Dienstag, 19. Januar 2021
RAINBOWS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Seifenblasen bei White Wind
Der Erfolg von Phantoms Of The ICE weckte scheinbar Hoffnungen: So stellt White Wind in diesem Jahr in der kleinen Reihe gleich zwei neue Spiele vor und macht sich dabei mit RAINBOWS auf die Suche nach dem bekannten Goldtopf am Ende eines Regenbogens. Alan Moon und Peter Gehrmann ist es bei all ihren Bemühungen der letzten Jahre zu wünschen, dass sie sich mit ihren Spielen eine goldene Nase verdienen, aber ihnen wie uns Spielern machen es die Luckychauns schwer, an den Goldschatz heranzukommen. Wir Spieler können wenigstens spielerisch versuchen, Luckychauns einzufangen, um den Weg zum Regenbogen zu legen, für Moon und Gehrmann wird es viel profaner um Spielqualität gehen, die sich in bare Münze umsetzen lässt. Zumindest für RAINBOWS darf das Gelingen bezweifelt werden. Spielurteile vorweg: Ganz nett - das typische Spiel für zwischendurch - ja,ja muss aber nicht wieder auf den Tisch kommen - zweimal reicht! - Nicht schlecht, aber auch nicht mehr, so der eindeutige Tenor in meinen Spielkreisen, zumal es inhaltliche Kritikpunkte gibt und thematische und Abrechnungsfragen, die offenbleiben.
Drei bis fünf Spieler versuchen eine knappe halbe Stunde lang, möglichst lange Regenbogen zu legen oder Kartenreihen zu sammeln. Dazu erhält jeder zehn Marker einer Farbe und Goldkarten im Wert von 15. Das Objekt der spielerischen Begierde sind 60 Luckychaun-Karten (Sechs Farben mit Werten von 1 bis 10). Ins untere Drittel dieser Karten wird eine Kleeblattkarte gemischt, die eine Möglichkeit für das Spielende vorgibt, eine zweite Kleeblattkarte kennzeichnet den jeweiligen Startspieler einer Runde. In der Tischmitte liegt ein kleiner Spielplan mit sechs Farbreihen und jeweils von der Spielerzahl abhängigen Farbfeldern. Außerdem sind hier die für die Endabrechnung erreichbaren Wertungspunkte gut sichtbar aufgeführt.
Der Startspieler deckt in jeder Spielrunde eine Luckychaun-Karte mehr, als Mitspieler vorhanden sind, auf. Da er die erste Karte nehmen darf, erhält er also auch die letzte. Für den Karteneinsatz gibt es zwei Alternativen: Kaufen oder Sammeln. Kartenkauf berechtigt zur Ablage eines Markers in der Farbspalte der erworbenen Kartenfarbe, der Kartenwert spiegelt dabei nur den Kaufpreis wider. Für das Sammeln erhält man den Wert der Karte ausgezahlt und legt die Karte vor sich ab. Obwohl das Geld am Ende nichts zählt, sollte man am Anfang, um genügend Geldreserven zu haben, kleine Werte einkaufen und große sammeln. Auf dem Spielplan versucht man möglichst lange Markerreihen zu erreichen, nur waagrecht oder diagonal angrenzende Marker bilden dabei einen Regenbogen, wobei zwei Marker schon erste Punktwerte ergeben (20 Punkte), der längste Regenbogen mit sechs Markern bringt 100 Punkte. Isolierte Marker, z.B. nur senkrecht benachbarte oder einzelne ohne Kontakt, führen zu Punktabzügen ( minus 10 Punkte pro Marker). Bei der Kartenauslage muss auf Folgewerte geachtet werden, ab drei Karten in Folge (z.B. 7,8,9) gibt es Punkte (5 Punkte bis maximal 50 Punkte). Eine einmal gelegte Zahl darf nicht noch einmal gesammelt werden, so dass man manchmal gezwungen wird, Karten zu kaufen, die man gar nicht haben will. Das Spiel ist beendet, wenn alle Spielplanfelder belegt sind oder die Kleekarte aufgedeckt wird.
Die drastischen Wertungsunterschiede zwischen Spielplanablage und Kartenauslage führen zu einer eindeutigen Bevorzugung der Marker auf dem Spielplan. Dort wird das Spiel entschieden. Die Karten dienen meist nur als Geldreservoir, eher zufällig kassiert man noch einige Punkte in der Endabrechnung über die Karten mit ein.
Nicht nur das Wertungsmissverhältnis finde ich störend, auch thematisch ist die Kartenablage nicht stringent umgesetzt. Die Kartenfolgen haben nichts mehr mit einem Regenbogen zu tun, obwohl davon in der Spielregel ausdrücklich die Rede ist. So ist eine einfarbige Kartenablage möglich. Die Einhaltung eines Farbwechsels mit höheren Punktwerten (etwa doppelte Werte) wäre hier stimmungsvoller und für die Spieltaktik spannender gewesen.
Die taktischen Möglichkeiten sind begrenzt, da erst einmal für alle das Aufbauziel besteht, mindestens eine 6er-Kette zu erreichen; dabei spielen Abblockungsstrategien meist weniger eine Rolle. Interessanter wird das Spiel, wenn man es zu viert als Partnerspiel versucht, da hierbei konstruktives und destruktives Spiel abgesprochen und besser genutzt werden können.
So ein bisschen wirkt RAINBOWS wie eine schillernde Seifenblase, die beim ersten Hinsehen gleich zerplatzt. Mehr Entwicklungszeit hätte der Spielidee sicher gut getan.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: RAINBOWS
Autor: Alan R. Moon
Verlag: White Wind
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 19.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 20/ 1995 R 15/2021
Zum Autor:
Alan Moon war in den 80er Jahren für Avalon Hill journalistisch tätig, arbeitete auch an der Spielentwicklung für diese Firma und für Parker Brothers. Dem deutschen Publikum wurde er Anfang der 90er Jahre durch den Verlag White Wind bekannt, den er zusammen mit Peter Gehrmann gründete. In dieser Reihe erschien RAINBOWS 1995.
In 1000er Auflagen erschienen die meisten Spiele wie auch ELFENROADS, das später in der Version von Amigo als ELFENLAND Moons erstes „Spiel des Jahres“ wurde. Zwischen 1998 und 2004 war Moon besonders erfolgreich. ADROMEDA erschien 1999. Mit UNION PACIFIC (1999) und DAS AMULETT (2001) landete er auf der Nominierungsliste. 2004 gelang ihm sein größter Erfolg mit ZUG UM ZUG, zu dem in der Folgezeit verschiedene Varianten und Erweiterungen erschienen sind und immer noch erscheinen.
In dieser erfolgreichen Phase war Moon erster Vorsitzender der Spieleautorenzunft.
Das Bild stammt aus dem Veröffentlichungsjahr von RAINBOWS. Alan Moon am Stand vom White Wind erklärt das zweite Spiel des Verlags, ELFENWIZARDS.
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