Da hat Thorsten Gimmler, Redakteur bei Schmidt Spiele, spieltiteltechnisch einen Volltreffer gelandet. Was einst akademisch klang, kommt eingängig eingedeutscht als HOLDE ISOLDE daher. Vor einem Jahr hieß diese Erstveröffentlichung des französischen Informatikers Nicolas Poncin noch MEDIEVAL ACADEMY und war das erste Spiel des Verlags Blue Cocker aus Toulouse. In der deutschen Fassung sind die zwei bis fünf Recken schon ausgebildete Ritter und messen sich in allem, was die Ritterehre so erfordert. Sie treten zum Lanzenstechen und Turnierkampf an, suchen den Gral, huldigen dem König, studieren fleißig und üben sich in Barmherzigkeit. Immer wieder himmeln sie aber DIE HOLDE ISOLDE an und die dankt es ihnen mit besonders spielentscheidenden Gaben.
Alle Fehden um die Ritterehre werden auf eigenen Spielbrettern ausgetragen, auf denen sich Lauffelder befinden, die für positive Wertungen vordere Positionen erfordern. Der ritterliche Kampf währt sechs Runden, wobei einige Disziplinen wie der klassische Turnierkampf und das Lanzenstechen, aber auch die Studien und die Huldigung Isoldes Runde für Runde ausgewertet werden. Nur in der letzten Runde werden die Barmherzigkeitstafel und der heilige Gral gewertet, das gilt auch für die Königswertung, die es aber zusätzlich noch einmal in der dritten Runde gibt. Diese Runde bringt allen bis auf die Gralssuche und Barmherzigkeit zusätzlich ein „zurück zum Start“, sodass erworbene Fortschritte wieder verloren gehen.
Gesteuert wird DIE HOLDE ISOLDE über ein ganz einfaches Drafting-System. Von insgesamt 52 Spielkarten, die alle farblich und ikonographisch einem Spielbrett zugeordnet sind, erhält jeder Recke fünf Handkarten, die je nach Runde rechts oder links weitergeschoben werden, bis jeder wieder fünf zur Verfügung hat. Die Karten bewirken ein Voranschreiten der Ritter von zwei bis fünf Feldern auf den Einsatztafeln. Von den fünf Karten werden bis auf eine alle ausgespielt und schon ist eine Runde vorbei. Viel einfacher geht es wirklich nicht und trotzdem schafft es Nicolas Poncin hohe Interaktion und enorme Spielspannung aufzubauen.
Das hängt mit der Reihenfolge der Wertungen und auch der langfristigen Planung zusammen. DIE HOLDE ISOLDE wird stets als erste betrachtet. Wer hier vorne liegt, darf seinen Spielstein auf einem beliebigen anderen Einsatzort drei Felder voranbringen, auch der zweite und im Spiel zu viert und zu fünft der dritte Platz wird noch belohnt. Beim Lanzenstechen und Turnierkampf, für die es im Übrigen identische Karten gibt, werden entsprechend ein bis drei Siegpunkte verteilt. Analog dazu wird die Gralssuche am Ende ausgewertet, bringt aber bis zu 17 Siegpunkte auf einen Schlag. Wer nicht genug studiert, erhält ein oder drei Minuspunkte und wer die Almosen für die Bedürftigen vergessen hat, kann in der sechsten Runde sogar zehn Minuspunkte kassieren. Die Huldigung des Königs wird je nach Standposition auf seiner Leiste abgerechnet. Wer sechs Felder vorankommt, erhält auch sechs Siegpunkte, bei 12 Feldern gibt es entsprechend 12 Punkte. Es gibt keine Siegpunktleiste, sodass sich niemand auf im Augenblick Führende einschießen kann. Die Punktbilanz wird über kleine Schilde abgerechnet, über die man spätestens nach der zweiten Runde den Überblick verloren hat.
Ein rundum gelungenes Spielvergnügen für die ganze Familie, aber auch für Vielspieler. Schmidt hat gut daran getan, die Originalgrafik von Pierre Lechevalier alias Pierô zu übernehmen. Das Material ist bis auf die fitzlig kleinen Wappenchips gut. Zusätzlich bietet der Verlag unendlich viele Erweiterungen unterschiedlicher Qualität an. Ob das so sinnvoll ist, da gehen die Meinungen auseinander. Beim Turnier um den roten Pöppel 2016 könnte dieser scheinbare Vorteil, für die holde Maid zum Nachteil werden. Gäbe es nur das Grundspiel, müssten sich die Konkurrenten ganz schön anstrengen DIE HOLDE ISOLDE auszustechen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: Die Holde Isolde
Autor: Nicolas Poncin
Verlag: Schmidt Spiele
Spielerzahl: 2 – 5 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro