Dienstag, 24. März 2020
LE TOUR
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Die Radrennsaison wird eröffnet
Drei Jahre tingeln sie inzwischen schon durch die Spielelandschaft. Ihr Bekanntheitsgrad entspricht allerdings bei weitem noch nicht der dargebotenen Spielequalität. Erst die professionelle Produktion des in Essen vorgestellten Spiels SEALIFE brachte für die beiden Schweizer Brüder Patrick und Adrian Inauen die schon lang verdiente Aufmerksamkeit, die sich damit hoffentlich auch auf ihre liebevoll produzierten Kleinstauflagen von Sportspielen auswirkt. Eines davon soll an dieser Stelle vorgestellt werden.
Beide Brüder sind Spieleautoren, für die Spielmechanik und passende thematische Umsetzung zusammenpassen müssen. Ihre ersten Veröffentlichungen sind ein guter Beleg dafür. Der 28jährige Patrick Inauen, der 1995 den Verlag „Inauen Spiele“ gründete, hat mit seinem Erstling MAILLOT JAUNE das wohl realistischste Radrennspiel entwickelt, das je auf dem Markt war. Auch UM REIFENBREITE, immerhin „Spiel des Jahres“ 1992, kann mit der Qualität dieses Spiels nicht mithalten. Die handgefertigte Erstauflage ist ausverkauft, das Nachfolgespiel LE TOUR wird ebenfalls in einer Kleinserie in mühevoller Arbeit von Patrick Inauen produziert. Sein Beruf als Dekorationsgestalter bei einer Schweizer Warenhauskette kommt ihm dabei sehr entgegen. Kein Materialrest, der nicht spielerisch verwertet wird.
Die Rennstrecke, quadratische Pappscheiben unterschiedlicher Farben, die für Flach-, Anstieg- und Sprintstücke stehen, außerdem für Steigungen und Abfahrten, wird von Spiel zu Spiel neu zusammengestellt, sodass sehr realitätsnahe Touren nachgebaut werden können. Maximal sechs Mannschaften mit je sechs Fahrern können sich am Radrennen beteiligen. Jeder erhält ein Teamblatt, auf dem die Stärken und Schwächen der einzelnen Fahrer vermerkt sind, wobei auch die Tagesform, die am Anfang ausgewürfelt wird, eine besondere Rolle spielt. Da gibt es spurtstarke Fahrer wie Erik Zabel, aber auch Allrounder wie Jan Ulrich, einige erweisen sich besonders stark in der Arbeit im Hauptfeld, andere prägen durch ihre Kondition Ausreißergruppen, wieder andere sind alleine kaum zu schlagen. Der Spielreiz liegt im taktischen Einsatz aller Fahrer der Mannschaft, die als Wasserträger die eigentlichen Spitzenkräfte in die Führungspositionen vor Sprint- und Bergwertungen und vor dem entscheidenden Schlussspurt am Ziel bringen müssen. Das kann auch im Zusammenspiel und in Absprachen mit den mitfahrenden Mannschaften geschehen. Hier besitzt LE TOUR ein Verhandlungselement, das es in Sportspielen in dieser Form sonst nicht gibt.
LE TOUR muss man gespielt haben, um sich in den Bann einer außergewöhnlichen Spielatmosphäre ziehen zu lassen. Bei der Qualität des Spiels ist es mehr als verwunderlich, dass noch kein großer Verlag auf dieses Radrennschmankerl aufmerksam geworden ist. Wer ein Faible für Spieleraritäten besitzt und außerdem noch ein hervorragendes Spiel erwerben möchte, kann LE TOUR direkt beim Autor bestellen. Wer sich sputet, erhält sein handgefertigtes Exemplar noch rechtzeitig vor dem Start der „Tour de France“.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: Le Tour
Verlag: Inauen Spiele, Patrick Inauen, Sala 25, Ch-7204 Untervaz
Autor: Patrick Inauen
Spielerzahl: 3 bis 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: hängt ab von der Streckenlänge, mindestens 60 Minuten
Preis: 65.- DM
Die Rezension erschien 1998 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 2/1998 R 23/2020
Das Bild oben stammt aus einer Spielrunde in Arne Soltendiecks (3. von links) Göttinger SPIELEBURG, einem der renommiertesten Spielwarenläden Deutschlands.
Die Brüder Inauen waren 1998 in Göttingen auf dem Autorentreffen, daher stammt das zweite Bild. Adrian Inauen hat SEALIFE-Karten in der Hand. Patrick, der Autor von LE TOUR, ist links zu sehen.
In Zeiten von Corona eine Radrennsaison zu eröffnen, wäre heute, 22 Jahre später, unmöglich. Damals saß das deutsche Fernsehvolk vom 11.Juli bis 2. August im Radrennfieber vor der Kiste, weil man ja noch an Jan Ullrich glaubte, der 1998 Zweiter wurde. Auch von Erich Zabel war man begeistert, der das Grüne Trikot gewann.
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