
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf der Rennpiste: HEISSE ÖFEN
TEMPO KLEINE SCHNECKE hieß das erste erfolgreiche Kinderspiel des Nestors der Spieleautoren, Alex Randolph. Ein einfaches Farbwürfelspiel für Kinder ab drei Jahren, das die Firma Ravensburger seit gut zwanzig Jahren auf dem Markt hält. 1999 hat der in Venedig lebende amerikanische Autor dieses Spielprinzip auf ein Motorradrennen für die Kleinen übertragen. Die großen Spielfiguren hat er selbst entworfen. Handschmeichler mit hohem Aufforderungscharakter für zwei bis vier Kinder ab vier Jahren. Aus acht Rennstrecken-Streifen kann die Rennpiste immer wieder neu zu einem ovalen Kurs zusammengesetzt werden, vielfältige Kombinationsmöglichkeiten für die farbigen Randfelder ergeben sich dadurch. Ein kariertes Feld kennzeichnet den Startbereich.
Das Spielprinzip ist simpel. Gewürfelt wird mit einem Farbwürfel. Die Spieler ziehen zum nächsten freien Feld der gewürfelten Farbe vor. Wer das Risiko liebt, darf ein zweites Mal würfeln. Wenn dabei ein Spieler noch einmal die gleiche Farbe würfelt, muss er zurück zum Start. Beim Passieren des Startfeldes, kassieren die Kinder einen Goldtaler. Spielsieger ist derjenige, der als erster fünf Goldtaler einsammelt.
HEISSE ÖFEN ist nichts genial Neues, aber eine wunderschön umgesetzte alte Spielidee, die den Hockenheimring ins Kinderzimmer holt. Dem kleinen Verlag Drei Magier Spiele ist die Herausgabe dieses, angesichts des tollen Spielmaterials, preiswerten Spielevergnügens zu verdanken.
Heo
Titel: Heiße Öfen
Verlag: Drei Magier Spiele, Mühlenstr. 10, 91486 Uehlfeld, Telf. 09163/9990
Autor: Alex Randolph
Grafik: Johann Rüttinger
Spieler: 2-4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/1999 R 62/2020

Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch HEISSE ÖFEN in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph bei der Preisverleihung 1990 in Göttingen, mit dem Veranstalterehepaar Wittig, dem Laudator Erwin Glonnegger und der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, die den Preis überreichte.