Mittwoch, 10. März 2021
LUDOVIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
LUDOVIEL
Vor 25 Jahren machte sich ein Autor mit einem Haufen Würfel auf, um ein „Spiel der Spiele“ anzubieten. Wittigs Würfelpyramide DAS SPIEL hat mit und ohne sein Zutun Spieleerfinder in ganz Deutschland zu weit über 60 unterschiedlichen Spielideen angeregt. So wie der Göttinger Spieleautor einst sagte: „Hier habt ihr knapp 300 Würfel, macht was daraus“, so ähnlich geht es uns seit Essen mit einer Materialsammlung aus Drübberholz. 120 Spielkarten in einer Röhre bieten den Spielverrückten, Würfelfetischisten, Kartengeilen, Ludophilen und Ludopathen die fantastischen Fünf um Friedemann Friese an, die da sind: der grüne Meister selbst und die Berliner Autorencrew Andrea Meyer, Martina Hellmich, Thorsten Gimmler und Hartmut Kommerell.
Die fünf Autoren lassen sich natürlich nicht lumpen, immerhin acht Regeln rund ums Spiel steuern sie ihrer ersten Ausgabe bei. Darunter allerdings auch Aprilscherze wie das LUDOSOLO: „Nimm 119 Spiele aus deinem Spielregal und ordne jedem genau eine Karte zu. Viel Spaß beim Wiedereinräumen!“
Auf den Karten gibt es Hinweise zu Spielarten, Spielmaterialien, Spieltiteln, Spielthemen, Spielverlagen, Spielautoren usw. Daraus lässt sich einiges machen. Zum Aufwärmen ein Ablegespiel wie LUDINGO zum Beispiel. Jeder der drei bis sechs Spieler bekommt sieben Karten. Der Startspieler nennt ein Spiel, das möglichst zu einer seiner Karten passt. Wer von den anderen Spielern meint, eine passende Kartenbeschreibung zu besitzen, klopft auf den Spieltisch. Trifft seine Spielkarte auch nach Meinung der Mitspieler auf das genannte Spiel zu, darf er sie ablegen. Trifft sie nicht zu, erhält er eine Strafkarte. Falls niemand klopfen sollte, ist derjenige am Zug, der den Spieltitel genannt hat. Gespielt wird solange, bis einer nur noch eine Karte auf der Hand hat.
Anspruchsvoller ist da schon LUDOSTYLE, bei dem es nicht nur um einen Spieltitel geht, sondern auch um den passenden Autor, den Verlag und ein spezifisches Spielutensil. Wer noch mehr zulegen möchte, ist mit LUDO MIO gut bedient. In diesem an Rosenbergs MAMMA MIA angelehnten Spiel (die Spielpaten werden bei allen Spielen brav genannt), legen die Spieler der Reihe nach Karten auf einen Stapel und lesen dabei die jeweilige Karteneigenschaft laut vor. Wer an der Reihe ist und meint, in dem Stapel seien fünf Karten, deren Beschreibungen auf ein Spiel zutreffen könnten, legt keine weitere Karte ab, sondern nennt das Spiel. Liegt der Spieler mit seiner Vermutung richtig, erhält er für die fünf passenden Karten eine Bonuskarte. Sollten noch zusätzliche Karten im Stapel sein, die zu dem genannten Spiel passen, gibt es diese jeweils als Extrapunkte. Falls weniger als fünf Karten im Stapel sind, erhalten die Mitspieler eine Karte. Gespielt wird auf 18 Punkte.
Ein Beispiel gefällig; im Stapel sind die Karten:
1. Da muss man sich etwas merken.
2. Der Plan ist nicht aus Pappe.
3. Es ist in den letzten zwei Jahren veröffentlicht worden.
4. Da wird mindestens ein Stift benötigt.
5. Es ist in einer quadratischen Schachtel verpackt.
6. Es gibt mindestens einen Würfel.
7. Es dauert weniger als 30 Minuten.
Wahrscheinlich fallen Ihnen beim Lesen jetzt eine ganze Reihe von Spielen ein, denken Sie aber daran, dass während des Spielens, die Karten nur vorgelesen und wieder abgedeckt werden. Wie ist es mit ALLE MEINE SCHWEINCHEN oder mit der wunderschönen GEISTERTREPPE von Michelle Schanen?
Das Beispiel macht deutlich, LUDOVIEL ist eigentlich nur etwas für Spielefreaks. Die Autoren gaukeln uns auch nichts anderes vor. Wer 20 oder 30 Spiele im Keller vermodern lässt, wird kaum mitreden können. Auch die, die 50 oder 100 Spiele kennen oder besitzen, werden mit echten Ludophilen nicht mithalten können. Solche Spieler steigen schnell gefrustet aus.
Das Tolle an dem Spiel sind in Insiderrunden die Gespräche, die Diskussionen und die angeregten Erinnerungen, die zum Herauskramen alter Schätze führen. Für LUDOVIEL gibt es eine eigene Internetseite (www.ludoviel.de), auf der weitere Spielideen veröffentlicht werden. Der Bestand bewegt sich inzwischen im knapp zweistelligen Bereich. Die Dimensionen von Wittigs Spielideenlawine sind noch nicht erreicht und werden wohl auch nicht erreicht werden. Für Spielesammler und andere nach Spielen verrückte Mitmenschen ist die „außergewöhnliche Spielesammlung“, wie das Autorenteam selbst ihre Spieleröhre beschreibt, aber ein Muss!
Wieland Herold
Titel: LUDOVIEL
Veröffentlichung: Drübberholz e.V. – Spielezentrum Niedersachsen
Autor: Friese, Gimmler, Hellmich, Kommerell, Meyer
Spieler: 1 bis 8
Alter: ab 10 Jahren
Preis: 14 Euro
Spiel 16/2003 R48/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Herausgeber:
Im Tagungshaus Drübberholz im niedersächsischen Dörverden trafen sich regelmäßig Autoren im Umkreis Friedemann Frieses. 1983 wurde das Tagungshaus von einem gemeinnützigen Verein gegründet, inzwischen ist es Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband und bezeichnet sich selbst als Spielezentrum Niedersachsen. Es bietet mehrmals im Jahr Spielewochenenden, an denen die rund 8000 Spiele ausprobiert werden können.
Neben LUDOVIEL hat Wolfgang Panning, der auch dem Umfeld angehörte, das Stichspiel DÖRBERN für Drübberholz e.V. 1998 veröffentlicht.
Das Bild zeigt das Autorenteam 2003. Das Tagungshaus hat dankenswerter Weise den Abdruck erlaubt.
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