
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
GOLD AM YUKON konnten spielbegeisterte Freunde des Göttinger Spieleautors Reinhold Wittig vor drei Jahren bei der Spielefirma Amigo suchen. War die Goldsuche bei Wittig eher taktisch orientiert, so beschreitet die Firma Haba spielerisches Neuland mit einer Spielidee, in der "echte" Goldschürfstimmung aufkommt.
Stefanie Rohner und Christian Wolf, das erfolgreiche Schweizer Spieleautoren-Pärchen, haben schon immer etwas für Schatzsuche und raffinierte Spielelemente übriggehabt. 1990 lagen ihre Schätze noch in Pyramiden versteckt. Ihre damalige Idee, DAS GEHEIMNIS DER PYRAMIDE, schaffte den Sprung auf die Liste der besten Spiele des Jahres. Ein kleiner Saugnapf war das pfiffige Grabinstrument dieses Spieles, mit dem man sich in die Tiefen der Pyramide vorarbeiten konnte. 1993 entführen Sie Ihre Spielgemeinde an einen Nebenfluss des Yukons, an den Klondike-River.
Stilecht ist das Hauptspielelement in KLONDIKE, eine Goldwaschpfanne, an der man sich mit Geschick versuchen muss. Der Vorgang des Waschens wird natürlich nur simuliert. Drei Goldnuggets oder Kieselsteine, gelbe und schwarze Holzperlen, werden verdeckt aus einem Lederbeutel gezogen - das gesamte Material ist wieder einmal echt habalike! -.
Der Goldwäscher muss danach versuchen, die wertlosen Steine aus der Pfanne herauszuwaschen. Ein bisschen Übung ist schon nötig, um das richtige Schürfgefühl zu bekommen. Im Klartext: Die schwarzen Holzperlen müssen durch Dreh- und Schwungbewegungen über den Rand eines recht tiefen Schürftellers gebracht werden.
Damit aber nicht genug. Dem Goldrausch Verfallene hatten immer etwas übrig für Wettspiele nach der Arbeit. Den Wettspaß übernehmen die Schweizer Autoren mit in ihr Spiel und der erweist sich häufig als ertragreicher als die harte Arbeit vorher. Die Mitspieler dürfen nämlich auf den Ausgang des Schürfvorganges wetten, auszahlen - gewinnen selbstverständlich ebenfalls - darf der Goldwäscher. Da kann es schon vorkommen, dass auch ganz versierte Schürfer am Ende gar keine Goldnuggets mehr in ihrer Schüssel haben, weil sie die Wetten ihrer Mitspieler mit einkalkulieren. Damit wird aus dem Geschicklichkeitsvorgang ein taktisches Spiel mit psychologischen Elementen.
KLONDIKE funktioniert allerdings nur dann gut, wenn alle zumindest einigermaßen mit der Goldwaschpfanne umgehen können. Übung macht hier aber den Meister, insofern sollten allen Anfängern mehrere Übungsrunden zugestanden werden, dann kann die stimmungsvolle Suche nach dem glänzenden Edelmetall richtig losgehen.
Kritisch ironische Anmerkungen zu KLONDIKE, der Wettvorgang ließe sich bei ähnlichen Voraussetzungen doch auch durch Knobelhölzchen ersetzen, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Dieses Spiel ist atmosphärisch gesehen eine stimmige Gesamtkonstruktion. Die thematische Umsetzung eines Spielgedanken gelingt selten so gut. Ein großer Spielspaß für die ganze Familie, für den man allerdings sehr tief in die Tasche greifen muss.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: KLONIKE
Verlag: Haba
Autoren: Stefanie Rohner und Christian Wolf
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 59.- DM
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/1993 R 77/2020

Zum Spiel und zu den Autoren:
Spiele für die ganze Familie bringt Haba nicht erst seit 2015 heraus. Schon Ende der 80er-Jahre startete der Verlag aus Bad Rodach mit einer grünen Reihe eine eher „erwachsene“ Serie mit Spielen wie TIMBERLAND von Klaus Teuber, DONNERWETTER von Peter Lewe, AMAZONAS von Arno Miller und eben KLONDIKE.
In den 90er Jahren waren die Schweizer Stefanie Rohner und Christian Wolf das erfolgreichste Autorenpärchen in der Spieleszene. Rund 100 Spiele haben beide ab 1986 über ihr Baseler Atelier Rohner & Wolf veröffentlicht.
ORIENT-EXPRESS in der kooperativen Herder-Reihe war ihr erstes Spiel. Leben konnte das Autorenpaar, das sich während des Philosophie-Studiums Anfang der 80er Jahre kennengelernt hatte, davon noch nicht. Der Erfolg kam 1990 mit der unspektakulären SCHOKO HEXE bei F.X. Schmid, das sich laut Wikipedia über 200.000 Mal verkauft hat. Mit dem Familienspiel DAS GEHEIMNIS DER PYRAMIDE (Jumbo) landeten sie 1990 auf der Auswahlliste der Jury und gewannen in Frankreich den As d’Or.
Die gute Zusammenarbeit mit der Redakteurin Karin Pennther von Haba führte dazu, dass die Bad Rodacher Firma quasi zu ihrem Hausverlag wurde. Gut drei Viertel ihrer Veröffentlichungen erschienen zwischen 1993 und 2005 bei Haba. Vor allem 1996 dominierten sie mit sechs Veröffentlichungen das dortige Verlagsprogramm. Während dieser Zusammenarbeit entstand das Goldwäscherspiel KLONDIKE, schon 1993 erschienen, als sich Haba erstmalig jenseits der gelben Schachteln positionieren wollte. Wieder zurück in der großen gelben Verpackung und als Kinderspiel eingeordnet wurde KLONDIKE 2001 gegen IM MÄRCHENWALD und die RÜSSELBANDE zum ersten Kinderspiel des Jahres gewählt.
In der Zeit des größten Erfolgs engagierte sich Stefanie Rohner auch als 2. Vorsitzende der SAZ, für die sie lange in der Arbeitsgruppe Vertrag sehr aktiv tätig war.
Das Bild von beiden mit ihrer Haba-Redakteurin Karin Pennther stammt vom Göttinger Autorentreffen aus dem Jahre 1996.
