
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
MOTORCHAMP
Das exklusive Autorennspiel MOTORCHAMP von Albrecht Nolte kann sich sehen lassen. Spielmaterial und Design entsprechen höchsten Ansprüchen, die optische Aufbereitung der Regel mit vielen Beispielfotos ist für einen Kleinverlag (AZA-Spiele) vorbildlich und nicht zuletzt überzeugen die 16 großen Rennautos. Entsprechend riesig fällt der Spielplan aus, der, modulartig aufgebaut, 12 verschiedene Rennstreckenkombinationen, kurze und längere, zulässt. Bis zu acht Spieler können entweder mit einem Team (zwei Fahrzeuge) oder mehreren Teams zum Rennen antreten. Das Ganze hat aber auch seinen Preis, einen beträchtlichen nämlich. Bedingt durch die Spezialanfertigung der fantastischen, aber teuren Rennautos wird das Spiel für 150.- DM angeboten
Der atmosphärische Rahmen ist stimmig, wie steht es um die Spielspannung, die sich aus der spielerischen Umsetzung der Rennsituation ergibt? Rennmotor ist der Würfel, was prinzipiell kein Nachteil sein muss. Betrachten wir den Rennverlauf der abgeschlossenen Schumacher-Saison, spielte oft genug der Zufall eine entscheidende Rolle mit. Solange man dem Würfelglück nicht total ausgesetzt ist, ein taktischer Würfeleinsatz möglich wird, ist nichts gegen Würfel bei Sportspielen einzuwenden.
Die Fahrbahn von MOTORCHAMP besitzt drei unterschiedliche Grautöne. Auf den ganz dunklen Kurvenfeldern darf nur ein Würfel benutzt werden, wobei die Wahl zwischen einem normalen 6er-Würfel und einem Spezialwürfel, der nur bis 3 reicht, bleibt. Die normal grauen Felder verpflichten zur Benutzung von zwei 6er-Würfeln, bei den hellgrauen Feldern dürfen alle drei Würfel benutzt werden. Auf der Rennstrecke gibt es eine Reihe von Geschwindigkeitsbegrenzungen, die nicht überschritten werden sollten. Sobald der Würfelwurf die Begrenzung um mehr als einen Punkt übertrifft, wird der Wagen aus dem Rennen genommen. Würfelt man nur einen Punkt höher, bleibt das Auto im Rennen, landet aber wegen des zu schnellen Fahrens im Kiesbett. Es kann dauern, bis der Fahrer, der erst einmal entgegen der Fahrrichtung steht, sich wieder berappelt hat. Nolte hat den Aussetzfaktor geschickt an das Überholmanöver zweier folgender Rennautos gebunden. Sobald zwei Fahrzeuge vorbei sind, darf das ausgefallene in der nächsten Spielrunde wieder ins Renngeschehen eingreifen.
Das Risiko auszuscheiden gehen die Spieler nicht nur bei den Geschwindigkeitsfeldern ein, auch im normalen Rennverlauf muss auf die Renntaktik der Mitspieler Rücksicht genommen werden. Fahrbahnblockierungen durch vorausfahrende Fahrzeuge stellen dabei das größte Hindernis dar. Der Würfeleinsatz darf entsprechend reduziert werden. Sind viele Fahrzeuge im Rennen, kommt es gerade in der Anfangsphase oft genug zu Situationen, dass dann auch der Einsatz des Spezialwürfels Risiken mit sich bringt.
Ein Rennen geht über sechs Runden. Kleine farbige Plastikpins, die hinter dem Fahrer ins Auto gesteckt werden, markieren die Rundenergebnisse. Zu Überrundungen kommt es sehr schnell, so dass diese etwas fummelige Lösung für die Übersicht unabdingbar ist. Sind 12, 14 oder 16 Rennautos im Spiel haben alle sofort den Rundenstand im Blick. Es ist schon schwer genug bei so vielen Rennautos, die Zugreihenfolge immer korrekt einzuhalten.
Neben den Rennrunden wird ein Boxenstopp am Fahrzeug angezeigt. Spätestens am Ende der vierten Runde sollte jedes Team in der Box gewesen sein. Da die Zufahrt einspurig ist, häufig blockiert sein kann, kommt es aber immer einmal wieder vor, dass ein Fahrer seine Runden dreht und dreht und nicht in die Box kommt. Wer nach der vierten Runde vorbeifahren muss, wird mit einem erheblichen Handicap bestraft. Dieser Fahrer darf die nächste Runde nur mit einem normalen Würfel bestreiten, das bedeutet, dass auch der oft notwendige Spezialwürfel nicht eingesetzt werden darf.
Sobald das erste Rennauto die Ziellinie überfahren hat, endet das Rennen. Einzelwertungen und Mannschaftswertungen können nach offizieller Punktvergabe oder individuellen Regelungen vergeben werden. Die Spielbeschreibung macht deutlich, dass es dem Autor auf eine vielschichtige Umsetzung des Formel I-Betriebes ankam. Wesentliche Abläufe eines Rennverlaufs findet man wieder, authentisch ist diese Brettspielsimulation aber nicht. MOTORCHAMP bietet zwar einige taktische Möglichkeiten, hauptsächlich muss man aber auf sein Würfelglück vertrauen. Wer das mag, der kann insbesondere in großen Spielrunden viel Spaß mit diesem Autorennen haben. Ob einem dieser Spaß aber 150.- DM wert sein kann, das sollte jeder erst nach einem ausgiebigen Test für sich entscheiden.
MOTORCHAMP bietet sich natürlich für große Rennturniere an, zu denen die Startaufstellung dann nicht mehr einfach ausgewürfelt wird, sondern über Trainingsläufe erspielt werden kann. AZA-Spiele führt solche Turniere regelmäßig durch. Die neuesten Termine finden Sie auf der Homepage des Verlages: www.aza-spiele.de. Nutzen Sie die Möglichkeit über den Wettkampf die Qualitäten dieses Spiels für sich zu testen.
Wieland Herold
Titel: MOTORCHAMP
Autor: Albrecht Nolte
Grafik: Huch & Partner
Spieler: 2 bis 8
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 60 bis 90 Minuten
Preis: 150.- DM
Aza-Spiele e.K., Schnutenhausstr. 3, 45136 Essen
Die Rezension erschien 2000 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 12/ 2000 R 148/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Das Bild stammt von der Spiel in Essen aus dem Jahre 2000. Nolte spielt mit Besuchern seine Neuheit MOTORCHAMP.
Nolte tingelte ein gutes Jahrzehnt mit dem 1999 erschienenen TURFMASTER über die Messen. Bis 2013 gab es Turniere. Ein Benno Schotte aus Münster führt das letzte Ranking an.
MOTORCHAMP war das zweite Spiel in dieser Sportreihe, es folgte 2003 noch GOLFPROFI. Beide Spiele konnten an den Erfolg seines Pferderennens nicht anknüpfen.