Freitag, 23. April 2021
EXKLUSIV
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Exklusives taktisches Legespiel
Edel sei das Spiel, einfach und gut. So könnte der Leitspruch für fast alle Spiele von Niek Neuwahl lauten. In einer Minute erklärt, mit großer Spielspannung versehen und einem hohen ästhetischen Anspruch an das Spielmaterial. Das sind Spiele, die holt man nicht nur wegen ihrer intellektuellen Herausforderung hervor, sondern auch wegen der haptischen und optischen Reize.
Der in Florenz lebende Holländer Neuwahl liebt das Spiel mit geometrischen Formen. Durch äußerste Reduktion zur Perfektion gebracht hat er es in dem Holzinselspiel 1-STEIN & CO. (2003), wo er aus simplen identischen Quaderspielsteinen ein hochkomplexes Spiel entwickelt. 2005 bietet er mit dem Zweipersonenspiel EXKLUSIV eine etwas vertracktere Spielsteinform an. Ein spielplanfeldgroßes Quadrat ist mit einem rechtwinkligen Dreieck verbunden, dessen Hypotenuse sich über zwei Spielplanfelder erstreckt. Dieses an einen Pferdekopf erinnernde Gebilde ergibt beim Ablegen häufig Aussparungen, um die es letztlich in dem Spiel geht.
Auf dem quadratischen Spielfeld mit 9x9-Feldern versucht jeder Spieler maximal 16 dieser Spielsteine unterzubringen. Beachtet werden muss nur, dass die quadratischen Formen immer in einem Spielplanquadrat liegen und die neuen Steine Kontakt zu einem gelegten Stein besitzen müssen. Es wird abwechselnd gelegt, dabei versuchen die Spieler, Flächen, die von eigenen Steinen umschlossen sind, ohne dass ein gegnerischer Stein noch hineinpasst, zu bilden. Dafür gibt es Punkte, ganze Quadrate bringen zwei, halbe einen Punkt. Zur Abrechnung werden entsprechend der Punktwertung Zählsteine verwendet, die in die gewonnenen Felder gelegt werden. Sobald ein Spieler, nach schellen 10 bis 15 Minuten, keinen Stein mehr legen kann, endet das Spiel und es gewinnt derjenige, der die meisten Flächen für sich verbuchen konnte.
Auf dem Spielbrett von EXKLUSIV entwickelt sich in dieser Viertelstunde bei gleichwertigen Spielern meist ein spannendes Ringen um die Flächen mit knappen Spielausgang. Sollten die Spieler mehr für sich und weniger gegen den Mitspieler agieren, reichen die Zählsteine manchmal nicht aus, weil zu viele exklusive Flächen gewonnen werden. Bei der kurzen Spieldauer sollte man mindestens zwei Partien mit wechselndem Startspieler ansetzen. Die kurze, aber ausreichende Spielregel schlägt sogar Serien mit fünf und mehr Spielen vor. Für Liebhaber abstrakter Spiele sicherlich keine Zumutung, sondern eine Herausforderung, der man sich immer wieder gern stellt. Das Spielmaterial erfüllt die anfangs formulierten hohen Ansprüche, untergebracht ist es in einer gefalteten Wellpappenschachtel. Einzig die Regel könnte etwas edler daher kommen, denn der Preis ist auch exklusiv. Mit knapp 30 Euro bewegt sich das Spiel an der Schmerzgrenze.
Wieland Herold
Titel: EXKUSIV
Autor: Niek Neuwahl
Verlag: Rombol, Friedrich-List-Strasse 65, 33100 Paderborn (www.rombol.de)
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 14/2004 R69/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1944 im niederländischen Zoeterwoude geborene Nicolaas Neuwahl wollte und sollte als Architekt eigentlich einen eher sicheren Berufsweg einschlagen. Erst als er Mitte der 70er Jahre mit seiner italienischen Frau in die Nähe von Florenz zog, erfuhr er, nach dem Verkauf der schwiegerväterlichen Firma, einer Fabrik die Waagen herstellte, und seinem Eintritt in eine Geschenkartikelfirma, dass man spielend gutes Geld verdienen kann. Der auf Werbeprodukte spezialisierten Firma gelangen hervorragende Umsätze mit dem einfachen KLAPPENSPIEL, das er 1984 als SHUT THE BOX sogar als Lizenzausgabe bei MB unterbringen konnte.
Finanziell hat er das meiste Geld über Werbespiele verdient, wahrgenommen wurde er zuerst für die vielen Spiele bei Peri und seinen Erfolg mit AZTEC, später kam noch die Auszeichnung für TA YÜ (Kosmos, 1999) dazu und Würdigungen für TOSCANA (Piatnik, 2001).
Niek Neuwahl engagierte sich zusätzlich, um uneigennützig für die Verbreitung des Kulturguts Spiel und für Interessen der Spielautoren einzutreten. So hat er von Anfang an die Arbeit der Spielautoren Zunft (SAZ) wohlwollend begleitet und war von 1997 bis 1999 Vorsitzender der Zunft. Während dieser Tätigkeit konnte er besonders den internationalen Anspruch der SAZ betonen. In Italien unterstützte er als Juror die Arbeit des inzwischen auch über die italienischen Grenzen hinaus bekannten Autorenpreises „Premio Archimede“, der seit 1993 vergeben wird. Daneben gehört er mit zum Patronat der international bekannten „Board Game Studies“. 2004 erhielt er während des 23. Göttinger Spieleautorentreffens den Inno-Spatz für sein Lebenswerk.
Das Bild zeigt Niek Neuwahl auf dem Autorentreffen in Göttingen 2002.
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