Wolfgang Warsch hat mit THE MIND die Spielmechaniken um Elemente wie Gefühl für Tempo und Zeit erweitert. Alles ist relativ und fordert ein Eingrooven auf den Rhythmus der Partner. Empathie ist angesagt und das ist nicht die schlechteste menschliche Eigenschaft.
Warschs Idee wird aktuell gleich in zwei anderen NSV-Spielen aufgegriffen, die, wie mir in Nürnberg versichert wurde, unabhängig voneinander Reinhard Staupe und Steffen Benndorf entwickelt haben. Benndorf steuert in CONTACT mit Handgestik Raumschiffe durchs Weltall, Staupe schickt piepende Roboter auf die Suche nach Gegenständen.
Staupes Spiel ist schon für Kinder ab fünf Jahren geeignet und klappt besonders in der kooperativen Form sehr gut. In WIR SIND DIE ROBOTER übernimmt ein Kind die Rolle eines Automaten, die Rückseite einer Laufstreckenkarte gibt ihm vor, welchen Gegenstand er mit welcher Geschwindigkeit erreichen muss. Staupes Roboter kennen nur drei Tempi, sie sind langsam wie eine Schnecke, bewegen sich normal wie ein Roboter oder schnell wie eine Rakete. Die gewählte Geschwindigkeit wird allen mitgeteilt. Die Aufgabenvorgabe muss der Roboter auf eine Laufstrecke anwenden, die alle mit 12 Gegenständen bestückt sehen. Er startet mit „Beep“ und läuft gedanklich in der vorgegebenen subjektiven Geschwindigkeit die Strecke ab. Beept er wieder, ist er am Ziel angelangt.
Nun tippen die anderen, bei welchem Gegenstand der Roboter stehen könnte. Stimmt ihre Vermutung, erhalten sie drei Holzchips zur Belohnung, bei einer Abweichung gibt es immerhin noch zwei Chips. Ist das genannte Zielfeld um zwei Gegenstände rechts oder links vom Roboterfeld entfernt, gibt es noch einen Chip. Dann wechselt die Roboterrolle bis nach elf Runden die Teamleistung überprüft wird. Staupe ist großzügig, Ergebnisse über 15 Punkte nennt er gut, über 20 klasse. Wer „roboterstark“ abschließen möchte muss allerding 25 Punkte erreichen.
Einfacher ist es, wenn die Roboterrolle nicht wechselt und alle sich auf die persönliche Geschwindigkeit nur eines Spielers einstellen. Wer will, kann WIR SIND DIE ROBOTER auch kompetitiv spielen. Dabei werden zwei Chips für richtige Tipps verteilt und es gibt noch einen Chip für einen Gegenstand daneben. Damit der führende Spieler nicht bewusst schummelt, gibt es eine Belohnung für den Roboter, der für jeden Spieler, der richtig liegt, einen Punkt bekommt.
Ist THE MIND für Kinder mit der Zahlenablage eher abstrakt, können sie sich in das Schneckentempo eines langsamen Roboters gut einfühlen. Anfangs liegen die persönlichen Geschwindigkeitsgefühle meist noch weit auseinander, besonders die Rakete ist oft zu schnell. Mit der Zeit stimmen sich die meisten Gruppen aber gut aufeinander ein, sodass es nie bei nur einer Partie bleibt. In Kooperation wollen alle zumindest das Ergebnis „klasse“ erreichen. Dabei ist das Miteinander, das wachsende Verständnis nicht nur etwas für Kindergruppen, auch Eltern sollten sich empathisch in das Zeitgefühl ihrer Kleinen hineinversetzen und umgekehrt gilt das natürlich auch. Allein das Erlebnis, dass Kinder oft das bessere Gespür haben, macht das Spiel spielenswert.
WIR SIND DIE ROBOTER transportiert Warschs THE MIND-Idee elegant in die emphatische Erfahrungswelt von Kindern. Mit der Zeit kommen Gruppen auf einen gemeinsamen Nenner, synchronisieren sich fast automatisch, das ist eine fantastische intuitive Erfahrung. Wenn nächsten Montag die neuen Jury-Listen veröffentlicht werden, erwarte ich Staupes Spiel auf der Kinderliste.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: WIR SIND DIE ROBOTER
Autor: Reinhard Staupe
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 30/2020