Samstag, 17. August 2019
ZOGEN
Vorwiegend japanische Autoren hat der Oink Verlag bisher veröffentlicht, dabei meistens Spiele des Verlagsgründers Jun Sasaki, der durch TIEFSEEABENTEUER und A FAKE ARTIST GOES TO NEW YORK besondere Aufmerksamkeit erreichte. Markenzeichen von Oink Games sind die prall gefüllten, kleinen, glänzenden Stülpschachteln mit minimalistischen Design. Für die deutsche und europäische Lokalisierung vieler Spiele ist die Japanologin Laura Grundmann zuständig, die die Dependance des japanischen Verlages von Köln aus leitet.
Unter den aufbereiteten Neuheiten, die Grundmann auf der Berlin-Con vorstellte, ist auch ein Spiel eines deutschen Autorenpärchens. Anja Wrede und Christoph Cantzler kooperieren schon seit 2006 und haben fast 20 Spiele gemeinsam veröffentlicht, darunter Kinderspiele wie DRAGI DRACHE (2012) und Familienspiele wie WINSTON (2018). Beide bewegen sich oft im Grenzbereich zwischen Kinder- und Erwachsenenspiel, beide lieben kommunikative Aktionsspiele
Hier ist auch ZOGEN angesiedelt. Wrede und Cantzler „zogen“ zwar bei der Spielentwicklung an einem Strang, aber der Spieltitel besitzt keinen Bezug zur deutschen Sprache. Es ist ein Phantasiewort, das uns in die Welt der Mikroorganismen führt. Die ZOGEN-Welt bevölkern vier Bakterien, für die ich mir ähnlich erfundene Namen gewünscht hätte, sie heißen aber ganz profan „Sonne“, „Wolke“, „Berg“ und „Mond“. Warum das so ist, wird schnell deutlich, wenn der Spielablauf klar ist.
ZOGEN ist ein Ablegespiel á la SPEED und HALLI GALLI, wobei klar sein dürfte, dass in die winzige Oink-Schachtel keine Glocke passt. Jeder startet mit einen Kartensatz von 16 Bakterienkarten, wobei null bis vier der Bakterien auf den Karten zu finden sind. Ausgehend von einer Startkarte dürfen alle Spieler gleichzeitig den Kartenstapel mit Bakterien weiter erhöhen, sofern die neue Karte ein Bakterium mehr oder weniger als die zuvor gelegte Karte aufweist. Das allein wäre nicht allzu schwer. Die Hürde, die sich Wrede&Cantzler zusätzlich ausgedacht haben, besteht im Benennen des fehlenden oder zusätzlichen Bakteriums. Da macht es Sinn, eher Namen mit Bezug zu den Bildern der Bakterien zu nehmen. So sieht das runde Bakterium mit kleinen Strahlen schon wie eine „Sonne“ aus, sowie der halbsichelförmige „Mond“ als solcher erkennbar ist.
Schummeln ist nicht explizit untersagt. Wer im Eifer des Ablegens die „Sonne“ nennt, obwohl der „Berg“ fehlt, kann in der Hektik des Geschehens durchaus ungeschoren davonkommen. Es sei denn, ein aufmerksamer Mitspieler ruft „ZOGEN“ in die Runde, was dann wohl so viel wie „Schummler“ bedeutet. Wer beim Täuschen erwischt wird oder wer falsch anschuldigt, bekommt alle bisher gespielten Karten seiner Farbe zurück auf die Hand, alle anderen Karten werden abgelegt. Die Runde endet, wenn ein Spieler nur noch drei Karten auf der Hand hält oder alle geklopft haben, um zu signalisieren, dass sie nicht mehr ablegen können. Wer die wenigsten Karten auf der Hand hat, erhält einen 3-Punkte-Marker, auch der zweite und dritte Platz wird noch mit Markern belohnt. Gleichstände werden mit identischen Wertungsmarkern abgerechnet. Wer so sieben Punkte erreichen konnte, gewinnt die Partie ZOGEN nach etwa 20 Minuten.
Spieler, für die diese Grundregeln keine Herausforderung mehr darstellen, sollten die Bakterien umbenennen. Fangt einfach mit den japanischen Bezeichnungen "Maru", "Yama", "Tsuki" und "Shiri" an oder denkt euch andere Namen aus. Reizvoll ist auch die Herausforderung, bei der der Rundensieger ein Bakterium mit neuem Namen versieht, der dann für die nächsten Runden gilt. Dadurch wird das Spiel immer verzwickter.
Das hektische ZOGEN ist nicht jedermanns Sache. In Vollbesetzung zu sechst gibt es ein ganz schönes Durcheinander, bei dem es schwer wird, Fehler zu entdecken und Schummler zu entlarven. Wer solche chaotischen Spiele mag, kann sogar Taktiken beim Ablegen entwickeln. Das Vorsortieren von Karten macht Sinn, so lassen sich Combos einrichten, die schnelle Ablagen möglich machen, sofern man auch schnell genug weiß, was fehlt oder was dazu gekommen ist. Hilfreich ist es, bei der Kartensortierung auch an die Ausrichtung der quadratischen kleinen Kärtchen zu achten. Ich ordne die „Sonne“ immer links unten ein und weiß, dass daneben der „Berg“ auftaucht und darüber „Wolke“ und Mond“ sind. Wer zu langsam ist, dem darf man durchaus einen Nachteilsausgleich gewähren, er startet einfach mit weniger Karten. Im Bereich der schnellen Ablegespiele haben Anja Wrede und Christoph Cantzler solide Kost abgeliefert, der Infektionsgefahr stelle ich mich gerne nächste Woche wieder.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ZOGEN
Autoren: Anja Wrede, Christoph Cantzler
Grafik/Design: Jun Sasaki
Verlag: Oink Games
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 18 Euro
Spiel 56/2019
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks
Kommentare
Ansicht der Kommentare:
(Linear | Verschachtelt)
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.