Donnerstag, 26. März 2020
TURFMASTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
PFERDERENNEN AUS ESSEN
Zwei neue Kleinverlage machten mit großen, hochwertigen Spielen auf der Essener Spiel `98 auf sich aufmerksam. Am auffallendsten sicherlich das Tauchspiel DIVER von Schleef/Jacobson, gleich dahinter TURFMASTER aus dem Essener Verlag Aza-Spiele.
Albrecht Nolte hat sich zusammen mit seiner Frau Elena auf das Abenteuer Spielproduktion eingelassen und durchaus mutig investiert. Die Begeisterung für ein Spiel, das im Freundeskreis schon seit Jahren der Renner war, trug dieses Objekt bis zur Fertigungsreife.
Das Ergebnis ist vorzeigbar: Acht Zinnpferde, die wehmütige Erinnerungen an JOCKEY-Zeiten wach werden lassen. Das Herausholen des alten Ravensburger Spiels aus der Casino-Serie macht die tolle Qualität der AZA-Pferde besonders deutlich. Daneben acht Kartensätze mit je 32 Karten, 16 Würfel, 6 Plastikhürden (für die hier nicht beschriebene und auch nicht so überzeugende Spielvariante GRAND NATIONAL), ein großer Spielplan und ein für einen Kleinverlag beachtliches Regelwerk von 20 Seiten mit einer ganzen Reihe gut erläuternder Illustrationen.
Der Spielspaß, den Noltes Freundeskreis an vielen feuchtfröhlichen Abenden erlebt haben muss, lässt sich nach einigen Partien TURFMASTER nachvollziehen. Nolte hat ein rundes Pferderennspiel entwickelt, das eigenständig neben den alten Klassikern wie JOCKEY, WIN, PLACE & SHOW und FAVORITEN besteht. Zwei bis acht Spieler können sich an eine Partie TURFMASTER machen, dabei müssen sie sich auf drei Rennen über jeweils eine Runde einstellen. Mindestens vier Pferde müssen ins Rennen geschickt werden. Die edlen Zinnpferde werden dazu entsprechend aufgeteilt, so dass zum Beispiel im Rennen mit zwei Spielern, jeder zwei, drei oder vier Pferde erhalten kann. Jeder Spieler bekommt zusätzlich zwei Würfel und einen Kartensatz für seine Pferde. Von den 32 Karten mit vier Jokerkarten und Kartenwerten von drei bis zwölf, werden für jedes Rennen zehn Karten benötigt.
Würfel und Karten stehen für sich abwechselnde Spielphasen: Immer im Wechsel werden die Pferde durch den Einsatz der Spielkarten oder durch den Wurf zweier Würfel vorangebracht. Daneben prägt den taktischen Spielablauf die „Handicap“-Regel, die die drei führenden Pferde deutlich benachteiligt. Nach dieser Regel darf das erste Pferd maximal acht Felder ziehen, das zweite neun und das Pferd an dritter Position zehn Felder. Werden Karten über dieser Maximalzahl gespielt, verfallen sie und das Pferd bleibt stehen. Diese Regel gilt auch für die Würfelphase. Der würfelnde Spieler entscheidet, ob das Ergebnis beider Würfel oder der Wert einer der beiden Würfel von allen gesetzt werden darf. Spieltaktisch von Bedeutung ist außerdem noch der Spurwechsel, der bei TURFMASTER nur eingeschränkt möglich ist und kein beliebiges Ausweichen zulässt. Generell ist ein Spurwechsel pro Spielzug erlaubt, nur bei Zügen von mehr als sechs Feldern kann ein zweiter Spurwechsel erfolgen. Bedingung ist allerdings, dass nach dem ersten Spurwechsel fünf Felder in dieser Spur durchritten wurden.
Damit sind die wesentlichsten Regeln beschrieben. Noltes Spiel hält die Waage zwischen Glück und Taktik in einer ausgewogenen Balance. Die Spieler haben stets den Eindruck, dass sie mittels ihrer Karten das Spielgeschehen steuern können. Sollten diese einmal nicht so gut sein, darf man die 31. und 32. Karte zusätzlich aufnehmen, um die Kartenhand zu verbessern.
Vom Rennverlauf her ist TURFMASTER durch die Handicap-Regel eher zögerlich bestimmt. Keiner hat Lust auf die Spitzenpositionen, erst im letzten Drittel der Strecke kommt Spannung auf. Damit spiegelt TURFMASTER sehr realistisch übliche Rennverläufe wider. Wer in dieser Phase geschickt seine Jokerkarten (Werte von 9 bis 12) einsetzt, die ohne Positionsbeschränkung gelegt werden dürfen, und außerdem selbst vielleicht noch über die Würfel entscheiden darf, der landet sicherlich auf einem der begehrten vier Spitzenpositionen, die 50, 30, 20 und 10 Punkte bringen. Spieler, die in der Endphase des Rennens merken, dass sie nicht mehr entscheidend um die vorderen Positionskämpfe eingreifen können, werden gute Karten für das nächste Rennen zurückhalten, denn die neuen zehn Karten für die zweite oder letzte Runde dürfen mit auf der Hand verbliebenen Karten ausgetauscht werden.
TURFMASTER wird am Ende der Spieler, der die höchste Gesamtpunktzahl für seinen Stall erreicht hat. Dann haben alle drei spannende Rennen hinter sich, die trotz Würfeleinsatz erstaunlich ausgewogen verliefen.
Der Autor hat mit seinem Erstling ein ordentliches Händchen für ein gutes Rennspiel bewiesen. In seiner Schublade hätte er noch eine Reihe weiterer Spielideen. Nach diesem ersten Erfolg darf man auf Nachfolgeprodukte gespannt sein.
Wieland Herold
TurfMaster
Autor: Albrecht Nolte
Verlag: Aza-Spiele, Schnutenhausstr. 3, 45136 Essen
2 bis 8 Spieler
ab 8 Jahren (nicht ab 14, wie vom Verlag angegeben)
45 bis 90 Minuten
ca. 90.- DM
Die Rezension erschien 1998 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 3/1998 R 24/2020
Das Bild stammt von der Spiel in Essen aus dem Jahre 1999. Am Tisch sitzen der Autor und seine Gattin Elena und Bernward Thole mit seinem Sohn.
Nolte tingelte ein gutes Jahrzehnt mit TURFMASTER über die Messen. Bis 2013 gab es Turniere. Ein Benno Schotte aus Münster führt das letzte Ranking an.
Von den Schubladen-Spielen hat Nolte 2000 noch MOTORCHAMP und 2003 GOLFPROFI herausgebracht, beide Spiele konnten an den Erfolg seines Pferderennens nicht anknüpfen.
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