Mittwoch, 7. Oktober 2020
BOHNANZA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Viele Spiele hat der 27jährige Mathematiker Uwe Rosenberg aus Ostfriesland bisher noch nicht veröffentlichen können, vielleicht wird das durch seinen Bohnenhandel anders. In diesem Jahr landete er mit dem innovativen BOHNANZA (Amigo) auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Schon im letzten Jahr hat er mit LIFETIME, einem historischen Einordnungsspiel beim selben Verlag, überzeugen können.
Wer beim Titel des aktuellen Spiels an die alte Westernserie mit Lorne Green als Ben Cartwright aus den 60er Jahren denkt, liegt zwar falsch, denn Rosenberg ist das eingeschobene „h“ schon wichtig. Er sieht seine Spieler tatsächlich nicht als Viehzüchter, sondern als Bohnenbauern. Aber die Blauen Bohnen, die sie anbauen, könnten durchaus aus den Pistolen von Hoss oder Little Joe stammen. Schon beim Betrachten der Karten wird deutlich, hier wird augenzwinkernd mit Worten und mit Bildern gespielt.
BOHNANZA ist erst einmal gewöhnungsbedürftig. Rosenberg lässt so manchen SKATspieler verzweifeln. Kartenhände dürfen nämlich nicht sortiert werden, sondern bleiben exakt in der Reihenfolge auf der Hand, wie man sie erhalten hat. Entsprechend werden sie dann auch abgespielt. BOHNANZA ist kein Stich-, sondern ein Sammel- und Tauschspiel. Spätestens seit den SIEDLERn von Klaus Teuber, ist Tauschen unter Spielern en vogue. „Tausche Holz gegen Getreide!“ wird hier zu „Tausche zwei Brechbohnen gegen eine Rote Bohne!“
Durch Kartenablage auf zwei oder drei Bohnenfeldern, wobei stets mindestens die erste Handkarte dort abgelegt werden muss, und durch den Handel schaffen sich die Spieler wertige Bohnenpflanzungen, deren Ernte Erträge bringt. Seltene Sorten sind lukrativer, dafür aber schwerer zu bekommen. So bringt das Beet mit zwei raren Gartenbohnen schon mit zwei Karten, Einkommen von zwei Bohnentalern. Die üppigen Blauen Bohnen benötigen dafür die dreifache Menge. Einfach gelöst, ist die Bezahlung, die entsprechenden Taler befinden sich auf der Kartenrückseite. BOHNANZA endet, wenn der Kartenstapel zum dritten Mal leer ist. Nach einer letzten Bohnenernte zählen alle ihre Bohnentaler.
Es dauert etwas, bis man die Spielabfolge und die Regulierung der Handkarten im Griff hat, dann eröffnen sich aber die Sammel- und Handelsreize eines genialen Kartenspiels. Wer nach Innovationen jenseits der in Deutschland üblichen Stichspiele sucht, wird mit Feuer-, Augen- und Sojabohnen glücklich. Den jungen Autor aus Aurich sollte man sich merken.
Wieland Herold
Titel: BOHNANZA
Verlag: Amigo
Autor: Rosenberg, Uwe
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: ca. 10.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 12/ 1997 R 126/2020
Zum Spiel und zum Autor:
1997, im Jahr seines ersten großen Erfolges mit BOHNANZA, studierte Uwe Rosenberg noch in Dortmund. Seinen ersten Erfolg fuhr er mit dem zweiten Platz für MILLENIUM 1991 im Hippodice Wettbewerb ein. Das Spiel erschien unter der Ägide von Peter Gehrmann 1992 als TIMES bei Salagames. Dort veröffentlichte der Redaktionsleiter außerdem noch die Idee MARLOWE von Uwe Rosenberg. Danach ergab sich die ertragreiche Kooperation mit Amigo.
BOHNANZA landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Es gewann den À la Carte-Preis der Fairplay 1997 und erreichte den fünften Platz beim Deutschen Spielepreis.
Der auch internationale Siegeszug setzte sich aber erst danach in Gang. Seit 23 Jahren schon liefert Amigo Gartenbohnen, Saubohnen und auch die ein oder andere Blaue Bohne in unendlich vielen gelben Schachteln aus. Keiner hat mehr so den rechten Überblick, was da alles in rosenbergscher Gartenerde inzwischen herangezüchtet wurde. Das klassische Saatgut wurde vielfach gemendelt und gegendert, musste sich gegen die Bohnenmafia wehren, trat Seereisen an, gelangte in den Wilden Westen und kämpfte sich in BOHNRÖSCHEN durch Rankenwerke.
Nach seinem Studium der Statistik gründete Uwe Rosenberg 2000 zusammen mit Hanno Girke und Marcel-André Casasola Merke den Lookout Spieleverlag. Er behielt aber im Gegensatz zu Klaus Teuber, der sich an Kosmos band, seine Unabhängigkeit und veröffentlichte weiter Spiele bei vielen Verlagen, so das Zweipersonenspiel BABEL 2001 bei Kosmos oder 2004 YELLOWSTONE PARK bei Amigo.
Die großen Erfolge mit komplexen Aufbauspielen wie in AGRICOLA gönnte er aber Lookout Games.
Auch in der Folgezeit unterstützte er Neugründungen von Verlagen, so Feuerland und die Edition Spielwiese. Ganz aktuell hat er auch die Wyrmgold GmbH mit angeschoben und dem jungen Verlag ROBIN VON LOCKSLEY spendiert.
Auf dem Bild ist der 29jährige Uwe Rosenberg 1999 in Essen mit seinem damaligen Gesamtprogramm zu sehen.
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