
SAMMELSURIUM
Die kleinen Buchspiele von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung. Im deutlich kleineren Format (20,5x14,5x4 cm) erschienen die kleinen Buchspiele.
Recht bekannt ist davon der Klassiker von Edmond Dujardin: 1000 KILOMETER. Daneben erschienen in dieser Reihe Quiz- und Partyspiele wie QUIZ FÜR GLOBETROTTER und PANTO-MIMIK. Auf dem Foto fehlt nur das Spiel 5 MINUTEN – DENK MAL, eine Stadt-Land-Fluss-Variante.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.

1000 KILOMETER
In Frankreich war MILLES BORNES schon in den 50ern ein beliebtes Spiel. Der Autor Arthur Dujardin veröffentlichte die erste Idee dazu schon 1951 unter dem Titel L‘AUTOSTOP. Er griff dabei auf wesentliche Elemente des 1906 in den USA erschienenen Spiels TOURING zurück (Wallie Doo Company). 1954 kam dann die abschließende Bearbeitung als 1000 BORNES heraus. Bei den 1000 Kilometern hat jeder Franzose die N7 vor Augen, die auch Route Bleue genannte Nationalstraße, deren Länge zwischen Paris und Nizza etwa 1000 Kilometer umfasst. Aus Dujardins Kellerwerkstatt wurde bald eine richtige Spielfirma. Internationale Erfolge kamen hinzu. Parker verzichtete beispielsweise auf die Lizenz für TOURING und nahm lieber MILLE BORNES ins Programm, von dem innerhalb kürzester Zeit 500.000 Spiele verkauft wurden. 1960 folgte die erste Veröffentlichung in Deutschland, zuerst von Dujardin selbst herausgegeben später dann bei F.X. Schmid (1962). In den 80er Jahren folgten Ausgaben bei Schmidt Spiele, 2008 noch eine bei Winning Moves.
Auf dem Höhepunkt des Unternehmenserfolgs 1975 starb Edmond Dujardin. Die Geschäftsführung des Verlags übernahm kurzfristig seine Frau und danach sein Sohn Patrick, der Anfang der 80er Jahre noch versuchte elektronische Spiele zu importieren. 1981 wurde das Unternehmen unter Beibehaltung des Markennamens von der Firma Regain Galore übernommen. 2007 landeten die Namensrechte bei TF1 Games, das für Brettspielversionen bekannter TV-Shows bekannt ist. Die Firma stellt auch heute immer noch MILLE BORNES in einem kleinen Werk in Saint-Pantaléon-de-Larche her. In Vollzeit sind damit immerhin 12 Mitarbeiter beschäftigt.
Was ist an dem Dauerbrenner dran, der mit einer Bewertung von 5,7 auf BGG eigentlich gar nicht gut wegkommt? Die Spielregel von F.X. Schmid verweist auf die frühen Auszeichnungen. Danach hat 1000 KILOMTER 1956 in Paris einen internationalen Erfinderwettbewerbs gewonnen und das Ganze noch einmal 1961 in Belgien.
Gespielt wird mit rund 100 Streckenkarten mit Kilometerleistungen zwischen 25 und 200 Kilometern und Aktionskarten, die als Angriffs- und Verteidigungskarten gespielt werden können. So warten die Gegner bei einer roten Ampel oder müssen eine Motor- oder Reifenpanne beheben, auch Geschwindigkeitsbegrenzungen und ein leerer Tank verzögern das Vorankommen. Nur wer entsprechend grüne Ampeln, Reparatursets und Reservekanister vorweist, kommt weiter. Spezielle Trumpfkarten wirken gleich mehrfach, so das Blaulicht-Fahrzeug, das keine Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen kennt.
Ziel ist es, im Einzelkampf 700 Kilometer als erster zu erreichen. Im Team-Wettbewerb mit zwei Mannschaften mit je zwei oder drei Personen gilt der Spieltitel als zu erreichendes Ziel. Jeder agiert stets mit sieben Handkarten, die reihum gespielt werden. Zum Start braucht es eine grüne Ampel, nur mit ihr können in Folge Kilometerkarten ausgespielt werden. Wer das nicht macht, darf Angriffe auf Gegner starten. Mit den speziellen Aktions-Trumpfkarten darf sofort auf Angriffe reagiert werden, sonst muss man warten, bis man wieder dran ist.
1000 KILOMETER taugt auch heute noch als einfaches, glücksbetontes Familienspiel, das man mit passenden Trumpfkarten und hohen Kilometerwerten gewinnen kann. Bekommt man nichts Ordentliches zur Verteidigung auf die Hand, ist es ein eher mühsames Unterfangen. Trotzdem lässt sich Dujardins Spiel in Ansätzen auch taktisch spielen. Wer darauf achtet, welche Angriffskarten nicht mehr im Spiel sind, kann Karten entsorgen und sich eine höhere Varianz von Etappenkarten einhandeln. Dafür braucht es aber einen guten Überblick. Die damalige Regel hatte dafür extra eine Übersichtskarte, die zeigte, dass die meisten Angriffskarten nur dreimal im Spiel waren, die Geschwindigkeitsbegrenzung viermal und die rote Ampel gar fünfmal. Die Reaktionskarten waren meist im doppelten Verhältnis vorrätig, sodass das Rennen meist nicht zu sehr stoppte. Von der grünen Ampel gab es sogar 14 Karten.

Die Umsetzung von F.X. Schmid in der kleinen Buchschuberschachtel war für die 70er Jahre für ein Kartenspiel sehr ordentlich. Die Kartenqualität entsprach den üblichen F.X.-Karten. Die Regel war zwar umständlich, aber sehr ausführlich und gut bebildert, inklusive einer Variante der Rallye-Meisterschaft, die über 5000 Punkte lief. Punktetabellen, Kartenübersichten waren nicht selbstverständlich damals. Das samtige Inlett entsprach dem Standard der großen Schachteln.
Titel: 1000 KILOMETER
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Edmond Dujardin
Spielerzahl: 2 – 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 10 – S10/2021