Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Köpfchen - Köpfchen
Wenn Sie noch etwas Repräsentatives für den Platz unter dem Weihnachtsbaum suchen, verbunden mit anspruchsvollem Spielspaß für zwei Personen, dann liegen Sie mit HEADQUARTER genau richtig. Ein großer Holzkopf für dessen Gehirnfüllung eine Menge Holzsteine bereit liegen. Ein Spielpartner bearbeitet die linke, der andere die rechte Gehirnhälfte. Dazu wird aus einem Sack blind ein aus zwei Holzwürfeln beklebter Stein gezogen, der meist zweifarbig ist. Diese Steine können senkrecht in die eigene Kopfseite eingebaut werden, aber auch waagrechtes Einsetzen ist möglich, so dass die zweite Farbe sich auf der Gegenseite auswirkt. Spielziel ist es, möglichst große zusammenhängende Flächen einer Farbe auf der eigenen Kopfseite zu erreichen. Das ist gar nicht so einfach, da der Mitspieler immer dazwischen funkt.
HEADQUARTER ist ein reizvolles Spiel für zwei Personen und ein fantastisches - allerdings auch etwas teures - Spielobjekt, das Sie sicherlich nicht wieder in die Schachtel packen, sondern auffällig in ihrem Wohnzimmer platzieren werden. Eine Aufforderung für viele weitere Partien.
Wieland Herold
Titel: HEADQUARTER
Verlag: Theta bei ASS
Autor: Michael Sohre
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 10 Minuten
Preis: ca. 100.- DM
Die Rezension erschien 1996
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 18/ 1996 R 109/2020
Zum Spiel und zum Autor:
HEADQUARTER wurde 1995 unter dem Theta-Label von Michael Sohre und Werner Falkhoff in Essen vorgestellt. Ein Jahr später übernahm ASS das Spiel.
Michael Sohre war neben Wolfgang Großkopf der erste Spieleautor aus der DDR, der im Westen präsent war. Sohre war zu DDR-Zeiten Produktionsleiter für die Defa, aber auch schon vor 1989 interessierte sich der ausgebildete Werkzeugmacher für die Spielzeugentwicklung und entwarf Baukastensysteme.
1993 gründete er mit dem Bonner Werner Falkhof, der gerade mit PUSHER reüssierte (Auswahlliste 1993) den Theta Verlag, der 1995 für Sohres TRI-BA-LANCE mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet wurde und in Frankreich den „Super As D’Or“ erhielt. Folgeprodukte wie HEADQUARTER und HANDICAP waren weitere herausragende Spiele.
Die Designobjekte von Theta setzten sich leider nie so richtig durch. Zwischenzeitlich übernahm sie ASS, dann stellte die Firma aber ihre Produktion ein.
Seit der Jahrtausendwende experimentierten beide in Kleinmachnow mit einem Material, das zu neuer ästhetischer Qualität im Brettspielbereich führen sollte. Sohre wandte sich vom Holz ab und begab sich auf die Suche nach Möglichkeiten, Kunststoffe zu ersetzen. Ihr Ergebnis nannten sie „THETA-Stone“. Ihr Geheimrezept lässt wie Steinholz eine sehr kurze kalte Aushärtung von nur zwei Stunden zu. Abgeformt wurde in kostengünstige Kautschukformen, Figuren, Objekte einzeln, Spielsteine in Platten, die mit Wasserstrahltechnik exakt geschnitten werden. Die Nachbearbeitung fand wie bei Holzfiguren in Schleiftrommeln statt. In Spielen wie LETTER STONE und einer Neuauflage von MINOTAURUS zeigten sie die Qualitäten des Stoffes.
2011 verstarb Sohre leider viel zu früh mit 62 Jahren, drei Tage vor seiner liebsten Spielemesse in Essen.
Das obere Bild zeigt Michael Sohre in Essen 1995, wo das Spiel noch im Eigenverlag THETA vorgestellt wurde.