
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Geldregen: MONEY MONSUN
Der große Skaispielplan erinnert an alte Perlhuhn-Zeiten: Eine schwarz-weiß-Grafik, die man am liebsten einrahmen möchte, gewichtiges Spielmaterial aus Holz - mit den großen Pöppeln hat die Edition Perlhuhn Spielgeschichte geschrieben - und eine überschaubare Regel. Auf einer Seite alles im Blick, das ist und war ein Markenzeichen von Reinhold Wittig.
MONEY MONSUN heißt die interessante Neuheit des Göttinger Spieleautors, der uns ein raffiniertes Versteigerungsspiel für vier bis sechs Spieler ab zehn Jahren anbietet. Zwei Spielfiguren führt jeder Spieler über eine Laufbahn von 25 Feldern. Für das Vorwärtskommen wird reihum der Würfelwurf eines achtseitigen Würfels versteigert. Hier hat sich Wittig einen pfiffigen Mechanismus einfallen lassen, der die Basis für einen Wettlauf ums Geld darstellt. Ausgestattet mit 400 Punkten, viel Holz im übrigen, muss jeder abwägen, was ihm das Vorankommen wert ist. Für den Zieleinlauf gibt es für den ersten Spieler 500 Punkte, der „warme Regen“ am Ende, der dem Spiel zum Titel verhalf, auch der Silber- und Bronzeplatz wird noch mit 300 bzw. 150 Punkten honoriert. Die Zugewinnmöglichkeiten während des Spielverlaufs sind auch nicht zu verachten. So erhält der Versteigerer des Würfelwurfs, wenn er nicht selbst den Zuschlag erhält, das Geld vom Gewinner. Das ist aber nicht die Summe, die er geboten hat, bezahlt wird nur das zweithöchste Gebot. Dafür legen alle Spieler, nachdem das Wurfergebnis feststeht, geheim ihr Gebot schriftlich fest. Der Wert eines Wurfs hängt von vielen Faktoren ab, es geht dabei nicht nur darum, endlich dem „warmen Regen“ ausgesetzt zu sein. Wer mit einem ersteigerten Wurf zu einer anderen Figur ziehen kann, wird dort mit 50 Punkten belohnt. Dafür darf man sogar zurückgehen. Spannend wird es vor allem bei der „verflixten Sieben“. Dieser Wurf darf auf beliebige Einzelschritte beider Spielfiguren verteilt werden. Er ist vor allem in der Anfangsphase eine äußerst lukrative Einnahmequelle, die locker 200 und mehr Punkte einbringen kann. Spannend geht es auch bei der Versteigerung einer gewürfelten 8 zu. Hier kann es sich auszahlen, wenig zu bieten. Denn die Zugweite wird zwischen dem Gewinner und Verlierer der Versteigerung aufgeteilt. Nur in diesem Fall kann der Versteigerer gleichzeitig kassieren und vorwärts gehen.
Die richtige Taktik für MONEY MONSUN ist schwer zu finden. Sie hängt ganz stark davon ab, wie investitionsfreudig die jeweilige Spielrunde ist. Wer nur über Einnahmen bei der Versteigerung sein Glück machen will, wird meist über die „Besuchsregelung“ abkassiert. Eine gesunde Mischung aus Vorpreschen einer Figur, die etwas oder möglichst das Meiste vom „warmen Regen“ am Ende abbekommt, und Verbleiben der anderen Figur im Hauptfeld, die die Drohgebärde des Abkassierens aufrecht erhält, führt oft zum Spielsieg. Entscheidend bleibt dabei aber immer der richtige Riecher bei der geheimen Versteigerung.
Klasse Spiel mit schönen neuen Elementen, tolles Spielmaterial, wobei der Skaiplan auch ruhig an der Wand landen kann, da der Spielplan nur Laufbahnfunktion hat. Mit den Mühlsteinen, die Geldaufgaben übernehmen, lässt sich schnell ein 25er-Kurs als Spielplanersatz auslegen, so dass Sie nicht nur ein tolles Spiel erwerben, sondern gleichzeitig eine eindrucksvolle Grafik von Wolfgang Friedrich. Dafür ist dann der Preis von 35 Euro mehr als angemessen.
Titel: MONEY MONSUN
Autor: Reinhold Wittig
Grafik: Wolfgang Friedrich
Verlag: Edition Perlhuhn
Spieler: 4 bis 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 16/2004 R82/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 84jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
1990 landete er mit DINO, damals noch von Hexagames auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel.
Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit vorletztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. 2020 wurde Wittig in die Hall of Fame des Origins Award aufgenommen.
Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 2007.