Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Alles in der Schwebe: POLARITY
Spielsteine, die zu schweben scheinen, die sich selbständig bewegen, aufeinander gleiten, Türmchen bilden oder als Rolle sich davon machen – wenn da nicht Magie im Spiel ist – oder Magnetismus? Es ist faszinierend anzusehen, was sich auf der festen Leinenunterlage von POLARTIY tut. Douglas Seaton hat das Spiel schon vor fast 20 Jahren veröffentlicht, dem amerikanischen Ableger von Ekos ist es zu verdanken, dass POLARITY wieder erhältlich ist.
Die Grundidee des Spiels für zwei Personen ist eigentlich simpel. Jeder Spieler versucht seine 26 Magnetscheiben auf dem Spielfeld unterzubringen. Eine Berührung mit dem im Zentrum liegenden roten Magneten muss dabei tunlichst vermieden werden, da damit das Spiel sofort verloren wird. Am Anfang platzieren die beiden Spieler jeweils fünf Magnetscheiben, flach liegend, auf der Leinenmatte, dann beginnt das eigentliche Spiel. In der Regel wird versucht, weitere Scheiben so ins Spiel zu bringen, dass sie in Schräglage zu eigenen Steinen zum Stehen kommen. Was am Anfang gar nicht so recht klappen will, funktioniert nach einigen Übungen erstaunlich gut. Man beginnt, die magnetischen Kräfte zu spüren und bekommt ein Gefühl dafür, wo die eigenen Steine angesetzt werden müssen, dass sie scheinbar sprungbereit auf dem Plan zu schweben scheinen. Solche schräg stehenden Scheiben darf man auch wieder flachlegen, indem man mit einem Magnetstein in der Hand versucht, die Scheibe auf den Spielplan zu bringen. Diese Aktionen beeinflussen meist das gesamte magnetische Feld und es kommt zu unbeabsichtigten Folgen. Die Spielregeln behandeln deshalb äußerst ausführlich die vielen eintretenden Sonderfälle, die meist zum Zugabbruch und zum Gegenzug des Mitspielers führen. Entscheidend ist, dass dabei Magnettürmchen entstehen und nur diese zählen in der Endauswertung.
Das Spiel übt auf alle, die mit ihm in Berührung kommen, eine starke Faszination aus. Das Spielen mit den erstaunlich starken Magnetkräften macht Freude, regt zu Experimenten an, nur schade, dass das eigentliche Spiel POLARITY dabei meist auf der Strecke bleibt. Das Regelwerk mit seinen vielen Ausnahmen wirkt eher spielhemmend und ist nur schwer zugänglich. Ständig muss korrigiert, zurückgenommen werden, so dass sich kein anziehender Spielfluss ergibt. In den meisten Runden haben sich bei uns auch weniger Magnettürme als Magnetrollen zusammengeballt, die die 15-seitige Spielregel überhaupt nicht vorsieht. Einhelliger Tenor von vielen Mitspielern: Aus dem Spiel lässt sich mehr machen, als POLARITY zulässt. Das vorliegende Regelwerk ist unbefriedigend, das Spielmaterial bleibt packend.
Wieland Herold
Titel: POLARITY
Autor: Douglas Seaton
Verlag: Temple Games
Spieler: 2 oder 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 26 Euro
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 4/ 2005 R 162/2020
Zum Spiel und zum Autoren:
Der Kanadier Douglas Seaton hat POLARITY schon 1986 herausgebracht. Auf BGG kommentiert er selbst seine Idee wie folgt: "POLARTY repräsentiert den Punkt, an dem absolute Gegensätze verschmelzen, in diesem Fall die Pole des Magnetfelds. Die Qualität des Spiels wird durch die Fähigkeit bestimmt, das Gleichgewicht in der Mitte wahrzunehmen Jedes Spiel ist einzigartig und kann niemals reproduziert werden. In dieser Einzigartigkeit erhielt ich ein Patent des U.S. Pat &trdmks.-Büro für magnetische Prinzipien. Die Strategie muss dreidimensional betrachtet werden. Es ist nicht nur so Kontrolle eines zweidimensionalen Bretts, sie muss auch den Raum über und unter der Spielfläche einschließen." Die hier beschriebene Ausgabe ist die letzte des Spiels, das Ekos 2005 in Deutschland vertrieb.