Montag, 1. Februar 2021
ALI BABA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Scheherezade als Spielautorin
In der Vorgeschichte dieses im April '93 bei Abacus erschienenen Spieles von Ian Livingstone, dessen Vorläufer das Versicherungsspiel CALAMITY ist, taucht Scheherezade ausnahmsweise einmal nicht als Geschichtenerzählerin, sondern als Spieleautorin auf. Sie lenkte ihren Sultan über einige Nächte mit dem zauberhaften Spiel von ALI BABA ab. In Livingstones Spiel übernehmen die Spieler Räuberrollen und ergaunern sich ein möglichst großes Vermögen.
Sieht man einmal von diesem verwerflichen Tun ab, das nur dadurch relativiert wird, dass ALI BABA von Zeit zu Zeit einige Banditen zur Strecke bringt, hat der Abacus Verlag ein spannendes Familienspiel für 2 bis 6 Spieler produziert, das viel Spielspaß bringt.
Insgesamt zweimal wird die schöne ALI BABA-Figur über einen 52-Felder-Kurs in Basra gesteuert. 24 Bewegungskarten mit unterschiedlicher Zugweite von 1 bis 5 Feldern stehen den Spielern pro Runde zur Verfügung. ALI BABA kann auf leere Felder gesteuert werden, auf denen man Beute machen kann, auf Felder mit farbigen Symbolen oder auf Ereignisfelder. Die Verbrecherbanden Basras, derer man sich bedienen kann, sind Schwindler, Diebe, Betrüger und Räuber. Jede Bande besteht noch aus vier weiteren Untergruppen. Besitzt man alle vier Mitglieder einer Gruppe, kann man das Doppelte erbeuten, geht aber auch ein höheres Risiko, erwischt zu werden, ein. Auf den leeren Feldern dürfen bis zu drei Banditenkarten erworben werden. Landet Ali Baba auf einem farbigen Symbolfeld, dann ist er der Bande in dieser Farbe auf der Spur. Alle Bandenbesitzer dürfen sich loskaufen, pro Bandenkarte kostet das 20 Piaster. Die Spieler können auch untereinander Karten frei verkaufen. Jeder Räuber besitzt eine persönliche Schicksalsrolle in einem 6x6-Raster. Je nach Beutewert der Räuberkarte sind mehr oder weniger Zahlen gekennzeichnet. ALI BABA würfelt mit zwei Würfeln die "Trefferzahl' aus. Dies geschieht in zwei Stufen. Nach dem ersten Wurf, der die Zahlenreihe festlegt, kann man immer noch seine Räuberkarte abstoßen, nun aber gegen 100 Piaster. Sollte man nach dem zweiten Wurf mit einer entsprechenden Karte erwischt worden sein, muss man vor den Kadi. Jetzt wird es teuer: Teure 200 Piaster kostet die Bestechung des Kadis.
Am Ende der ersten Runde wird ausgezahlt. Für jedes Bandenmitglied erhält man den Wert der Beute, besitzt man die gesamte Bande, gibt es den doppelten Wert. Dann geht es in die zweite Runde, die nach dem gleichen Schema, wie oben beschrieben, abläuft.
Das Abwägen zwischen dem Risiko, erwischt zu werden oder doch noch durchschlüpfen zu können, macht den großen Spielreiz dieser Spielentwicklung aus. Die Steuerungsmechanismen über die Bewegungskarten lassen gewisse taktische Freiräume zu, obwohl das Spiel hauptsächlich von den Schicksalswürfen der beiden Würfel abhängt. Hier liegt aber auch die enorme Spielspannung, der es wohl zuzuschreiben ist, dass Scheherezade über mehrere Monate hin auf das Geschichtenerzählen verzichten durfte, da der Sultan ganz wild auf die Schatzjagd bei Ali Baba war.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: ALI BABA
Verlag: Abacus
Autor: Ian Livingstone
Grafik: Hartmut Gärling
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: etwa 90 min
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 23/1993 R26/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 71jährige Ian Livingstone ist vor allem als Gründer von Games Workshop bekannt. Zusammen mit seinem Partner Steve Jackson brachte er DUNGEONS & DRAGONS 1975 nach Europa und übernahm 1977 den Vertrieb von Citadel-Figuren. 1978 wurde der erster Laden eröffnet.
1982 erschien das erstes Fantasyabenteuerbuch der beiden Autoren, DER HEXENMEISTER VOM FLAMMENDEN BERG. Innerhalb weniger Monate wurden zehn Auflagen davon verkauft, auch in Deutschland war das Buch ein riesiger Erfolg, der Thienemann Verlag übernahm die Rechte. Die Reihe wurde fortgesetzt und ist inzwischen weltweit über 15 Millionen Mal verkauft worden.
Mitte der 90er Jahre wechselte Livingstone in den Computerspielsektor. Er war vor allem für Eidos Interactive tätig.
Livingstone hat einige Spiele veröffentlich, darunter BOOM TOWN (1990), LEGEND OF ZAGOR (1993) und eben ALI BABA (1993). Keines seiner Spiele konnte an die Erfolge der Bücher heranreichen
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks
Kommentare
Ansicht der Kommentare:
(Linear | Verschachtelt)
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.