Sonntag, 21. März 2021
WENDELIN UND WANDA
SAMMELSURIUM
Pelikan Travellerserie: WENDELIN UND WANDA
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 herausgegeben wurden. Zeitgleich erschienen wie bei Ravensburger 12 Spiele im Traveller Format. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
Pelikan griff in der Traveller-Reihe wie schon bei den Buchschuber-Spielen weitgehend auf Autoren zurück, nur zwei Ausgaben waren Lizenzen von Seven Towns. Rudi Hoffmann hat zwei Spiele zu dieser Reihe beigesteuert, am bekanntesten ist WENDELIN UND WANDA.
Wie in der großen Reihe tritt auch hier Eugen Oker als Serienbegleiter auf. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
WENDELIN UND WANDA
Hören wir einmal in Okers Vorgeschichte zu dem Spiel hinein. Der Spielekritiker erzählt von Graf Bobby, eine Wiener Witzfigur, die noch zu Zeiten der k.u.k. Monarchie erfunden wurde. Begriffsstutzig und naiv, war er Zielscheibe unendlich vieler Witze. Das nutzt Oker: Graf Bobby erzähle von sich, dass er sich drei Dinge nicht merken könne, erstens Namen, zweitens Gesichter und drittens, drittens, was er sich drittens nicht merken könne, habe er sich noch nie merken können. Um sein Gedächtnis zu trainieren, habe er auf Karten hinten und vorne Männer- und Frauenköpfe gemalt, die er sinnend hin und her drehe, dabei murmelnd: „Nie g’sehn! Nie g’sehn!“ Nach Oker habe diese Anekdote Rudi Hoffmann bei der Entwicklung von WENDELIN UND WANDA inspiriert.
Okers Vorgeschichte beschreibt schon das Spiel. Auf 15 doppelseitigen Spielkarten in fünf Farben ist auf der einen Seite stets ein Mann, der WENDELIN, zu sehen, auf der Rückseite eine WANDA. Jede Figur gibt es dreimal in der gleichen Farbe, also drei rote Wendelins und drei rote Wandas usw.
Das Spiel startet im 3x5 Raster, auf den Karten sind erst einmal alle Männer zu sehen. Wer an der Reihe ist, versucht drei Wendelins die farblich passenden Wandas zuzuordnen. Man nennt die Farbe, in der die Pärchenbildung stattfinden soll und macht sich an das Wendespielchen. Wer seine Vorgabe beim Wenden nicht erfüllt, gibt an den nächsten Spieler weiter. Wer zuerst die drei passenden Paare einer Farbe findet, wird mit entsprechenden vier Farbchips belohnt. Der nächste, der diese Farbe schafft, erhält nur noch drei Chips. Wer als erster die Pärchen für alle fünf Farben finden kann, beendet das Spiel, das der mit den meisten Punkten gewinnt. So haben wir es zumindest immer gespielt. Die Regel Rudi Hoffmanns besagt nur, dass der gewinnt, der zuerst alle Farben findet. Dann macht aber die Staffelung der Chipvergabe keinen Sinn und es hätte im Vorfeld ausgereicht, mit einem Farbchip belohnt zu werden.
Hoffmanns Spiel mit seinen Grafiken ist ein echter Gehirnverzwirbler. Irgendwie fühlt man sich fast wie Graf Bobby, wenn er murmelt: „Nie g’sehn!“. Mit der Zeit hat man aber bestimmte Kombis raus, dass beispielsweise hinter gelben Wendelins nur grüne, schwarze und rote Wandas stecken können.
Hoffmanns Idee zu einem Wende-MEMO tauchte danach und immer noch in unendlich vielen Spielen auf. In den 80ern wurde dazu sogar in der spielbox eine ausführliche Plagiatsdiskussion geführt, weil Karl-Heinz Koch mit dem Ravensburger Spiel HAB ACHT arg nah am Original von Hoffmann war. In den letzten Jahren finden wir die MEMO-Variante zum Beispiel in JOE’S ZOO von Wolfgang Dirscherl (Piatnik 2015), BOLA von Ferdinand Hein (F-Hein-Spiele 2015) und FINDEVIER oder TEUFELSKREIS von Jaques Zeimet (Steffen Spiele 2019) wieder.
Die Europäische Spielesammler Gilde (ESG) hat Hoffmanns Idee als limitierte Auflage mit Originalgrafiken Hoffmanns zum Sammlertreffen 2002 herausgegeben.
Titel: WENDELIN UND WANDA
Autor: Rudi Hoffmann
Grafik: Rudi Hoffmann
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 10-20 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 12 - S12/2021
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