Seit fünf Tagen gehört ein Spiel, das ich auf den Kosmos Pressetagen im Kloster Haydau kennengelernt habe, zum täglichen Brett-Menü. Nicht die RIETBURG aus der Welt von Andor, auch nicht CITIES SKYLINES, das sechs Millionen Mal als Computerspiel verkauft wurde. Beide Spiele sind solide, reichen aber nicht an die Originalität der CREW heran. Eine kooperative Idee, in der wir den Pluto-Nachfolger suchen, da unser Sonnensystem seit 2006 nur noch über acht Planeten verfügt. Planet Neun soll sich im äußeren Sonnensystem außerhalb der Umlaufbahn von Neptun befinden.
Thomas Sing, Konstanzer Autor, der vor acht Jahren mit MISS LUPUN seine Karriere erfolgreich bei Winning Moves startete, gelingt einerseits der geniale Entwurf eines kooperativen Stichspiels, andererseits schafft er es, in Form eines Logbuchs seine Spieler auf eine erzählerische Stichspielreise mit ins Universum zu nehmen. Hier stimmt einfach alles. Auch wenn manche Expeditionen schon nach 60 Sekunden vorüber sind, Freunde der Kooperation wollen immer gleich mehr.
Sing arbeitet mit dem klassischen Kartenspiel-Setting: Vier Farben mit den Werten 1-9, dazu vier Trumpfkarten in den Werten 1-4, zum Thema passend natürlich Raketen. Es gelten die üblichen Bedienpflichten, Ausspielender ist der Spieler mit der Viererrakete. Wie beim SKAT darf nichts über die eigenen Karten verraten werden. Eine reduzierte Kommunikation ist aber einmalig während der Mission für jeden Spieler erlaubt. Sie genehmigt nonverbal durch Anzeige eines Funkplättchens eine Information über eine Karte, die als niedrigste, höchste oder einzige markiert wird.
Jede Mission mit steigendem Schwierigkeitsgrad ist mit der Erfüllung von Aufgaben verbunden. Meist sind Auftragskarten bestimmten Spielern zugeordnet, die sie manchmal beliebig, oft aber in bestimmter Reihenfolge im Laufe des Stichspiels erfüllen müssen. Die Auftragskarten entsprechen den Farbkarten der Spieler. Ein Auftrag gilt als erfüllt, wenn ein Crewmitglied einen Stich gewinnt, in dem seine Auftragskarte auftaucht.
Klingt simpel, ist auch einfach, solange wir uns im Bereich von drei oder vier Aufgabenvorgaben bewegen. Sogar Spezialmissionen machen keine Schwierigkeiten, wenn zum Beispiel in der 9. Mission gefordert wird, dass eine 1er-Karte einen Stich gewinnen muss. Etwas schwieriger scheinen Aufgaben wie die der 16. Mission, dass keine 9er-Karte einen Stich machen darf. Durch richtiges Abwerfen klappt auch das. Für solche Aufträge können die Spieler ein Notsignalplättchen nutzen, dabei dürfen sie jeweils eine Karte zur Entlastung draften. Ab sechs zugeteilten Aufgaben sind die Missionen fast nur noch in SKAT-Konstellation zu dritt zu schaffen, in maximaler Besetzung zu fünft nur mit viel Gehirnschmalz und Glück. Für die ganz hohen Missionsbereiche braucht es generell „Oma-Blätter“.
Kosmos hätte DIE CREW REIST GEMEINSAM ZUM 9.PLANETEN durchaus auch als Legacy-Spiel anlegen können mit 50 Briefumschlägen, kleinen Paketen mit Funk- und Auftragsplättchen und dem Notsignal. Ein Stickerheft für erfüllte und nicht erfüllte Aufträge könnte die nächsten Missionen freischalten und auch die Buchführung über das Notsignal übernehmen. Sing und Redakteur Lüdtke haben sich für die klassische Umsetzung entschieden und bieten damit Stichspiel-Herausforderungen wie lange nicht mehr. Diese Mischung aus THE MIND und TRICK’N TROUBLE ist ein äußerst raffinierter Ausflug ins Kartenspiel-Universum, dem ich nur einen weniger umständlichen Titel gewünscht hätte.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: DIE CREW REIST GEMEINSAM ZUM 9.PLANETEN
Autor: Thomas Sing
Grafik/Design: Marco Armbruster
Verlag: Kosmos
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2- 5
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 65/2019