Den Status „Ehemaliger“ besitzen sie alle, die ANTARES-Mitarbeiter, die in einer angeblich modernen Ermittlungsbehörde des FBI arbeiten, die ein Richard Delaware leitet. Da ist das Recherche-Talent Jack Colemann, ehemaliger Polizist, mit ihm arbeiten Mia Roberts, im früheren Leben Psychologin, der keine Schweißperle bei Verhören entgeht, und die investigative Journalistin Julia Jacobson, die nun auch nicht mehr frei, sondern unter Delaware arbeitet. Seine letzten beiden Mitarbeiter sind der Spürhund Chris Stone, einst als Privatdetektiv hinter untreuen Ehemännern hinterher und Ben Harris, der als einziger schon vorher für das Büro als Analyst tätig war.
Pünktlich um 8.00 Uhr trifft sich das Team täglich im ersten Stock der ANTARES-Zentrale, wenn es nicht aus Pietätsgründen eine Beerdigung besucht. Dieses Team begleiten wir über mehrere Wochen bei seiner Arbeit und lösen manchmal mehr, manchmal weniger gut mit ihm fünf Fälle, die teilweise miteinander zu tun haben. Als Beamte einer bundespolizeilichen Ermittlungsbehörde haben wir geregelte Dienstzeiten. Im Grunde genommen können wir den Computer um 16.00 Uhr abschalten, arbeiten wir länger, bringt das sowieso nur Stress, aber welcher Job kommt schon ohne aus?
Die Zielvorgaben von Delaware sind eng kalkuliert, da haben wir beispielsweise nur vier Tage Zeit, um einen Fall zu lösen, sodass Überstunden nicht ausbleiben. Unsere angeblich modernste Ermittlungsbehörde der USA kann bei weitem noch nicht alles, so geht es absolut nicht papierlos in unserem Büro zu. Fürs Mindmapping ist Mia zuständig, die die Zusammenhänge am schnellsten erahnt. Auch die Informationswege sind bei ANTARES nicht so recht beschleunigt. Da können wir zwar eine gute Datenbank mit Polizeiakten, Zeugenaussagen und Verhörprotokollen nutzen, aber oft müssen wir in Polizeireviere, wo der Kaffee viel schlechter ist, oder ins Labor fahren. All das kostet Zeit, ständig stehen wir im Stau und es gießt aus Kübeln.
Effektiv ist diese Ermittlungsarbeit wirklich nicht, dafür schimmert – oft klischeehafte – Realität durch. Das Geschichtenerzählen wird groß geschrieben in DETECTIVE von Ignacy Trzewicek und zwei polnischen Co-Autoren. Dem Sog ihrer Geschichten kann sich kaum einer entziehen, der formal erzeugte Zeitdruck ist nur spielimmanent. Am Tisch tickt keine Uhr. Wir müssen also die vier Tage nicht in einer Zeitstunde absolvieren, sondern können uns ungestraft drei oder vier Stunden Zeit lassen und in Ruhe überlegen. Spuren werden uns elektronisch, in Kartenform und über Zusatzmaterial angeboten. Allen Hinweisen wird man aber nie nachgehen können. Daher ist es Halbwissen und kriminalistisches Gespür, das uns am Ende, unseren Lösungsansatz ins System eingeben lässt, das uns dann mitteilt, wie erfolgreich wir waren.
Spielerisch bewegen wir uns rudimentär auf einer Papptafel, thematisch steigen wir aber voll in die Fallaufklärung ein. Das Plättchen-Handling mit bestimmten Zusatzfertigkeiten der Charaktere, die oft tiefere Recherche ermöglichen, empfanden wir als umständlich. Das trübt aber nicht den positiven Gesamteindruck. Da alle fünf Fälle zusammenhängen, sollte eine Gruppe wie bei Legacy-Spielen am Ball bleiben und das möglichst dicht hintereinander. Wichtig sind wirklich viele Notizen und das Mindmapping, nur so lassen sich die Fragen am Ende einigermaßen ordentlich beantworten. Das Besondere an DETECTIVE ist das dichte Spielerlebnis, das an echte Detektivarbeit erinnert.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DETECTIVE
Autor: Ignacy Trzewiczek, Przemysław Rymer, Jakub Łapot
Grafik/Design: Aga Jakimiec, Ewa Kostorz, Rafał Szyma
Verlag: Portal, Pegasus Spiele
Alter: ab 16 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 180 - 240 Min.
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 39/2019