Dienstag, 18. Mai 2021
KONTOR
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
KONTOR
Michael Schacht ist kein ganz unbekannter Spieleautor mehr. Seit Anfang der 90er Jahre reicht er seine Ideen schon beim Hippodice Autorenwettbewerb ein, erste Erfolge kann er dadurch vorweisen, er befindet sich nun auf dem Sprung in die CHARTS (Piatnik, 1996) und so richtig echt ist er ihm mit dem Siegertitel des letzten Jahres, KONTOR, gelungen. Goldsieber sicherte sich die Rechte und hat Schachts Idee nur ein Jahr später veröffentlicht und dem jungen Autor aus Frankfurt damit gleich seine erste Platzierung auf der Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres eingebracht.
Was hat den Juroren, beim Hippodice-Wettbewerb sind es Redakteure aller renommierten Spieleverlage, bei der Jury Spiel des Jahres Spielejournalisten, so an dem Spiel gefallen, dass sie es jeweils würdigten?
KONTOR ist ein raffiniertes taktisches Legespiel, eingebunden in ein Wirtschaftsthema. Zwei holländische Kaufleute ringen im 17. Jahrhundert um die Monopole des Tee-, Gewürz- und Weinhandels. Schacht verzichtet auf einen Spielplan, er entsteht erst allmählich durch Anlegen von Hafenkarten, von denen die beiden Kontrahenten jeweils 22 besitzen, drei davon stehen stets auf der Hand zur Verfügung. Das Grundraster wird durch ein Wasserkartenkreuz gebildet, das ebenfalls erweitert werden kann. Dafür bekommt jeder zwei weitere Wasserkarten. Mit etwas Geld und fünf Lagerverwaltern starten die Spieler in die Auseinandersetzung.
Verdeckt spielt jeder eine seiner fünf Handkarten aus. Die Höhe der Kartenzahl bestimmt den Startspieler, der seine Karte in das Raster anlegt. Das Ausgangsraster ergibt ein 5x5 Kreuz, am Ende wird das Spielfeld aber 6x6 Felder umfassen. Wird eine Hafenkarte gelegt, kommen auf die dort sichtbaren Waren entsprechende Lagerhäuser. Die Zuordnung ergibt sich aus der Zahlenfarbe. Wird das Gebiet durch Anlegen erweitert, kommen weitere Lagerhäuser in dieses Zentrallager. Dadurch lassen sich Mehrheitsverhältnisse immer ganz leicht ablesen. Sobald ein Gebiet abgeschlossen ist und nicht mehr erweitert werden kann, wird es gewertet. Das Gebiet gewinnt der Spieler, der den größten Warenvorteil besitzt, das heißt den größten Abstand von Waren einer Sorte zum Gegner. Der Gewinner platziert dann dort einen seiner Lagerverwalter. Oft sind die Spieler in einem Gebiet gleich stark, dann gewinnt der, der in mehr Sorten vorne liegt. Gibt es hier ebenfalls einen Gleichstand, entscheidet der Warenwert, Wein ist dabei wertvoller als Gewürze und Tee.
Sobald 36 Karten gelegt sind, endet das Spiel, der Spieler mit den meisten Lagerverwaltern auf dem Plan gewinnt. Neben dem Grundspiel gibt es eine Erweiterung für ein 7x7- Raster. Die Gebietswertung verläuft wie im Grundspiel, allerdings zählen am Ende nur die fünf größten Gebiete , so dass man mit leicht zu bildenden Einer-Gebieten nicht wirklich punkten kann. Mit einem Kontrollschiff der Amsterdamer Behörden, lassen sich nun Hafenkarten entfernen, dazu muss man eine Karte mit Schiffssymbol spielen. Angegriffen werden dürfen aber nur direkt zum Wasser benachbarte Karten, die ebenfalls ein Schiffssymbol besitzen. Schon abgerechnete Gebiete sind natürlich tabu. Regeln zu viert lassen auch ein Teamspiel zu, vom Kern her bleibt KONTOR aber ein Duell.
KONTOR ist ein spannendes Legespiel, dem Michael Schacht mehr als ein Dutzend Erweiterungsszenarien spendiert. Mir gefällt es am besten als Duell gegen einen gleichwertigen Gegner. Goldsieber hat das Spiel ansprechend umgesetzt, grafisch hat es Franz Vohwinkel gestaltet. Michael Schachts Spiel ist zurecht auf der Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres gelandet.
Titel: KONTOR
Autor: Michael Schacht
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: Goldsieber
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 30-60 Minuten
Preis: ca. 23.- DM
Spiel 22/1999 R79/2021
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO. Auch KONTOR spendierte Schacht in seinem Verlag einige Erweiterungen, so die Ereigniskarten und Aktionstafeln, zusätzlich eine spezielle Erweiterung für drei und vier Einzelspieler.
Das Bild zeigt den Autor 1998 beim Hippodice Wettbewerb.
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