
Vor 14 Jahren war Sébastien Pauchon ein unbekannter Schweizer Autor auf dem Autorentreffen in Göttingen einer von vielen Neulingen. Seine dortige Bewerbung um das von der Jury „Spiel des Jahres“ finanzierte Stipendium für Nachwuchsautoren hatte sofort Erfolg. Pauchon gewann den Preis, absolvierte Praktika bei Ravensburger, Zoch und im Deutschen Spielearchiv, damals in Marburg. Schon 2006 erschien Pauchons erstes Spiel, außerdem gründete er mit Malcolm Braff den Verlag GameWorks, der – neben guten Spielideen – mit erstklassigen Regeln und überragenden Schachteldesign auf sich aufmerksam machte. Pauchons erste Idee erschien aber noch bei Ystari, das Handelsspiel YSPAHAN, das wenig später zum „Spiel des Jahres“ 2007 nominiert wurde.
Der dort auffallende raffinierte Würfelverteilmechanismus taucht aktuell in Pauchons CORINTH (Days of Wonder) in Roll & Write Fassung wieder auf. Als Händler ziehen wir von Persien ins antike Griechenland und bilanzieren nun unsere Lagerverwaltung auf einem großen Auswertungsblock, der gleichzeitig Bewegungen des Statthalters auf dem Markt von Corinth festhält.
Der aktive Spieler wirft neun weiße Würfel für eine Verteilungsrunde, wobei er gegen Goldzahlung oder durch erreichte Vorteile bis zu drei gelbe Würfel zusätzlich nutzen darf, die nur ihm Vorteile bringen. Die Würfel werden wie bei YSPAHAN auf einem Tableau mit sechs Verkaufsfeldern verteilt. Die Würfel der höchsten Augenzahl kommen ganz nach oben und stehen für Goldeinnahmen, alle anderen Würfelzahlen werden aufsteigend von unten, mit den Ziegen beginnend, abgelegt. Es folgen vier Händler mit unterschiedlichen Angeboten wie Öl und Wein. Der Startspieler hat den ersten Zugriff auf sein Wurfergebnis und sucht sich wahrscheinlich den Händler, bei dem die meisten Würfel liegen. Entsprechend viele Felder kann er nämlich auf seinem Bilanzblock ankreuzen. Das sind oft die Gold- oder Ziegenwerte, mit denen er Gebäude errichten kann, die Boni und Zusatzpunkte am Ende bringen. Damit füllen die Spieler aber auch ihre Marktstände, die je nach Wahrscheinlichkeit des Vorkommens mehr oder weniger Siegpunkte bringen, sofern alle zwei bis fünf Plätze im jeweiligen Marktstand an Ende belegt sind. Wer erst an dritter oder vierter Position Zugriff auf das aktuelle Wurfergebnis hat, holt meistens keine Waren, sondern bewegt einen Statthalter über den eigenen Markt. Das bringt stets Vorteile und wachsende Siegpunkte, sofern drei kleine Zitadellen an den Markträndern erreicht werden.
Zu viert ist schon nach 16 Runden Schluss, mit weniger Spielern gibt es 18 Eintragungen von Wurfergebnissen auf dem Spielerbogen. Am Ende werden die gesammelten Waren, Geld und Ziegen, Tempel- und Statthalterpunkte addiert und der Händler mit dem besten Ergebnis muss beweisen, dass er ein echter Korinther ist. Dazu sollte er wissen, wer die sagenhafte Ermordung des Dichters Ibykus auf dem Weg zu den Isthmischen Spielen einst besang. Wer die Verse „Sieh da, Timotheus, Die Kraniche des Ibykus!“ hört, wird es wohl erahnen können.
Keine Angst, literarisches Wissen wird nicht wirklich in Pauchons Spiel verlangt, auch die sonstigen Anforderungen halten sich in Grenzen. Die Wahlalternativen sind beschränkt: Ich greife in der Regel zu den meisten oder wertvollsten Würfeln. Die Stände unter dem Gold werden nicht immer durch die Würfelverteilung erreicht und sind daher bei ihren Boni lukrativer. Habe ich keine echte Alternative, bewege ich den Statthalter und dies so, dass ich am Ende alle drei Zitadellen in der Wertung habe. Schließlich sollte ich mit drei Gold und drei Ziegen einen Tempel errichtet haben, der für dieses und alle weiteren Gebäude jeweils drei Siegpunkte bringt.
Was anfangs noch reizvoll sein mag, wird mit der Zeit redundant. Der Statthalter bringt zwar durch die variablen Zugpunkte eine gewisse Varianz ins Spiel, aber auf die Dauer reicht das nicht. Da es letztlich auf dessen Bewegungen und drei Wertungen ankommt, hängt der Spielsieg dann hauptsächlich an idealen Würfen für den Markt, die ich in meinen Startspielerrollen einfahre.
CORINTH bietet leichte Unterhaltung für zwischendurch, kann langfristig aber nur bedingt begeistern. In der Antike galt die Regel: „Nicht jede Sache ist die Reise nach Korinth wert“. Damals lag es an den überzogenen Preisen für Reisende, für die Korinth bekannt war, heute würde ich auch nicht täglich nach CORINTH reisen wollen, aber nächste Woche als Würfelauftakt zu YSPAHAN durchaus wieder.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CORINTH
Autor: Sébastien Pauchon
Grafik/Design: Julio Cesar, Cyrille Daujean
Verlag: Days of Wonder
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 20 - 30 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 47/2019