Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zeitungsmacher unter sich
Wer braucht sie nicht zum Frühstück, in der Mittagssause, im bequemen Sessel am Abend - die Tageszeitung? Schon vielfach totgesagt, gehört sie doch noch immer zum Alltag. Das sicher nicht nur, weil man mit dem Radio weder Fliegen totschlagen noch mit dem Fernseher Fische einwickeln kann. Der aufreibende Produktionsprozess, der Kampf um die besten Artikel, die Sorge um die Auflagenhöhe lassen sich jetzt spielerisch nachvollziehen.
Maximal vier Spieler, die am Faxgerät sitzen, layouten und Anzeigen anschaffen, versuchen ihr EXTRABLATT zu gestalten. Karl Heinz Schmiel, Münchner Spieleautor, hat mit sehr viel Witz, aber auch durch Bemühen um Authentizität den alltäglichen Kampf um die besten Nachrichten in ein Brettspiel umgesetzt. Faxmeldungen müssen einzelnen Ressorts zugeordnet werden, Entscheidungen über die Größe der Meldungen werden getroffen, der Schlagzeilenbereich wird besonders beachtet. Zeitungsenten und Kontaktanzeigen stören das Image, hier hilft nur Scheckbuchjournalismus, sofern man genug Kleingeld besitzt.
Vor dem Spielspaß steht eine etwa halbstündige Regellektüre, in dem sehr ausführlichen elfseitigen Regelheft des Autors. Routine bei den Feinheiten der Abschlussberechnung, aus der sich die Auflagenhöhe und damit der Spielsieg ergibt, bekommt man erst nach einigen Spielrunden. Dieser Durchblick lässt sich dann aber auch spieltaktisch verwenden. Es lohnt sich also, diese Anfangsbemühungen auf sich zu nehmen.
Wieland Herold
Titel: EXTRABLATT
Autor: Karl-Heinz Schmiel
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Moskito
Alter: ab 14 Jahren
Spielerzahl: 3 – 4
Spielzeit: ca. 90-120 Min.
Preis: ca. 60 DM
Spiel 18/1991 R178/2020
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Karl-Heinz Schmiel, Ende November 72 Jahr alt geworden, hat zusammen mit Bernd Brunnhofer 1983 den Hans im Glück Verlag gegründet. Gemeinsam entwickelten sie noch DODGE CITY (1983), DIPPI TOTALE (1985) und WILDWECHSEL (1986). Ein Jahr später zog sich Schmiel aus dem Verlag zurück. 1988 gründete er mit Moskito Spiele einen eigenen Verlag, mit dem er u.a. großen Erfolg mit DIE MACHER , A LA CARTE und WAS STICHT hatte.
EXTRABLATT gewann 1992 immerhin den achten Platz beim Deutschen Spielepreis. Das Bild zeigt Karl Heinz Schmiel in diesem Jahr in Essen mit seiner damaligen Neuheit PACKEN WIR’S.