Donnerstag, 29. Oktober 2020
TROJA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Das Trojanische Spiel: Schach der neuen Generation
Im letzten Jahr war es noch ein Prototyp, den M&A Spiele mit TROJA auf der Spielemesse in Essen vorstellten. In diesem Jahr konnten sie stolz ihre Erstauflage vorweisen. Armin Müller und Martin Arnold, die ihre Initialen in den Verlagsnamen übernommen haben, präsentierten mit TROJA das „Schach der neuen Generation“. Was nach vollmundigen Werbespruch klingt, ist durchaus berechtigt. Ihr Anklang ans Trojanische Pferd vermittelt ganz neue Zugangsweisen zum Schachspiel. Arnold und Müller wollen die Schachgeschichte neu schreiben. Für beide ist das Schachspiel historisch gewachsen, ständig auch Veränderungen unterworfen gewesen. Ihre neue Variation sei nun das I-Tüpfelchen. Im Spiel Troja bleibt die Grundstruktur des Schachspiels erhalten. Wir haben das bekannte 8x8 Feld, der Zugmechanismus ist identisch, alle bekannten Figuren sind vorhanden, sie sehen nur etwas anders aus. Sie haben im Figurenfuß eine Bohrung und am Kopf eine Ausbuchtung. Darauf beruht letztlich die neue Spielidee, denn M+A-Figuren können Huckepack genommen werden, die jeweils obere Figur bestimmt die Zugweise.
Ganze neue Eröffnungen sind plötzlich denkbar. Die weiße Dame, sonst hinter der Bauernlinie eingekeilt, lässt sich vom Königsbauern E2 auf die Schulter nehmen. Sollte der Gegenspieler mit Bauer E7 – E5 reagieren, steht die weiße Dame samt Bauer im Gegenzug auf E5. Mit Ausnahme des Königs können so alle eigenen Figuren beliebig übereinandergesetzt werden. Diese „trojanischen Figuren“ können unbegrenzt wachsen, was allerdings auch das Schlagrisiko erhöht. Beim Ziehen solcher Figurentürme, darf der Spieler entscheiden, wie viele Basisfiguren er jeweils mitnehmen möchte. Schon allein die Nutzung von Doppelfiguren gibt dem Spiel ganz neuen Pfiff, so dass ein Bauer, der einen Turm schultert, plötzlich ganz schnell in gegnerischen Reihen auftauchen kann. Springt der Turm im nächsten Zug wieder ab, ist der Bauer gefährlich präsent und gelangt vielleicht zur Grundlinie des Gegners. In einem solchen Fall, der in dieser Schachvariante viel häufiger vorkommt, gilt für die Bauernumwandlung, daß ausschließlich zuvor geschlagene Figuren wieder ins Spiel gebracht werden können. Reizvoll ist die Huckepackstrategie auch für Läuferfiguren, die so von weißen auf schwarze Felder gelangen können.
Besonders die Rolle der Bauern ändert sich durch TROJA, sie kommen nicht nur schneller auf die Grundlinie des Gegners, ihre normale Zugrichtung wird aufgehoben. So können Bauernfiguren auch auf der eigenen Grundlinie zu stehen kommen oder mehrmals auf die Grundstellung in der zweiten oder siebten Reihe gelangen. Immer dann haben sie erneut die Wahlmöglichkeit, ein oder zwei Felder vorzurücken. Die versteckten Bauern sind die eigentlichen trojanischen Pferde, die schnelle und wirkungsvolle Spielzüge ermöglichen.
Insgesamt haben Armin Müller und Martin Arnold mit TROJA eine geniale Idee ausgetüftelt, von der nicht nur Schachspieler begeistert sind. Sie verkaufen ausschließlich ihre Schachfiguren mit einer siebenseitigen Spielanleitung ohne Brett in unterschiedlicher Verpackung. Die Figuren sind nicht billig, aber die Spielidee ist ihren Preis wert. Für knapp 70.- DM erhält man alle Utensilien in einem Stoffbeutel, zehn DM mehr kostet die Holzkassette, für 90.- DM fertigen die beiden Autoren als Aufbewahrungsbehälter ein hübsches trojanisches Pferd aus stabilem Karton.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: Troja
Verlag: M+A-Spiele, Akazienweg 2, 71686 Remseck
Autor: A. Müller, M. Arnold
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Preis: Stoffbeutel. 69.- DM
Holzkassette 79.- DM
„Trojanisches Pferd“ 89.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 18/ 1997 R 136/2020
Zum Spiel und zu den Autoren:
Armin Müller und Michael Arnold haben ihren Kleinverlag M + A Spiele 1996 mit der Schachvariante TROIA gestartet. ARBOS erhielt 2000 den letzten „Sonderpreis Kinderspiel“, ein Jahr später gab es das „Kinderspiel des Jahres“. Auch wenn die beiden Autoren keinen gleichwertigen Erfolg danach mehr einfahren konnten, gibt es sie immer noch. Sie sind regelmäßig in Essen präsent, haben danach eine Reihe von weiteren Geschicklichkeitsspielen wie SNIP (2002) und NELLY NATTER (2005) erfunden. In Essen knüpften die beiden Autoren 2013 an den Erfolg von ARBOS an und spezifizierten MIT ARBOIS APFEL die Baumart. Neben Ästen und Blättern konnten nun auch Äpfelchen in die Astbohrungen gesteckt werden.
Im Bild sind Müller&Arnold mit ihrem ersten Spiel, dem trojanischen Schach 1996 in Essen zu sehen.
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks
Kommentare
Ansicht der Kommentare:
(Linear | Verschachtelt)
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.