
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Taktisches Bauspiel: KARDINAL
Bauspiele besitzen die Faszination des alten Holzspielekastens. Material steht zur Verfügung, das zum freien Drauflospielen reizt: Türme bauen, Städtelandschaften errichten, nicht regelgeleitet spielen. Bisher am überzeugendsten umgesetzt wurde diese Spielidee in dem Klassiker BAUSACK (Zoch Verlag). Das Chaos zu bändigen, ist die Aufgabe des Spieleautors. Hervorragend ist dies Wolfgang Panning gelungen, der aus einem Bausatz mit jeweils zwei Häusern, Türmen und Höfen in vier Spielfarben ein hochkarätiges Taktikspiel entwickelt hat.
Zwei bis vier Baumeister dürfen sich ins Hochmittelalter versetzen lassen. Städtegründung ist angesagt. Ausgangspunkt im Spiel ist ein Dom, um den herum neue Gebäude entstehen, Wehrtürme und Klosterhöfe. Die Spielspannung ergibt sich aus den Bauregeln. Ein neues Bauwerk muss an den Dom oder bereits bestehende Gebäude angebaut werden. Ohne Spielplan kann sich die Anlage in jede beliebige Richtung entwickeln. Der Dombauherr, ein Kardinal, sperrt bestimmte Bauplätze. Die Kardinalsfigur darf jeder Spieler in seinem Spielzug einsetzen. Gleichzeitig muss jeder ein Bauwerk seiner Farbe errichten. Türme und Höfe müssen dabei mindestens eine Hausseite berühren, Gebäude gleicher Farbe und Form dürfen nicht neben- und nacheinander errichtet werden. Jedes neue Bauteil berührt automatisch mindestens ein weiteres. Für jede Berührung erhalten die Spieler Punktesteine in der jeweiligen Farbe. Das Spiel endet, wenn kein Baustein mehr gesetzt werden kann. Jeder Spieler erhält die noch nicht vergebenen Punktesteine seiner Farbe. Von den gewonnenen Punktesteinen zählt eine Farbe doppelt, alle anderen einfach. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt die Spielrunde KARDINAL.
Die scheinbar einfachen Regeln ermöglichen ein äußerst vielschichtiges Spiel, das richtige Platzieren der Kardinalsfigur zum Sperren eines Baufeldes erweist sich häufig als spielentscheidend. KARDINAL ist nicht nur spielerisches, sondern auch optisches und haptisches Vergnügen. Dem Verlag Holzinsel kann zu dieser Umsetzung des Bauspiels nur gratuliert werden.
Wieland Herold
Titel: KARDINAL
Autor: Wolfgang Panning
Verlag: Holzinsel, Ringstr. 17, 56290 Sevenich; www.holzinsel.de
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Zeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 55 DM
Die Rezension erschien 2000 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/2002 R 39/2020

Birgit und Klaus Grunau waren im Hunsrück, unweit der Burg Waldeck verwurzelt. Dort stellte Klaus Grunau an eigens entworfenen Fräsmaschinen hochwertige Spiele her. Seit 1983 produzierte er Holzspiele, zuerst noch in der Nähe von Friedberg, ab 1989 in der alten Schule von Sevenich im Hunsrück. Den Klassiker die KATHEDRALE gab es lange nur in Grunau Holzinsel. Später folgten Autorenspiele von Hajo Bücken, Torsten Marold und Martin Schlegel. Leider verstarb Klaus Grunau viel zu früh und die Holzinsel stellte 2004 ihre Produktion ein.
KARDINAL war sicherlich nicht wirtschaftlich, aber von der Würdigung her das erfolgreichste Spiel des Verlages. 2000 landete es auf der Auswahlliste der Jury „Spiel des Jahres“.

Für den Autor Wolfgang Panning, der dann später an der Produktentwicklung von Queen Games beteiligt war, war es auch die erste Auszeichnung, bei der es aber nicht blieb. MIT PORT ROYAL (ebenfalls 2000) und HEXENRENNEN (2001) folgten weitere Plätze auf der Auswahlliste.
Das Bild zeigt Andrea Meyer, Friedemann Friese und Wolfgang Panning 2003 in Göttingen.
Das Bild oben habe ich auf der Nürnberger Spielwarenmesse 2000 aufgenommen.