
Wer Stichspiele mag, findet jenseits von SKAT und DOPPELKOPF ein unendliches Angebot kreativer Variationen bei fast allen Verlagen. Zu den optisch auffälligsten gehört PIKOKO von Brain Games. Bei den Klassikern geht es bei perfektem Spiel um die gute Analyse von der Kartenhand, im SKAT-Spiel ergibt sich aus dieser Bewertung der Bietvorgang. Adam Porters PIKOKO vervielfacht die Analysemöglichkeiten und spielt mit der nun auch nicht ganz neuen Kenntnis von Kartenrückseiten der Mitspieler.
Wie beim „Spiel des Jahres“ HANABI kennen bei Porter bis zu fünf Spieler die eigenen Karten nicht, aber die der Gegenspieler, denn PIKOKO ist nicht kooperativ angelegt. Das Halten der Karten ist dabei in dem Spiel aus Lettland besonders elegant gelöst, Pfauenkartenhalter dienen dem Festhalten von Karten, die als Pfauenfedern gestaltet sind.
Porters Idee mit Farb- und Zahlenkarten folgt einerseits den klassischen Stichspielregeln mit Trumpffarbe und Bedienpflicht, andererseits kann man ja nicht aus der eigenen unbekannten Kartenhand spielen, da man blind kaum die Regeln einhalten könnte, deshalb zieht man stets die Karten des linken Nachbarn. Die Wertungsbilanz wird nun nicht einfach verschoben, sondern ergibt sich aus einem auch nicht besonders neuen Wettmechanismus, bei dem darauf getippt wird, wie viele Stiche jeder vermutlich macht, WIZARD und RAGE lassen grüßen. Das Besondere bei PIKOKO ist allerdings, dass ich nicht nur meine eigenen Stiche voraussage, sondern die jedes Spielers und das in umgekehrter Reihenfolge, sodass jeder am Ende aus den abgegebenen Tipps der Kontrahenten, Rückschlüsse auf seine Kartenhand ziehen kann, um diese abschließend zu bewerten.
Letztlich geht es in den folgenden acht Stichrunden auch weniger um die eigenen Karten, als um korrekt platzierte Wetten, die durch sogenannte „Zuversichtskarten“ verstärkt werden können. Man spielt damit fast klassisch, nur eben aus der Hand des Nebenmanns die üblichen Stichrunden und hat dabei die Erfüllung der einzelnen Wettvorgaben im Blick. Eine gewisse Varianz bringen einige Jokerkarten ins Spiel, die jeweils drei von den fünf Farben zugeordnet sind. Exaktes Kalkül ist sowieso nicht möglich, da beispielsweise in Vollbesetzung sieben Karten unbesehen in der Schachtel bleiben.
Weil jeder auf jeden tippt, bringt es nichts mit dem Strom zu schwimmen, da dann häufig korrekt gespielte Zuversichtskarten allen Beteiligten bei genau eintreffender Wette drei zusätzliche Gewinnpunkte bringen. Da kann es oft mehr Sinn machen, gegen diese Wette zu spielen, weil das mehr Spielern schadet. Auf den linken Nachbarn zu wetten, ist durchaus eine Strategie, da man nur dessen Ergebnis steuern kann. All das führt zu reizvollen Stichduellen, überzeugt aber nicht in jeder Hinsicht. Vielleicht liegt es an der Informationsflut, die hier zu verarbeiten ist. Statt einer Kartenhand muss die doppelte, drei- oder gar vierfache Zahl von Blättern im Blick sein. Da geht oft das Lockere des schnellen Spielens flöten. Genauso umständlich und unübersichtlich wirkt dann die Wertungsphase, da ja bis zu 25 Wettmarker und die extra Karten ausgewertet werden müssen. Ich mag Stichspiele, liebe WIZARD & Co., aber mit PIKOKO werde ich nicht so richtig warm. Optisch ein Hingucker, spielerisch überzeugt die Mischung aus Bekanntem nicht so ganz. Der radschlagende Kartenpfau reizt mich erst nächste Woche wieder.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: PIKOKO
Autor: Adam Porter
Grafik/Design: Reinis Pētersons
Verlag: BRAIN GAMES Vertrieb: Asmodee
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: 30 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 45/2019