Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf der Bestenliste:
Spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen
Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen gibt es in diesem Jahr um den Titel "Spiel des Jahres". Ein Kampf David gegen Goliath, wenn man die hinter den Spielen stehenden Verlage betrachtet: David "Hans im Glück" aus München gegen den Goliath aus Ravensburg, der mit DAS LABYRINTH DER MEISTER hochkarätige Konkurrenz ins Rennen schickt.
Bernd Brunnenhofer, der auf dem Spieleautorentreffen Ende Juni in Göttingen erfreut feststellte, dass sein Verlagskürzel HIG zu Autokennzeichenehren in unserer Region gekommen ist, leitet einen Einmannbetrieb, der schon in den letzten Jahren sehr erfolgreich war. Er ist bekannt für gut ausgewählte Autorenspiele in seinem Verlagsprogramm. Mit GREYHOUNDS war Brunnenhofer als Autor und Produzent schon einmal auf der Bestenliste; 1989 unterlag der Verlag mit Rudi Hoffmanns MAESTRO nur knapp CAFÉ INTERNATIONAL vom gleichen Autor. In diesem Jahr hat der Münchner Kleinverleger mit Klaus Teuber den erfolgreichsten jungen Autor der letzten Jahre für sich gewinnen können. Teuber hat den Titel schon 1987 für BARBAROSSA und 1990 für ADEL VERPFLICHTET erhalten. Diesmal geht er mit DRUNTER & DRÜBER ins Rennen.
Das Spiel ist erneut ein Volltreffer Teubers. Es besitzt ähnlichen Spielreiz wie sein Siegerspiel des letzten Jahres. Teuber versetzt seine Spieler nach Schilda. Wie immer ist dort wieder einmal nicht alles in Ordnung: Die Schildbürger haben vergessen, Straßen, Mauern und Flüsse in ihrer Stadt zu bauen. Diese Arbeit sollen ihnen in dem Spiel 2 bis 4 Spieler abnehmen, die, so recht nach Schildbürgermanier, kreuz und quer, auch über schon stehende Häuser ihre Bautrupps durch die Stadt schicken können. Der Witz des Spiels liegt darin, dass jeder Spieler zu Beginn geheim eine Gebäudesorte zugelost bekommt, die er durch geschickten Straßen- und Mauerbau zu schützen versucht, damit sie nicht überbaut werden.
Eine gewisse Mithilfe bieten die vielen kleinen Toilettenhäuschen in der Stadt, da diese erst nach Abstimmung aller Spieler überbaut werden dürfen. Wer hier aber zu früh zu erkennen gibt, dass er z.B. das dreieckige Rathaus schützen will, der findet am Ende kaum noch Rathäuser auf dem Spielplan.
Ein fantastisches Spiel, witzig produziert, mit dem einzigen Manko, dass ein Kleinverleger es auf den Markt gebracht hat. In den letzten zehn Jahren haben nur Branchenriesen den Preis erhalten, da die Jury nur ihnen zutraute die erforderlichen 200.000 bis 300.000 Spiele für das aktuelle Weihnachtsgeschäft zu produzieren. In dieser Größenordnung spielt sich die Nachfrage nach der Titelvergabe mindestens ab.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: DRUNTER & DRÜBER
Verlag: Hans im Glück
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 9 Jahren
Spieldauer: ca. 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 8/ 1991 R 110/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Meine Skepsis im Vorfeld bestätigte sich zum Glück nicht. DRUNTER & DRÜBER gewann 1991 den Titel, der damit schon der dritte des jungen Zahntechnikers aus Rosdorf bei Darmstadt war. Außerdem landeten Autor und Verlag auf dem 3. Platz beim Deutschen Spielepreis, den der in der Besprechung erwähnte Konkurrent aus Ravensburg gewann.
Neben Klaus Teuber begann damit auch für Bernd Brunnhofer eine Erfolgsgeschichte für seinen kleinen Münchner Verlag der 1994 für MANHATTAN und 1996 für EL GRANDE erneut den Preis gewann, bevor 2001 der ganz große Erfolg mit CARCASSONNE kam.
Das Foto von Klaus Teuber stammt von der Spiel in Essen 1992.