Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DIMENTICATO - MENSCH ÄRGERE DICH NICHT ganz ohne Würfelglück
Vier Spielfiguren, ein Rundlauf mit Ausgangs- und Zielfeldern - wem kommt das nicht bekannt vor? Die Grundstruktur von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT ist zwar erkennbar, aber trotzdem ist alles ganz anders in dem neuen Spiel DIMENTICATO. Erst einmal sucht man den Würfel vergeblich, dann gibt es keinen festen Spielplan, sondern variabel zusammensetzbare Spielplankarten, auf denen in bunter Mischung Würfel abgebildet sind.
Der Spielablauf ähnelt natürlich dem Klassiker. Es gewinnt der Spieler, der als erster seine vier Spielfiguren über den Rundlauf gebracht hat. Besonders gefordert sind die Spieler dadurch, dass sie sich die Würfelzahlen merken müssen, auf denen ihre Spielfiguren stehen. Die Punktzahl gibt die Zugweite für den nächsten Zug an. Da erst einmal alle vier Spielfiguren ins Spiel gebracht werden müssen, natürlich auch rausgeworfen werden kann, wobei man aber nur drei Felder zurückgesetzt wird, entsteht ein ganz schönes Durcheinander auf dem Spielfeld, bei dem es nicht einfach ist, die Übersicht zu behalten.
DIMENTICATO macht aus dem klassischen Glücksspiel ein rundes Familienspiel mit MEMO-Effekten, bei dem Kinder größere Chancen als Erwachsene besitzen. Damit gehört das Spiel aus dem Kleinverlag Dr. F. Hein Spiele zu den guten Familienspielen in diesem Jahr. Die Jury Spiel des Jahres hat DIMENTICATO sogar durch eine Nominierung für das Spiel des Jahres 1997 ausgezeichnet.
Heo
Spieletelegramm:
Titel: DIMENTICATO
Verlag: Dr. F. Hein Spiele
Autor: Ferdinand Hein
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahre
Spieldauer: 20-30 Minuten
Preis: ca. 44.- DM
Die Rezension erschien 1997
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/ 1997 R 121/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Wer nach den ältesten deutschen Kleinverlagen sucht, landet in Göttingen bei der Edition Perlhuhn oder im Westerwald bei F-Hein-Spiele. Stammt Reinhold Wittigs Edition noch aus den 70ern, hat Dr. Ferdinand Hein seinen Spieleverlag vor über 30 Jahren gegründet.
Der Doktortitel war Hein so wichtig, dass er sogar Platz in seinem Verlagsnamen einnahm. Erworben hat er ihn im Fachbereich Physik, wobei er beruflich später hauptsächlich als Unternehmensberater unterwegs war. Für einen Naturwissenschaftler war Hein erstaunlich kreativ. Vor den Spielentwicklungen malte Hein in Öl und Pastell, fertigte Siebdrucke und liebte es, antike Mosaiken zu reproduzieren. Mit Magischen Mosaiken und einfachen Legespielen startete Hein ab 1989.
Grafisch eindrucksvoll, spielerisch meist mit Soloherausforderung im Programm, wuchs der Kleinverlag mit jährlichen Veröffentlichungen in den 90er Jahren. Größere Aufmerksamkeit erhielt er, als sein Spiel DIMENTICATO 1997 auf der Auswahlliste der Jury landete. Mit diesem Spiel verließ Hein seine logischen Denkpuzzle und entwickelte eine gute Familienspielmischung aus MÄDN und MEMO. Von der Jury nicht gewürdigt, aber wahrscheinlich Heins bestes Spiel, war das 1999 erschienene FLORENTINER DOMINO, ein taktisches Legespiel in Domino-Manier, bei dem es um den Gewinn von Edelsteinen geht.
Fünf Jahre später wiederholte Hein mit IM WASSERGARTEN den Erfolg von 1997. In diesem wundervoll gestalteten Spiel setzt Hein auf genaue Wahrnehmung.
Hein war in der Folgezeit auf der Suche nach einem Nachfolger. Im Programm zehrte er von seinen Klassikern. 2005 war mit MANDALA noch ein sehr erfolgreiches Spiel erschienen, das Ravensburger dann ins THINK-Programm übernahm. Danach gab es aber keine weiteren Neuheiten. Hein fand schließlich in Matthias Kumpernaß einen Nachfolger, der 2011 den Verlagssitz von Augsburg nach Seelbach im Landkreis Altenkirchen verlegte. Kumpernaß führte auch heute noch F. Hein Spiele mit leicht zugänglichen Ideen fort und hat inzwischen das Programm durch eine spannende Kooperation mit Philippe Proux und dem Verlag Ludarden erweitert.
Das Bild zeigt Ferdinand Hein 2006 auf dem Autorentreffen in Göttingen.