sind mit einem gedanklichen Drohnenflug über die Rifflandschaft. Als abstrakte Herausforderung ist REEF ein gutes Spiel, das aber mit dem sehr guten AZUL aus dem letzten Jahr nicht mithalten kann.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: REEF
Autor: Emerson Matsuuchi
Grafik: Chris Quilliams
Verlag: Next Move Games Vertrieb Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 39 €
Spiel 35/2019