Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Trainingsspiele für den Prozentekampf
"Darf's ein eine bisschen mehr sein?" - diese übliche Frage am Fleischstand beim Abwiegen der Mettwurst wird jetzt nach Aufhebung des Rabattgesetzes eher umgekehrt häufiger gestellt werden. Nicht nur die obligatorischen 3 Prozent sind bei Barzahlung abziehbar, Verhandlungsgeschick lässt locker zusätzliche DM sparen.
Wie auf einem orientalischen Basar wird es nun in bundesdeutschen Geschäften zugehen, prophezeien die Kritiker. Damit Sie gewappnet sind für diese neuen Auseinandersetzung im geschäftlichen Alltag, sollten Sie Ihre Verhandlungstaktiken spielerisch vorher erproben.
Manfred Schüling, Berliner Spieleautor - im letzten Jahr erfolgreich mit ZATRE auf der Liste der besten Spiele des Jahres vertreten-, zaubert mit dem DIEB VON MARADAD märchenhafte, orientalische Basarstimmung in ihr Wohnzimmer. Die ganze Geschichte spielt auf einem staubigen, orientalischen Marktplatz. Einmal in der Woche (und so oft sollte man den DIEB VON MARADAD mindestens spielen) treffen sich vier Familien, um ihre Antiquitäten, Kunstschätze, aber auch Ramschwaren zu verkaufen. Sie stellen Marktstände auf, breiten dort ihre Waren aus und versuchen sie an den Mann zu bringen. Mit 3000 Slumpies, der Währung dieses Fantasiestaates, ausgerüstet, feilscht man, um möglichst billig wertvolle Kunstschätze zu erwerben. Verhandlungsgeschick ist beim Aufbau einmaliger Kunstsammlungen nötig. Man sollte sich aber, wie auf jedem Basar, vor Fälschungen, Kopien und drittklassiger Qualität hüten. Solche Güter packt man am besten schnell auf den eigenen Verkaufstisch, um sie weiter zu verhökern. Ganz raffiniert wird es, wenn der DIEB VON MARADAD umgeht, da er nicht einfach Gegenstände klaut, sondern gegen wertlose Attrappen eintauscht. Am Ende gewinnt natürlich der tüchtigste Händler mit der größten und wertvollsten Sammlung und den meisten Slumpies.
Manfred Schüling hat mit diesem neuen Spiel erneut einen Volltreffer gelandet. Spielrunden mit Spaß an kommunikativen Prozessen werden sich herrlich amüsieren können. Das Spiel gibt es bisher nur in einer Kleinauflage, die vom Autor liebevoll selbst gefertigt wird. Das hat zwar seinen Preis, Sie werden aber mit dieser spielerischen Schulung die hundert Mark locker wieder bei ihren nächsten Einkäufen 'rausholen.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: DER DIEB VON MARADAD
Verlag: Eigenverlag Schüling-Spiele, Zähringerstr. 1a, 10707 Berlin
Autor: Manfred Schüling
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 - 120 Minuten
Preis: ca. 120.- DM
Die Rezension erschien 1994 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/ 1994 R 107/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der Berliner Autor Manfred Schüling ist vor allem durch ZATRE Anfang der 90er Jahre bekannt geworden. Dieses Spiel brachte er zuerst in einer Kleinstauflage im Eigenverlag heraus, 1993 erschien es bei Peri und landete auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
Einen ähnlichen Erfolg erhoffte sich Schüling für den DIEB VON MARADAD, der aber nur in seinem Kleinverlag erschien.
Das Bild zeigt den Berliner Autor 1994 auf dem Autorentreffen in Göttingen mit seinem Spiel.