Samstag, 24. Oktober 2020
SWITCH & SIGNAL
Kosmos gelingt erneut die Quadratur des Kreises, 2019 überzeugten sie durch ein raffiniertes kooperatives Stichspiel. Thomas Sings DIE CREW REIST GEMEINSAM ZUM 9. PLANETEN räumte 2020 alle wesentlichen Preise vom Kennerspiel über den Deutschen Spielepreis ab. Aktuell bricht der Stuttgarter Verlag mit dem kooperativen Ansatz in das klassisch kompetitive Genre der Eisenbahnspiele ein und siehe da, auch das funktioniert.
Transportzüge sind in Mitteleuropa und Nordamerika unterwegs, die in Metropolen wie in Berlin oder Paris Waren abholen, um sie in Hafenstädte zu transportieren. Auf dem Europaplan wird nur nach Marseille geliefert, in Nordamerika geht es sowohl an die West- als auch an die Ostküste nach San Francisco und New York.
Die Strecken sind gekennzeichnet durch Startbahnhöfe der Züge, die mit drei unterschiedlichen Geschwindigkeitswürfeln unterwegs sind. Da gibt es die zumindest theoretisch schnellen schwarzen Eisenbahnen, die auch mal fünf Streckenabschnitte überwinden, die mittelschnellen brauen Züge und die langsamen grauen Schneckenbahnen, die mit hälftiger Chance nur ein Feld vorankriechen. Für die Streckenplanung wichtig sind die passenden Weichenstellungen, die elegant durch kleine schwarze Weichenscheiben vorgenommen werden. Außerdem müssen die Ampelanlagen an der richtigen Stelle grünes Licht zeigen, damit man Zugang zu den Warenlieferanten in den Großstädten bekommt und auch unterwegs freie Bahn hat.
Gesteuert wird alles über Aktionskarten der Spieler, mit denen Weichen gestellt, Ampeln geschaltet und Züge in Fahrt gesetzt werden. Eine wesentliche zweite Steuerung haben die Akteure nicht in ihrer Hand, das sind die Fahranweisungen, die vor jedem ihrer Züge aufgedeckt werden. Diese bringen neue Züge ins Spiel, bewegen auch beliebige oder bestimmte Zugfarben und stellen so etwas wie die tickende Bahnhofsuhr dar, die die Zeit vorgibt, in der acht Warensteine in die Hafenstädte gebracht werden müssen.
Der amerikanische Autor David Thompson stellt uns eine raffinierte logistische Aufgabe, die bis auf Aktien und Streckenbau alles enthält, was man sich von einem Eisenbahnspiel wünscht. Da geht es zu wie in einer großen Märklin-Landschaft, in der mehrere Züge unterwegs sind und möglichst nicht zusammenstoßen sollten. Geschickt müssen wir die Weichen stellen und für grünes Licht auf der Strecke sorgen. Dazu darf jeder alle seine fünf Handkarten nutzen und wenn einmal nichts Passendes auf der Hand ist, dienen zwei beliebige Karten als Joker. Unberechenbar bleiben die Fahranweisungen. Da soll dann manchmal eine Lokomotive in einen Ort gestellt werden, der schon besetzt ist, da wird ein schneller schwarzer Zug in Gang gesetzt, der noch kein grünes Licht für die Einfahrt nach Paris besitzt. All das hat Strafpunkte in Form von kleinen Uhren zur Folge. Sind die sieben Startuhren aufgebraucht, kostet das eine Fahranweisung und verkürzt damit die Zeit zur Aufgabenbewältigung. Drei Helfer unterstützen die Logistiker in ihren Aufgaben, allerdings darf jeder nur einmal pro Spiel zur Hilfe herangezogen werden. Da dürfen in Europa Würfel oder Fahranweisungen ignoriert werden, auch die Durchfahrt durch Städte ist einmalig erlaubt, um schneller ans Ziel zu gelangen.
Nur wenn das Eisenbahnteam alle acht Waren innerhalb der Zeit nach Marseille oder in die amerikanischen Zielorte bringt, gewinnen die Spieler. Die Chance des Scheiterns ist durch die Ausgangsvorgaben eher groß. Wer verloren hat, darf sich durch mehrere Stellschrauben Erleichterung schaffen. Da können mehr Uhren oder Fahranweisungen genutzt werden, auch die Zahl der grünen Ampeln kann erhöht werden. Entsprechend umgekehrt lässt sich aber auch die Schwierigkeit erhöhen.
SWITCH & SIGNAL ist ein herausforderndes Spiel und es geht in ihm zu wie bei der Deutschen Bundesbahn, pünktlich kommen die Züge nie so richtig an. Der Zeitdruck ist extrem, fangen Sie daher am besten gleich am Anfang mit allen 18 Fahranweisungen an und nicht mit nur 16, da besteht eine kleine Chance, die Aufgabe mit dem richtigen Einsatz von Schnellzügen und dem eher moderaten der Schneckenzüge zu bewältigen. Diesem Planungssog , der nah an echter Eisenbahnlenkung scheint, kann sich kaum einer entziehen. Die Entscheidungsdiskussionen machen dabei den besonderen Reiz aus. Das geht für den Verlag soweit, dass der Redakteur Wolfgang Lüdtke auf BGG SWITCH&SIGNAL ausdrücklich „als solo nicht spielbar“ deklariert. Das ist natürlich Unsinn, auch wenn Kosmos bewusst das Spiel erst ab zwei Personen empfiehlt, klappt es wunderbar und ohne Regelanpassung alleine.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SWITCH & SIGNAL
Verlag: Kosmos
Autor: David Thompson
Grafik: Antje und Claus Stephan
Spielerzahl: 1 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 35.- Euro
Spiel 73/ 2020
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