Amigo schafft es von Zeit zu Zeit immer wieder, wie einst Karsten Adlung, große Spielideen in kleine Kartenspielschachteln zu verpacken. Dem österreichischen Autor Johannes Schmidauer-König ist das Spiel DIE PORTALE VON MOLTHAR zu verdanken. Nach VIENNA startet er richtig durch. In Essen waren mit CORNWALL und TEAM PLAY gleich zwei weitere Spiele von ihm auf der Neuheitenliste.
Mit DIE PORTALE VON MOLTHAR hat er eine Märchen- und Fantasywelt erschaffen, die Dennis Lohausen kongenial umgesetzt hat. Auf 54 Charakterkarten tummeln sich der gestiefelte Kater, Schneewittchen und natürlich ihre Zwerge, Tweedledee und Tweedledum, aber auch Hobbits, Golems, Phönixe und Drachen. Diese Karten gilt es zu sammeln, sie bringen Siegpunkte, Diamanten und teilweise Fähigkeiten, die einmalig oder dauerhaft genutzt werden können. Die Währung in dem Spiel sind Perlen in den Werten eins bis acht, mit denen allerdings nicht direkt bezahlt wird. Sie dienen der Bildung besonderer Kartenkombinationen, die die Charakterkarten fordern. Das können Pärchen sein, aber auch Drillinge oder Vierlinge, gerade oder ungerade Zahlen, bestimmte Summen oder Zahlenfolgen.
Der Ablauf des Aufbauspiels ist recht einfach. Drei Aktionen hat jeder zur Verfügung, damit können Perlen- und Charakterkarten aufgenommen werden. Die Perlenkarten kommen auf die Hand und sind bei Zugende auf fünf limitiert. Die Charakterkarten kommen ins eigene Spielerportal mit zwei Ablageplätzen. Von dort können sie in einer weiteren Aktion durch Ausspielen passender Perlenkarten aktiviert werden. Sie wandern damit in die Welt von Molthar und bringen nur hier Siegpunkte und Sonderfunktionen. Das Spiel endet, wenn einer der zwei bis fünf Spieler 12 Siegpunkte erreicht. Die Runde wird noch zu Ende gespielt und es folgt ergänzend eine weitere Schlussrunde. Dann wird überprüft, wer letztlich die meisten Punkte erreicht hat.
Der Reiz des Spiels ergibt sich durch die unterschiedlichen Möglichkeiten, auf das Ergebnis zuzusteuern. Da kann man gezielt auf die hohen Punktekarten mit drei bis sogar fünf Siegpunkten spielen. Die bringen zwar keine besonderen Aktionen, bis auf den teilweisen Gewinn von Diamantenkarten, es reichen aber schon vier Dreier-Karten aus, um das Spielende einzuläuten. Die Diamanten ergeben sich aus einer Doppelfunktion der Charakterkarten. Wer sie einsetzt, darf eine Perlenkarte um einen Punkt erhöhen. Andere spielen auf den Aufbau einer Kartenmaschine. Die kommt zwar ganz langsam in Gang, aber kann – falls das Spiel lang genug dauert – am Ende extrem Fahrt aufnehme. Dabei sind vor allem die meist nur einen oder sogar keinen Punkt bringenden Karten mit Dauerfunktion interessant. Dadurch stehen ständig bestimmte zusätzliche Perlenzahlen zur Verfügung, manche Karten besitzen auch Jokerfunktion für alle Perlenwerte.
Die Vernetzung macht DIE PORTALE VON MOLTHAR durchaus interessant für Vielspieler. Die Spieldauer von einer halben bis dreiviertel Stunde ist überschaubar. Auf die thematisch gelungene grafische Umsetzung habe ich oben schon verwiesen. Was in den Einstiegsrunden Probleme bereitet, sind die nicht automatisch eingängigen Sonderfähigkeiten der Charakterkarten, da muss dann doch häufiger auf die Spielregel zurückgegriffen werden. Im Grunde genommen bietet die Idee von Schmidauer-König aber nicht viel Neues, Kartensammeln auf bestimmte Kombinationen hin und eine Kartenmaschinerie aufbauen. Langfristige Planung ist besonders in großen Runden kaum möglich. Die Kartenauslage wechselt ständig, man reagiert auf das, was vorliegt und versucht das Beste daraus zu machen. Der Zufall lässt sich nur durch langfristige Sammelstrategie bekämpfen, bei der man allerdings nie weiß, ob der Atem überhaupt ausreicht. Das bringt durchaus Spannung in den Spielablauf, die letztliche Begeisterung hält sich aber in Grenzen. „Solides, ordentliches Spiel“, ist dann oft zu hören, mehr aber nicht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Die Portale von Molthar
Autor: Johannes Schmidauer-König
Verlag: Amigo
Spielerzahl: 2 – 5 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 10 Euro