Dienstag, 4. Mai 2021
KLUNKER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wieder auf dem Markt: KLUNKER
Die Ursprünge des Spiels liegen schon 11 Jahre zurück. Uwe Rosenberg war ein noch recht unbekannter Autor. Mit MARLOWE und TIMES, beide bei Salagames erschienen, konnte er die ersten beiden Veröffentlichungen vorweisen, mit Bohnen wurde er noch nicht in Verbindung gebracht. 1995 erfand Rosenberg das Spiel KLUNKER, immerhin zwei Jahre vor der Veröffentlichung seines Longsellers BOHNANZA. Zur Bewertung des Spiels sollte man das wissen, da es sehr oft als BOHNANZA-Derivat abgetan wird. Die Wurzeln beider Spiele sind identisch, insbesondere die Doppelfunktion von Spiel- und Geldkarten. Die Zeit für solche anspruchsvollen Kartenspiele war 1995 noch nicht reif, möglicher Weise hat der dann beginnende Siedler-Boom auch für komplexere Kartenspiele den Boden bereitet. 1997 erschien Rosenbergs BOHNANZA und zwei Jahre später erstmalig KLUNKER im Verlag Hans im Glück. Zwischen EL GRANDE (1997) und CARCASSONNE ging das Rosenberg-Spiel 1999 in Verlags-Flops wie WILLI, DOLCE VITA und T-REX unter. Dabei hat KLUNKER wirkliche Qualitäten und sollte zu den Kartenspielen gehören, die nicht vom Markt verschwinden.
Rosenberg hat mit seinem Verlag Lookout Games nun selbst dafür gesorgt, dass es diese Spielidee von ihm wieder gibt, ein berechtigter Anlass also, sich nach 7 Jahren wieder einmal mit dem Spiel zu beschäftigen.
Pretiosen in viel Geld zu verwandeln, darum geht es in dem Spiel Klunker an dem drei bis sechs Spieler teilnehmen können. Dafür gibt es für jeden eine Geldkarte als Startkapital, bei fünf oder sechs Spielern sogar drei bzw. fünf Karten, außerdem erhält jeder sechs von den 97 Klunker-Karten auf die Hand, die jetzt aber nicht als Geldkarten fungieren, sondern ihre Aufgabe als Edelsteine erfüllen. Insgesamt gibt es sieben Sorten in unterschiedlicher Verteilung zwischen 12 und 15 Karten. Neben den ausgelegten Geldkarten hat jeder Spieler eine Schaufensterkarte liegen, für dessen Auslage er in der ersten Spielphase verantwortlich ist. Mit mindestens einem Edelstein muss das Schaufenster bestückt werden, es dürfen aber auch mehr sein. Nach dieser Dekorationsphase werden Edelstein in einem fiktiven Tresor neben dem Schaufenster gebunkert. Das geschieht streng limitiert immer der Reihe nach mit jeweils einem Edelstein. Dabei gilt: Spieler dürfen Edelsteine in den Tresor liegen, müssen dies aber nicht tun. Sobald ein Spieler in dieser Phase aussteigt, erhält er die erste Kaufkarte, die ihm das erste Zugriffsrecht in der dritten, der so genannten Kaufphase gibt. Bei der Ablage in den Tresor, ist zu beachten, dass man sich auf möglichst wenige Edelsteinsorten beschränkt, denn die Klunker werden immer dann zu Geld, wenn vier Karten einer Sorte gesammelt sind. Der Geldwert hängt davon ab, wie viele Edelsteinsorten noch im Tresor liegen. Ist es keine weitere Sorte, wandelt der Spieler alle vier Edelsteinkarten in Geldkarten um, jede weitere ausliegende Sorte verringert die Geldkartenzahl um eins. Eine Geldkarte erhält man aber immer.
In der Kaufphase muss in der Regel ein Edelsteinkauf bei den Mitspielern oder aus der eigenen Auslage erfolgen. Die eigenen Pretiosen kosten nichts, die anderen nur eine Geldkarte. Das Problem dabei ist, dass auch diese Karten sofort in den Tresor gepackt werden müssen, wo sie evtl. gleich in Geld verwandelt werden können oder auch nur die Sorten ergänzen. Nach dieser Phase müssen im Spiel zu fünft und zu sechst Luxussteuern bezahlt werden (ein bzw. zwei Karten), alle nicht in Geld umgewandelten Karten und die Steuern werden in den Zugstapel gemischt und jeder Spieler erhält erneut sechs Handkarten. Wenn diese Bedingung nicht mehr erfüllt werden kann, endet das Spiel und der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt.
