Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SO EIN KÄSE
Manchmal sind Spieletitel Programm! Von Wolfgang Kramer gab es vor Jahren ein Ravensburger Spiel, bei dem das Titelzitat als Verriss ausreichte, SO EIN MIST war so ein Mist. Ich bin daher mit etwas Skepsis an Peter Neugebauers neues Goldsieber-Spiel SO EIN KÄSE herangegangen. Ein gefährlicher Titel, ein unpassender für das Spiel dazu.
Neugebauer liefert nichts Neues, er schließt sich dem Trend von hinter Käse herlaufenden Mäusen an, entwickelt dazu ein kleines, recht einfaches Würfelspiel mit taktischen Einsprengseln, das aber an den Pepp des großen Vorbilds VIVA TOPO nicht ganz herankommt.
Dabei ist SO EIN KÄSE wahrlich nicht so ein Käse. Das Spiel bereitet Kindergartenkindern viel Vergnügen. Es gibt große Holzmäuse, die auf einem vernetzten Spielplan Chips einsammeln müssen, würfelnder Weise natürlich. Es gibt wertvolle Käsefunde, die am Ende drei Punkte zählen, auch Wurststücke sind mit zwei Punkten nicht zu verachten, oft ist es aber einfach nur Krempel, der herumliegt, der bringt am Ende nur etwas für den Spieler – sechs Punkte nämlich - , der den meisten Krimskrams gefunden hat. Außerdem treiben noch sechs Katzen ihr Unwesen, die die Mausfiguren allerdings auch einsammeln dürfen, sie werden mit einem Punkt bewertet. Ansonsten führt ihr Erscheinen dazu, dass die Mäuse sich in ihre Mauselöcher verkriechen. Das, was die zwei bis vier Mäuse im Laufe des Spiels einsammeln, liegt nur scheinbar sicher vor ihnen. Der Würfel dient im Spiel nicht nur der Fortbewegung, sondern bringt eine Verunsicherung für das Besitzdenken mit. Eine grapschende Hand entreißt den Mitspielern ein sicher geglaubtes Käsestück, das wieder zurück auf den Spielplan wandert, meist in die Nähe des Grapschers. Nur mit Hilfe des gewürfelten Truhenschlosses kann man die wertvollen Teile absichern, so dass sie vor nachbarschaftlichen Diebstählen gefeit sind. Die Spieler müssen im Übrigen nicht Grapschen und Bunkern, sie können bei den Sondersymbolen stets noch einmal würfeln, um vorwärts zu kommen und neue Teile einzusammeln. Das Spiel endet dann, wenn nur noch drei Überraschungschips auf dem Spielplan sind. Dann wird abgerechnet, dabei sind Fünfjährige, für die das Spiel schon sein soll, eindeutig überfordert. Die Maus mit den meisten Punkten, inklusive der Katzenfänge – da lacht der Elefant -, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Spiel.
SO EIN KÄSE ist solide, es ermöglicht kleinen Kindern in Ansätzen strategische Planungen, vor allem dann, wenn nicht mehr ganz so viele Chips auf dem Spielplan sind und die Ausgangsposition, von der aus mehrere Zielpunkte erreicht werden können, Bedeutung erhält. Ein Merkeffekt kommt bei Wegnahme von Chips mit hinzu. Ansätze für ein ordentliches Spiel sind vorhanden. Weniger gefällig sind die Grafik und die Probleme bei der Endabrechnung.
Wieland Herold
Titel: So ein Käse
Verlag: Goldsieber
Autor: Peter Neugebauer
Spieler: 2-4
Alter: ab 5
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: 15 Euro
Spiel 23/2003 R58/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Lehrer Peter Neugebauer tanzt im Spielebereich auf vielen Hochzeiten. Hauptsächlich ist er als Spielekritiker unterwegs, hat für die spielbox geschrieben und schreibt augenblicklich für die Fairplay.
Die Verlags- und Redaktionsseite hat er für den TM-Verlag mitgeprägt. Er war an der Gründung des TM-Verlags beteiligt und Teil des Teams, das Spiele für Goldsieber entwickelt und betreut hat. So ist er auch Teil des legendären Kara Ben Hering-Pseudonyms von 1995. Zusätzlich hat er selbst noch etwa 50 Spiele entwickelt. Sein erstes Spiel erschien 1987 bei Herder (OMNIBUS). Ausgezeichnet wurde nur PINGO PONGO (Noris, 2013 Empfehlungsliste Kinderspiele) .
Das Bild zeigt Neugebauer 1991 mit Alex Randolph und Hajo Bücken auf dem Autorentreffen in Göttingen.