
Haig und Rikki Tahta, Vater und Sohn, harmonieren gut miteinander. Jeden Sommer reisen ihre Familie und Freunde zu spielerischen Wochen nach Frankreich. Dort sind Spiele wie COUP und DAS CHAMÄLEON entstanden, die der Sohn Rikki erfunden hat. Seit zwei Jahren liegt auch ein gemeinsam entwickeltes Spiel der beiden Autoren mit SENATORS vor, in dem es gar nicht so harmonisch zugeht. Wer eine Einstimmung mit taktischen Tipps haben möchte, dem empfehle ich das Video des Vater-Sohn-Teams, das sie zu ihrem Spiel in ihrem französischen Urlaubsdomizil aufgenommen haben.
Für Liebhaber von Versteigerungsspielen á la MODERN ART oder KUHHANDEL ist SENATORS genau das Richtige, allerdings muss man sich auf aggressivere Komponenten einstellen. Die Tahtas versetzen uns in die Endphase der Römischen Republik, ins ausgehende 1. Jahrhundert v. Chr. Bürgerkriege erschüttern die römische Demokratie, die droht, durch Alleinherrscher abgelöst zu werden.
Im Spiel kaufen sich drei bis fünf Spieler die Unterstützung möglichst vieler Senatoren. Für den nötigen Gelderwerb läuft ein Ressourcenmanagement über sechs Warensorten in unterschiedlichen Werten ab. Wer am Zug ist, deckt eine Ereigniskarte auf, die oft zu variablen Versteigerungsformen um einen Senator führt. Das gilt auch für das Aufdecken einer „Krieg“-Karte, die gleichzeitig das Ende näherbringt. Kommt es zum vierten „Krieg“, ist nämlich sofort Schluss.
In der eigentlichen Aktionsphase darf ein Spieler eine Versteigerung auslösen, bei der drei Waren- und eine Ämterkarte aufgedeckt werden. Geboten werden darf dabei auf beliebig viele Karten. Der aktive Spieler entscheidet ähnlich wie bei KUHHANDEL, ob die Karte verkauft wird oder ob er sie dem Bietenden zum identischen Preis abkauft.
Die zweite Aktionsmöglichkeit bringt die perfide Prise Gemeinheit ins Spiel, die SENATORS deutlich von anderen Versteigerungsspielen unterscheidet. Reihum dürfen die Mitspieler um schon erworbene Karten gebracht werden. Dazu wird ein Preis für die gewünschte Karte vorgegeben, wird dieser akzeptiert, zahlt der aktive Spieler und erhält eine Waren- oder Ämterkarte. Wer seine Karte unbedingt behalten möchte, muss die Forderung begleichen. So erworbene Ressourcen sind aber fortan geschützt.
Mit der dritten Aktionsmöglichkeit lassen sich Zahlen- oder Farbsets in Geld umtauschen, mit dem dann Senatoren eingekauft werden können, die auf einer Senatsleiste bilanziert werden. Die Senatoren kosten zehn Talente, bei Geldknappheit muss man sie aber für fünf Talente verkaufen. Alle starten zwar mit fünf Senatoren, aber Verluste treten schnell auf. Wer keinen Senator mehr besitzt, scheidet vorzeitig aus. Daraus ergeben sich hinterlistige Konstellationen. Wer gerade fast sein letztes Geld für eine wertvolle 9er-Karte ausgegeben hat, wird vielleicht in der nächsten Runde so erpresst, dass er einen Senator verkaufen müsste, um die Karte zu behalten. Damit solche Situationen nicht glasklar kalkuliert werden können, bleibt der jeweilige Geldbesitz hinter einem (etwas kleinen) Sichtschirm geheim.
Das Ende kann sehr plötzlich kommen, denn es sind fünf „Krieg“-Karten im Spiel. Die Ereigniskarte selbst wird nicht mehr abgewickelt. Der Spieler mit den meisten Senatoren gewinnt, bei Gleichstand entscheidet das meiste Geld. Wer etwas kalkulierbarer mit der Kriegssituation umgehen möchte, teilt die Ereigniskarten und mischt zwei der „Krieg“-Karten in den ersten Stapel und die restlichen drei in den zweiten, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass im Spiel zu viert mindestens vier Runden gespielt werden,
Dieses gemeine Spiel muss man mögen. Es lässt keinen kalt, führt aber zu Frustrationen. Da sind auf der einen Seite die Abhängigkeiten von Ereigniskarten, die nicht nur Versteigerungen bringen, sondern auch Geldverluste wie durch den „Bürgerkrieg“, der fünf Talente kostet. Hinzu kommen die Erpressungsphasen, die nichts für harmoniebedürftige Spieler sind. Kritik wird auch am nicht kalkulierbaren Ende geäußert. Gerecht geht es wahrlich nicht zu, wenn man die mühsam erworbenen Getreidewerte 7,8,9 nicht mehr in Senatoren umwandeln kann, die einen den Sieg beschert hätten.
Wer sich aber auf diese Konfrontationen einlässt, einigermaßen gut mit den Talenten haushalten kann, wird großes Vergnügen an diesem hinterlistigen Bietspiel haben. Da kribbelt es ständig, da lockt die Gemeinheit, da wird sogar das Aufdecken von Ereigniskarten richtig spannend. SENATORS erzeugt Emotionen pur am Spieltisch. Vater und Sohn Tahta sorgen für ein hundsgemeines Spielerlebnis, das ich nicht missen möchte.
Für die deutsche Übersetzung zeichnet Johannes Kastner verantwortlich, der unter JoeKas World das Spiel vertreibt. Inzwischen gehört dieser Vertrieb zum Heidelberger Spieleverlag, für den Kastner früher schon gearbeitet hat.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SENATORS
Autoren: Haig und Rikki Tahta
Grafik/Design: Pascal Quidault
Verlag: Ferti Vertrieb: JoeKas World/Heidelberger Spieleverlag
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: ca. 40 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 50/2019