Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zug nach Westen
Auf dem Zug nach Westen in das Land, in dem Milch und Honig fließen soll, nimmt Reinhard Staupe 2 bis 4 Spieler mit, die in seinem Spiel COLORADO COUNTY (Schmidt-Spiele) eine friedliche Form der Landaneignung vornehmen, bei der es keine Indianer gibt, in der Gewehre und Pistolen schweigen. Eine fast kitschig ruhige Cowboyidylle, die auch das Cover vermittelt, gäbe es da nicht doch einen Konkurrenzkampf um die fruchtbarsten Siedlungsplätze an den sechs Seen und um die Grenzregionen Colorados. Die Siedler dieses Spieles verfolgen ihre Ziele aber nach fairen Regeln.
Staupes Besiedlung Colorados vollzieht sich auf einem 15x10 Felder großen Spielfeld. Jeder Spieler erhält 15 Cowboy-Kärtchen, die er zur Landgewinnung ausschicken kann. Pro Spielrunde werden 12 Landgebiete versteigert. Die Lage der Gebiete orientiert sich an 12 Flaggensteinen, die zu Beginn beliebig auf dem Spielplan verteilt werden. Zwei bis drei dieser Landgebiete stehen je nach Spielerzahl in jeder Versteigerungsrunde zur Auswahl. Derjenige, der am meisten Cowboys einsetzt, hat die erste Auswahl, derjenige, der am wenigsten bietet, geht leer aus, erhält dafür aber eine neue Cowboy-Karte. Mit der erworbenen Gebietskarte können ein bis zwei Felder auf dem Spielplan mit Markierungssteinen besetzt werden. Ausgehend von einem passenden Flaggenstein muss der zweite Stein entsprechend der Positionsvorgabe der Karte gelegt werden, so kann er diagonal versetzt werden, erst im übernächsten Feld liegen usw. Aus der Ablage dieser Steine ergeben sich die vielfältigen taktischen Möglichkeiten des Spiels. Je nach Wertungsphase – vier Punktwertungen sind insgesamt vorgesehen – versuchen die Spieler möglichst viele Randfelder zu erreichen oder Seen in ihren Besitz zu nehmen, gegen Ende bringt das größte zusammenhängende Gebiet am meisten Punkte. Die erreichten Punktwerte werden auf einem „Erfolgspfad“, der um das Spielfeld herumläuft, angezeigt. Wer nach der vierten Wertung ganz vorn steht, ist der erfolgreichste Siedler in Colorado.
Trotz thematischer Einbindung ist COLORADO COUNTY ein abstraktes topologisches Spiel. Der Spielreiz ergibt sich aus den Versteigerungsrunden und dem sinnvollen Einsatz der Gebietskarten bei der Entwicklung der eigenen Landschaften. COLORADO COUNTY erweist sich hierbei als ein äußerst vielschichtiges taktisches Spiel, das vor allem zu dritt und zu viert viel Spannung verspricht. Den „Wilden Westen“ werden Sie zwar nicht erleben, aber eine intellektuelle Spieleherausforderung, die älteren Kindern und Erwachsenen Freude bereiten kann.
Wieland Herold
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Titel: COLORADO COUNTY
Autorin: Reinhard Staupe
Grafik/Design: Sabine Stephan Dirk Westphal
Verlag: Schmidt Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 45 Minuten
Preis: ca. 47 DM
Spiel 1/1999 R 15/2020