Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
AFRICA: Aufgehende Elefanten
Der Elefant geht auf (oder unter?) über dem afrikanischen Kontinent, CATAN lässt grüßen. Franz Vohwinkel hat saubere grafische Arbeit abgeliefert für das diesjährige große Familienspiel AFRICA von Reiner Knizia bei Goldsieber. Über fünf Prozent der Tippgeber von spielbox-online für das „Spiel des Jahres“-Toto vermuteten, dass dieses Knizia-Spiel für ganz hohe Spielewürden prädestiniert sei.
Ja – und dann ist es nicht einmal auf die Liste gekommen. Für den Verlag Goldsieber machte hausintern DAS AMULETT das Rennen und brachte es immerhin bis zur Nominierung, Gewinner wurde schließlich CARCASSONNE, das in Insiderdiskussionen immer gleichauf mit AFRICA besprochen wurde.
AFRICA ist kein schlechtes Spiel, aber auch kein gutes. Im Vorfeld ist es meines Erachtens immer zu hoch gehandelt worden. Die Spannung, die man von dem Thema, Erforschung des Schwarzen Kontinents im 19. Jahrhundert, erwartet, finde ich in dem Spiel nicht wieder, da die Aktionsmöglichkeiten der zwei bis fünf Spieler nur sehr beschränkt sind. Eine langwierige Spielvorbereitung steht am Anfang. 96 Entdeckungsmarken müssen erst einmal auf Hex-Felder des Afrikaplans verdeckt verteilt werden. Jeder erhält zwei Basiscamps und zwei Forscherfiguren, von denen eine auf eine Zählleiste gestellt wird, die andere kommt in eine Startstadt auf dem Spielplan.
Der Spielablauf ist einfach. Entweder versetzt man seinen Forscher auf ein beliebiges Feld oder man bewegt seinen Forscher bis zu zwei Felder weit und deckt ein verdecktes Kärtchen auf. Darunter können sich Gold oder Edelsteine befinden, für die man sofort Punkte erhält, oder es werden Handelsgüter aufgedeckt, die zum Tausch mit den Mitspielern genutzt werden. Findet man Tierkarten, gibt es sofort Punkte, die ebenfalls für angrenzende identische Tiere gelten. Punkteträchtiger ist oft noch die Möglichkeit des „Elefantenflugs“ zu einer größeren Herde. Ähnliches gilt beim Aufdecken von Nomadenfeldern, für die freie Felder zusätzliche Punkte erbringen. Das Versetzen von Tieren und Nomaden ist ebenfalls mit aufgedeckten Kärtchen in der Nachbarschaft des Forschers möglich, sofern sich dort mehr Tiere einer Art oder mehr frei Felder befinden, als das vorher der Fall war. Wenn ein Monument entdeckt wird, erhält der Spieler ein weiteres Basiscamp. Steht der Forscher auf einem freien Feld, darf er ein Basiscamp errichten und erhält Punkte für angrenzende Tiere, Nomaden und Monumente, oder er sammelt sämtliche umliegenden Bodenschätze ein, denn am Ende erhalten die Spieler mit den meisten und zweitmeisten Edelsteinen und Nuggets zusätzliche Punkte. Ähnliches gilt für die Anzahl der Handelsgüter. Sobald das elfte Monument aufgedeckt ist, endet das Spiel sofort. Der Spieler, der nach der Schlusswertung am meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt die Entdeckungsreise durch AFRICA.
Knizias Spiel gaukelt die verschiedensten taktischen Möglichkeiten vor, ohne dass wirkliche Taktik ins Spiel kommt. Ich finde deshalb auch die Altersangabe des Verlages viel zu hoch gegriffen. Goldsieber bietet das Spiel für Kinder ab zehn Jahren an, obwohl schon Sechsjährige gut damit klarkommen und ihren Entdeckungsspaß an dem Spiel haben. Der Ablauf, reduziert dargestellt, – Kärtchen umdrehen, sofort werten, oder Kärtchen verschieben – ist doch arg glücksabhängig. Zu Begeisterungsstürmen reißt mich das nicht hin. Da ist mir die eine Karte, die ich - durchaus auch glücksabhängig - bei CARCASSONNE aufdecke, erheblich lieber, weil sich mit ihr Landschaften und Städte entwickeln. Hier arbeiten die Beteiligten kreativ an der Gestaltung einer Spielelandschaft, dort geht alles – obwohl Elefanten fliegen können – doch eher statisch zu.
Noch einmal: AFRICA ist kein schlechtes Spiel, aber auch kein gutes!
Titel: AFRICA
Autor: Reiner Knizia
Grafik/Design: Franz Vohwinkel
Verlag: Goldsieber
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 60 Minuten
Preis: ca. 50 DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: nächste Woche wieder
Spiel 1/2001 R 3/2020