
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DIVER – Taucher auf Motivsuche
Die Tauchbranche boomt, Abenteuerurlaub ist angesagt: Im Tauchboot bis zum Wrack der Titanic oder schnorchelnd zu den Überbleibseln des pazifischen Seekrieges zwischen Japan und den USA. Kein Wunder, dass Spieleautoren darauf reagieren: sie erweiterten das Tauchspielsortiment 1999 um zwei große Brettspiele. Da ist einmal der Hamburger Götz Vincentz (DaVinci-Spiele), der den Tauchsport eher klassisch mit Schatzsuche bei den Kapverdischen Inseln verbindet, wobei ihm mit ESPERANCA sein sicherlich anspruchvollstes Spiel gelungen ist. Harmloser, aber deutlich näher an der Tauchrealität geht es in dem Spiel DIVER zu, das die Lübecker Meike Jacobsen und Dirk Schleef zusammen entwickelt haben. Ihre zwei bis sechs Taucher sind für eine Werbeagentur unterwegs, um die Unterwasserwelt abzulichten.
Begeben wir uns mit den Tauchern Schleef und Jacobsen auf Motivsuche. In erstaunlicher Qualität haben die beiden Newcomer ihr Tauchspiel auf den Markt gebracht. In einer großen Schachtel sind Puzzleteile für einen runden Spielplan enthalten, der in immer wieder neuer Zusammensetzung zu unterschiedlichen Tauchlandschaften führt. Jeder Spieler erhält eine Auftragskarte einer Werbeagentur, bestimmte Fische abzulichten. Diese „Auftragsfische“ sind in den Außenregionen des Spielplans zu finden, sie liegen in der Nähe von sechs Bootstauchplätzen, die im Laufe des Spiels alle angefahren werden. Daneben schwimmen den Spielern in den Gewässern noch genügend andere Fische vor die Linse, die, einmal abgelichtet, gut zu einem Diavortrag herhalten, der Geld in die knappe Kasse bringt.
Ausgestattet mit einem Startkapital von 120 WE (Währungseinheiten) machen sich die Spieler von einer Tauchbasis in der Mitte des Spielplans auf ihre Fototouren. Dafür können sie im Dive-Center unterschiedlich große Pressluftflaschen erwerben, müssen entscheiden, ob sie in der flacheren Randzone, im sogenannten Hausriff, um die Tauchbasis herum tauchen möchten oder ob sie sich eines der beiden Boote mieten, um zu einem Bootstauchplatz zu fahren. In den Booten ist maximal Platz für drei Spieler, wobei der erste jeweils das Ziel festlegt.
Für den Tauchvorgang und damit die Fortbewegung im Wasser haben sich die beiden Autoren einen interessanten Mechanismus einfallen lassen. Der Spielplan ist von einem Feldernetz überzogen. Unterschiedliche Blauschattierungen verweisen auf größere Wassertiefen, die zusätzlich noch mit Werten von –1 bis – 6 gekennzeichnet sind. Auf den Pressluftflaschen befindet sich eine Zahlenskala, die während des Tauchens abgearbeitet wird. Wenn ein Spieler vom Strand der Tauchbasis ins Wasser geht und seine Flasche zeigt als erste Zahl eine 3, dann darf er sich drei Felder weit ins Wasser hineinbegeben. Danach landet er vielleicht in einer hellblauen Fläche (-2) und muss daher diesen Minuswert für seinen zweiten Schritt von der nächsten Zahl der Pressluftflasche abziehen. Um ein Foto zu schießen, müssen die Fische, die als kleine Papp-Chips auf dem Spielplan liegen, genau angesteuert werden. Das ist gar nicht so schwer, da die Tauchwege vielschichtig vernetzt sind. Das Spiel endet sofort, wenn der erste Spieler mit seinem sechsten Auftragsfisch wieder im Boot ist. In der Endabrechnung gibt es für jeden Auftragsfisch 200 WE und für jeden weiteren Fisch noch einmal 40 WE. Der Spieler, der mit seinen Fotos am meisten Geld erwirtschaftet hat, gewinnt das Spiel.
DIVER ist nicht nur ein optisch ansprechendes Spiel, es besitzt durchaus spielerisches Potential. Die bisher vorliegende Regel nutzt dieses aber nur ansatzweise aus. Die Autoren laden selbst zum Experimentieren mit Varianten ein, wobei ihre Vorschläge sich eher auf die Verkürzung der Spieldauer beziehen. Die Wirkung der tollen Unterwasserfotos von Meike Jacobsen und Dirk Schleef geht allerdings auf den kleinen Pappchips verloren. Eine Erläuterung dieser Fotos mit einem größeren Farbabdruck hätten das ganze Produkt zusätzlich abgerundet.
Wieland Herold
Titel: DIVER
Autoren: Meike Jacobsen und Dirk Schleef
Grafik: Meike Jacobsen und Dirk Schleef
Verlag: Schleef/Jacobsen Spiele, Huberstr. 16, 23566 Lübeck
Spieler: 2-6
Alter: 8 Jahre
Spieldauer: 60 bis 180 Minuten
Preis: ca. 29 DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 3/1999 R 59/2020