
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 2000: OHNE FURCHT UND ADEL
So ein König hat’s nicht leicht, Meuchler bedrohen sein Leben, Diebe sein Kapital, vor Magiern ist er auch nicht sicher, nicht einmal auf seine Söldner kann er sich verlassen. Die Welt, die Bruno Faidutti uns in seinem Kartenspiel OHNE FURCHT UND ADEL vorführt, ist hart und brutal. Die spielerische Leichtigkeit gewinnt es durch den ständigen Wechsel der Charaktere, in die der Autor uns hineinschlüpfen lässt. Acht verschiedene bietet uns jede Spielrunde an, wobei mindestens drei und maximal sieben reale Spieler sich um die Verteilung der Charakterkarten streiten dürfen. Da gibt es konstruktive Figuren, wie den Baumeister und den Händler, aber auch die oben schon erwähnten destruktiven Charaktere.
Wozu das Ganze? Die Spieler müssen möglichst wertvolle Bauwerke in ihrer Stadt errichten, sobald eine Stadt über acht Bauwerke verfügt, endet das Spiel.
Beginnend mit dem König, wählen die Spieler eine Charakterkarte geheim aus. Niemand weiß, wer in der laufenden Spielrunde welche Rolle übernommen hat. Der König ruft danach die einzelnen Charaktere auf, die sich nun zu ihrer Wahl bekennen müssen. Sie nehmen entweder zwei Goldstücke an sich, die sie zur Errichtung von Gebäuden benötigen oder sie suchen sich aus zwei Bauwerkkarten eine passende aus. Danach haben sie die Möglichkeit mindestens ein Gebäude zu errichten, sofern es bezahlt werden kann. Während des Zuges darf die Eigenschaft des Charakters ausgenutzt werden: der Meuchler sorgt dafür, dass ein Charakter die laufende Runde nicht mitspielen kann, der Dieb holt sich das Gold einer anderen Person und der Magier darf seine Gebäudekarten mit einem beliebigen Mitspieler tauschen. Danach folgen mit König, Priester, Händler und Baumeister konstruktive Charaktere: der König beginnt die nächste Runde, dem Priester dürfen keine Gebäude abgerissen werden, der Händler erhält ein zusätzliches Goldstück und der Baumeister bekommt zwei Gebäudekarten und darf bis zu drei Karten auslegen. Am Ende kommt der Söldner, der ein Bauwerk kostenpflichtig zerstören darf.
Ganz schön gemein geht’s zu bei OHNE FURCHT UND ADEL; Bluff und Einschätzungsvermögen spielen eine wichtige Rolle. Wir bewegen uns auf schwankendem Boden, nichts ist sicher, nichts berechenbar. Den Spielzug, das Gold, die mühsam gesammelten Karten oder auch die schon ausgelegten Bauwerke, alles kann man verlieren. Spielspannung pur ist besonders für große Spielrunden angesagt. Zur Spielatmosphäre trägt die herausragende grafische Gestaltung der Spielkarten bei. Mit OHNE FURCHT UND ADEL besitzt zum ersten Mal ein Kartenspiel gute Chancen, den Hauptpreis „Spiel des Jahres“ zu bekommen.
Wieland Herold
Autor: Bruno Faidutti
Grafik: Cyrille Daujean
Verlag: Hans im Glück
Alter: ab 10 Jahren
Spieler: 3 - 7
Spieldauer: ca. 60 Min.
Preis: ca. 18,-
Die Rezension erschien 2000 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 3/2000 R 49/2020

Zum Autor:
Bruno Faidutti, 1961 in Berlin geboren, ist ein französischer Spieledesigner, Historiker und Soziologe, der häufig mit anderen Spieleentwicklern wie Alan R. Moon, Bruno Cathala und Michael Schacht zusammenarbeitet. Seine erste Veröffentlichung BASTON stammt aus dem Jahre 1984. Inzwischen hat er meist in Kooperation rund 120 Spiele erfunden. Sein Bekanntestes ist OHNE FURCH UND ADEL, das er allein entwickelt hat. Das Spiel war 2000 zum „Spiel des Jahres“ nominiert, gewann den Kartenspielpreis À la carte der Fairplay und landete auf dem 6. Platz des deutschen Spielepreises.
Das Bild stammt vom Galaabend während der Preisverleihung der Jury „Spiel des Jahres“ in Berlin. Alle nominierten Verlage präsentierten damals ihre Spiele in kurzen Szenen. Für Hans im Glück übernahmen Bernd Brunnhofer und Gaby Salomon die Aufgabe.
Nominiert waren 2000:
CAROLUS MAGNUS von Leo Colovini (Winning Moves)
zum 1200. Kronjubiläum beschäftigen sich 2-4 Spieler ab 12 Jahren mit dem großen Karl
OHNE FURCHT UND ADEL von Bruno Faidutti (Hans im Glück)
Chancen für ein Kartenspiel 3-7 Spieler ab 10 Jahren
TORRES von Michael Kiesling und Wolfgang Kramer (Ravensburger)
Burgenbau in Kastilien für 2-4 Spieler ab 10 Jahren