Montag, 8. Juni 2020
CARCASSONNE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 2001: CARCASSONNE
Familienspiel par excellence: CARCASSONNE
Der Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Carcassonne wird sich im Nachhinein ärgern, ein Angebot des Hans im Glück-Verlages ausgeschlagen zu haben, das neue Legespiel CARCASSONNE mit Fremdenverkehrswerbung für die eigene Stadt zu verbinden. Nur wenige Monate auf dem Markt, erweist sich das preiswerte Spieleangebot des kleinen Münchner Verlages als der Geheimtipp für große Spielepreise in diesem Jahr.
Was macht die Faszination dieses Spiels des Autorenneulings Klaus Jürgen Wrede aus?
Der Autor entführt zwei bis fünf Spieler in mittelalterliches Ambiente. Aus 72 quadratischen Landschaftskarten entwickelt sich auf dem Spieltisch ein eindrucksvoller Blick aus der Vogelperspektive auf eine Landschaft mit befestigten Städten, Handelswegen, Klöstern und landwirtschaftlich nutzbaren Gebieten rund um Carcassonne. Jeder Spieler besitzt sieben Gefolgsleute, die er in unterschiedlicher Funktion auf den Landschaftskarten zum Einsatz bringen kann. Da gibt es Ritter, die sich in den Städten aufhalten, Straßenräuber auf den Handelswegen, Mönche in den Klöstern und Bauern, die zur Versorgung der Städte dringend erforderlich sind.
Die Begeisterung, die viele für dieses Spiel empfinden, beruht natürlich nicht nur auf der stimmigen optischen Gestaltung, die der Grafikerin Doris Matthäus zu verdanken ist. Wir haben mit CARCASSONNE endlich wieder einmal ein Spiel vorliegen, das mit wenigen Sätzen erklärt ist, das dann aber im Spielverlauf eine erstaunliche Tiefe entwickelt. Einfacher geht’s wirklich nicht. Karte aufnehmen, Karte passend anlegen, Straße an Straße, Stadt an Stadt, und die Entscheidung treffen, ob ein Gefolgsmann zum Einsatz gebracht wird. Sind durch das Anlegen fertige Handelswege, Städte oder Klöster entstanden, erfolgt eine Punktwertung, die sich meist an der Anzahl der ausgelegten Karten orientiert. Eingesetzte Gefolgsleute gibt es dann sofort zurück, so dass in der nächsten Runde aus einem ehemaligen Wegelagerer ein ehrenwerter Mönch werden kann. Die Wertung wird sofort auf einer Punktetafel angezeigt. Gespielt wird, bis alle Karten gelegt sind, Nach einer abschließenden Wertung, in der besonders die Bauern wichtig werden, gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Der Glücksanteil scheint hoch, das Spiel bietet aber durch die vielfältigen Anlegemöglichkeiten genügend Raum für taktische Planungen. Insbesondere die Beschränkung auf sieben Gefolgsleute wirft stets die entscheidende Frage auf: Setze ich eine Figur ein oder warte ich bis zum nächsten Zug. CARCASSONNE ist vorzüglich zu zweit spielbar, das Spielerlebnis in der größten Runde mit fünf Spielern ist aber auch nicht zu verachten. Mit CARCASSONNE liegt endlich wieder einmal ein Familienspiel vor, das diesen Namen auch verdient.
Wieland Herold
Titel: Carcassonne
Autor: Klaus-Jürgen Wrede
Grafik: Doris Matthäus
Verlag: Hans im Glück
Spieler: 2-5
Alter: 10 Jahre
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/2001 R 57/2020
Zum Spiel und zum Autor:
2001 waren DAS AMULETT und ZAPP ZERAPP neben CARCASSONNE nominiert.
Besser geht’s nicht, das erste Spiel und dann gleich die ganz großen Preise vom „Spiel des Jahres“ über den Deutschen Spielepreis bis zum österreichischen Spiel der Spiele.
Der kreative Musik- und Religionslehrer Klaus-Jürgen Wrede, der bis 2009 in Köln mit Schülern arbeitete, hätte auch Musiker werden können. Als Jugendlicher war er Preisträger des Wettbewerbs „Jugend komponiert“. Sogar als Buchautor besteht er, wobei seine Recherchen zum Geheimnis des Genter Altars Impulsgeber für CARCASSONNE waren. 1999 war er in Südfrankreich, um sich mit der Geschichte der Katharer zu befassen. Während dieser Studien entstanden Grundelemente des erfolgreichen Spiels.
Wrede, der inzwischen professioneller Spieleautor ist, pflegt die CARCASSONNE-Familie mit einer nicht mehr überschaubaren Anzahl von kleinen Erweiterungen und mit an die Grundidee angelegten großen Spielen, mit denen er die Welt bereist. Kleinere Erfolge hatte er daneben noch mit Spielen wie MESOPOTAMIEN und RAPA NUI.
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