Freitag, 2. Oktober 2020
MISSISSIPPI QUEEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 1997
Der Mensch denkt, der Fluss lenkt – MISSISSIPPI QUEEN
Einfache Spiele haben, stimmungsvoll aufgemacht, durchaus das Potential zum Spiel des Jahres. Dies hat vor einigen Jahren das Würfelspiel BLUFF bewiesen, das als LÜGENPASCH oder MÄXCHEN bewährte Kneipenspiel.
Das kann 1997 auch für das Raddampfer-Rennen MISSISSIPPI QUEEN gelten. Die Spielidee entspricht dem Papier- und Bleistiftspiel KARORENNEN, das in den 60er Jahren in den USA entwickelt wurde.
Der Spieleautor Werner Hodel hat durch pfiffige Spielmechanismen das ursprüngliche Autorennen aufs Wasser verlegt. Den vielen Windungen des Mississippi folgend, können sich drei bis fünf Kapitäne auf ein Wettrennen auf dem „ol man river“ freuen.
Bei der Steuerung und Bewegung der Raddampfer spielen zwei Schaufelräder in den Würfelpunkten eins bis sechs eine entscheidende Rolle. Das rote Rad legt die Geschwindigkeit fest, das schwarze zeigt den Kohlevorrat an. Nach jedem Spielzug darf die Beschleunigung um einen Punkt verringert oder erhöht werden, größere Beschleunigung oder Abbremsen kostet Kohlepunkte. So ausgestattet, setzt sich jeder Spieler den Unwägbarkeiten des mäandernden Flusses aus.
Hier liegt auch der besondere Reiz des Spiels, denn der Flusslauf wird erst im Laufe des Spiels aus zwölf Teilen zusammengepuzzelt, sodass niemand weiß ob es hinter der Biegung rechts oder links weiter geht. Sobald ein Raddampfer auf dem vordersten Flussteil angekommen ist, entscheidet ein Würfel über den folgenden Flussverlauf.
Wer sich zu weit nach vorn wagt, hat vielleicht plötzlich eine Flussinsel vor seinem Bug und muss schleunigst abbremsen. Vielleicht hat er sich aber auch ins Abseits manövriert, da er nicht mit einer Biegung gerechnet hat. An manchen Stellen warten unterwegs Passagiere, zwei muss jeder Raddampfer aufnehmen, um an der Landungsmole anlegen zu dürfen.
Bis dahin ist aber viel Wasser den Mississippi hinuntergeflossen. Spannende Überholmanöver, sorgenvolle Blicke auf den Kohlevorratz, denn wenn dieser versiegt, ist das Rennen gelaufen, kennzeichnen das spannende Wettrennen über die zwölf Flussabschnitte.
Der Verlag Goldsieber hat das Spiel grafisch und vom Material her überzeugend umgesetzt. Die Regeln sind vorzüglich aufbereitet, sodass Spielanfänger über die „MISSISSIPPI QUEEN- Fahrschule“ ganz schnell in die Spielmechanismen eingeführt werden. Alles Voraussetzungen dafür, dass MISSISSIPPI QUEEN nicht nur auf der Nominierungsliste für das Spiel des jahres 1997 bleibt, sondern alle anderen Kandidaten überrunden und am Ende als „The winner is…“ ausgerufen wird.
Heo
Spieletelegramm:
Titel: MISSISSIPPI QUEEN
Verlag: Goldsieber
Autor: Werner Hodel
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: ca. 55.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 8/ 1997 R 122/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Werner Hodel ist schon seit den 80er Jahren als Spieleautor unterwegs. Sein Markenzeichen waren die VHS-Verpackungen für seine Spiele, die er in Kleinauflagen über seine Edition Malibu vertrieb. 1986 erschien mit DRIFT ein Vorläufer des späteren „Spiel des Jahres“. Thematisch versetzte er Anfang der 90er Jahre das Autorrennen in einen Flussverlauf. Als RAFTING reichte er diese Idee 1995 beim Hippodice Wettbewerb ein, dort erreichte es den dritten Platz.
Über Wolfgang Lüdtke von TM landete die Idee bei Goldsieber. Die Redaktion dort verlagerte das Spiel thematisch aus Kanada in die USA, von den Flößen zu Raddampfern. Das brachte letztlich den Sieg und auch einen vierten Platz beim Deutschen Spielepreis und die Würdigung der Spielregel mit der Essener Feder.
Danach veröffentlichte Hodel nur noch die Erweiterung THE BLACK ROSE (1998) und ein Spiel im Heft (TRAU DICH!, 2000) in der spielbox. Eine Neuauflage des „Spiel des Jahres“ 1997 erschien 2019 bei Super Meeple.
Das Bild oben zeigt Werner Hodel 2001 in Göttingen mit TRAU DICH!, auf dem unteren Bild ist in einer Vitrine der ESG in Essen 1997 der Prototyp RAFTING zu sehen.
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