Rosenberg gelingt mit KLUNKER eine raffinierte Verzahnung der unterschiedlichen Phasen. Das geht mit der Auslage los: Wie wertvoll oder auch wertlos darf sie sein? Sollte es eine Vorlage für den eigenen Tresor werden? In der Tresorphase gilt es im Blick zu behalten, was man, wenn man lange auslegt, möglicher Weise aufnehmen muss. Hier gilt es vorzubauen oder dann doch lieber einen vorzeitigen Ausstieg zu wählen, denn die Reihenfolge in der Kaufphase ist oft spielentscheidend. Klunker ist eine spielerische Herausforderung, bietet Spielspannung und Spielspaß. Was für mich als Kritik bleibt, ist die grafische Umsetzung des Spiels. Der Hans im Glück-Fassung warf man damals Blässe vor, die Geschmeide gingen in den blassen Grafiken fast unter. Clarissa Schindler, die die grafische Verantwortung für die Lookout-Fassung trägt, kann man eine blasse Gestaltung wahrlich nicht zum Vorwurf machen. Das Ganze hat aber leider auch nichts mehr Geschmeidiges, sondern weckt fotografische Erinnerungen an Kieselsteine im Flussbett. Ein optischer Anreiz, um solche groben Klunker feilschen zu wollen, kann so nicht von dem Spiel ausgehen. Schade, es bleibt ein tolles Spiel, das nun hoffentlich nicht mehr in der Versenkung verschwindet, für das ich mir aber eine adäquatere grafische Umsetzung wünschte.
Titel: KLUNKER
Autor: Uwe Rosenberg
Grafik: Clarissa Schindler
Verlag: Lookout Games
Spieler: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 8 €
Für Besitzer der Hans im Glück-Fassung die Unterschiede:
Die Kartenverteilung ist leicht verändert worden. Von den 94 Karten des ersten Spiels hatten sechs Edelsteine je 14 Karten, vom Löwenhalsband gab es 10 Karten. Die Sonderregel, dass die Löwenhalsbandkarten immer alle gewertet werden, sofern es vier waren, entfällt. Wer diese Regel auf die Neufassung (97 Karten) übertragen möchte, sollte die Bernstein-Karten dazu nehmen, davon gibt es 12.
Im Spiel zu dritt und zu viert gibt es grundsätzlich keine echten Regeländerungen, wenn man von unterschiedlichen Kartenauslagen absieht. An der überarbeiteten Fassung können aber 6 statt 5 Spieler teilnehmen, deshalb hat der Autor auch die Luxussteuer-Regel eingeführt, da das Spiel sonst zu schnell zu Ende ginge.
Spiel 13/2005 R75/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seinen ersten Erfolg fuhr Rosenberg als junger Autor mit dem zweiten Platz für MILLENIUM 1991 im Hippodice Wettbewerb ein. Das Spiel erschien unter der Ägide von Peter Gehrmann 1992 als TIMES bei Salagames. Dort veröffentlichte der Redaktionsleiter außerdem noch die Idee MARLOWE von Uwe Rosenberg. Danach ergab sich die ertragreiche Kooperation mit Amigo.
BOHNANZA (1997) war dann sein erster ganz großer Erfolg, das Spiel landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Es gewann den À la Carte-Preis der Fairplay 1997 und erreichte den fünften Platz beim Deutschen Spielepreis.
Der auch internationale Siegeszug setzte sich aber erst danach in Gang. Seit 23 Jahren schon liefert Amigo Gartenbohnen, Saubohnen und auch die ein oder andere Blaue Bohne in unendlich vielen gelben Schachteln aus. Keiner hat mehr so den rechten Überblick, was da alles in rosenbergscher Gartenerde inzwischen herangezüchtet wurde. Das klassische Saatgut wurde vielfach gemendelt und gegendert, musste sich gegen die Bohnenmafia wehren, trat Seereisen an, gelangte in den Wilden Westen und kämpfte sich in BOHNRÖSCHEN durch Rankenwerke.
Nach seinem Studium der Statistik gründete Uwe Rosenberg 2000 zusammen mit Hanno Girke und Marcel-André Casasola Merke den Lookout Spieleverlag. Er behielt aber im Gegensatz zu Klaus Teuber, der sich an Kosmos band, seine Unabhängigkeit und veröffentlichte weiter Spiele bei vielen Verlagen, so das Zweipersonenspiel BABEL 2001 bei Kosmos oder 2004 YELLOWSTONE PARK bei Amigo.
Die großen Erfolge mit komplexen Aufbauspielen wie in AGRICOLA gönnte er aber Lookout Games.
Auch in der Folgezeit unterstützte er Neugründungen von Verlagen, so Feuerland und die Edition Spielwiese. Ganz aktuell hat er auch die Wyrmgold GmbH mit angeschoben und dem jungen Verlag ROBIN VON LOCKSLEY spendiert.
Für die Ausgabe von KLUNKER bei Hans im Glück reichte immerhin zum 8. Platz beim à la Carte der Fairplay.
Auf dem Bild ist der 29jährige Uwe Rosenberg 1999 in Essen mit seinem damaligen Gesamtprogramm zu sehen. In der Mitte vorn liegt die erste Fassung von KLUNKER.
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