
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
GALERIE DER DIEBE
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession scheinen Diebstahlsthemen spielerisch salonfähig zu werden. Eine SUPERNASE muss man im gleichnamigen Ravensburger-Spiel haben, um mit Spürhunden auf Verbrecherjagd zu gehen. Gejagt werden sie dann in NIZZA von Dach zu Dach, so jedenfalls in dem Spiel von Wolfgang Kramer, bei Schmidt erschienen. Möglicherweise tragen die Fassadenkletterer Bilder unter dem Arm, die sie aus der GALERIE DER DIEBE mitgenommen haben.
Moralisch am verwerflichsten, spielerisch eindeutig am besten, ist das letztgenannte Spiel der Firma Parker. Ein Spieler muss hier nämlich in die Identität eines Gauners schlüpfen, um möglichst viele Kunstgegenstände aus einer Galerie zu entwenden. Alle anderen Mitspieler übernehmen Wächterrollen und versuchen, den Dieb zu fangen.
Das Spiel entwickelt sich dabei sehr real auf einer variablen, immer wieder neu einrichtbaren dreidimensionalen Spiellandschaft mit Museumsräumen und Kunstgegenständen, Sicherheitsschlössern, Überwachungskameras und Alarmanlagen. Auch alle Wächterfiguren, die eher wie Galeriebesucher aussehen, haben auf diesem Spielplan feste Positionen eingenommen, nur über den Standort des Diebes wissen sie natürlich nicht Bescheid. Der zieht geheim hinter einem Sichtschirm, vor verräterischen, hinweisgebenden Blicken auf den Spielplan sollte er sich dabei hüten. Er ist über die Positionen der Wächter, auch der Kameras bestens informiert. Kooperation ist daher bei der Bewachungsmannschaft angesagt, um den Standort des Diebes herauszubekommen und ihn zu fangen, bevor er mit Diebesgut die Galerie verlässt. Da nach jedem Wächterzug der Dieb an der Reihe ist, kann man das Spiel mit zwei bis sieben Personen spielen. Echte Chancen hat der Dieb aber nur im 2 bis 4 Personenspiel.
In der Grundvariante müssen drei Kunstgegenstände entwendet werden. Deren Verschwinden wird einen Spielzug später real sichtbar, so dass die Wächter wissen, dass der Täter sich ganz in der Nähe des Tatorts befinden muss. Ihn daraufhin einzukreisen, gelingt meistens. Bis zum Diebstahl des dritten Gegenstandes kommt nur selten ein Dieb.
Der Spielablauf ähnelt dem bekannten SCOTLAND YARD, in dem Mr. X auf verschlungenen Wegen mit allen möglichen Verkehrsmitteln durch London eilt, allerdings sind die Chancen in dem Ravensburger Spiel erheblich besser verteilt. Trotzdem ist Parker eine atmosphärisch äußerst stimmige Umsetzung der Verbrecherjagd in das Kunstmilieu gelungen. Der Wiederspielreiz ist besonders bei Kindern ab 8 Jahren sehr hoch. Lässt man den moralischen Zeigefinger wegen der Thematik weg, kann man den Einbruch in die GALERIE DER DIEBE für diese Zielgruppe empfehlen. Der variable Spielplan lässt auch viele Varianten zu, die die Chancen des Einbrechers erhöhen. Die Zahl der Überwachungskameras kann reduziert werden; die Platzierung der Ausstellungsstücke kann einbruchfreundlicher vom Dieb vorgenommen werden; analog zu SCOTLAND YARD sollte prinzipiell mit zwei Doppelzügen für den Dieb gespielt werden.
Mit diesen Ergänzungen können wir tatsächlich unseren Einbrecher in die GALERIE DER DIEBE über die Dächer von NIZZA mit mindestens drei Kunstgegenständen enteilen sehen, ohne dass die SUPERNASEN eingreifen konnten.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: GALERIE DER DIEBE
Verlag: Parker
Autoren: John LaBelle, Dave und Thomas Rabideau
Grafik: Tim Hildebrandt
Spielerzahl: 2-7
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: Bei 4-5 Spielern ca. 1 Stunde
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 14/1993 R7/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Das Autorentrio hat neben GALERIE DER DIEBE noch PIPELINE veröffentlicht, das in Deutschland zuerst bei Jumbo erschien, später dann von Piatnik veröffentlicht wurde. Die beiden Brüder haben dann noch CRAZY OLD FISH WAR (2008) bei Hasbro veröffentlicht.
GALERIE DER DIEBE landete 1991 unter den Mensa Select Gewinnern in den USA neben Spielen wie PYRAMIS und SET.