
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DOG lässt grüßen: TAC
Wieder einmal tritt ein Kleinverlag großspurig auf, wieder einmal ist ein „neuer Klassiker“ erfunden worden. Diesmal sind es Kolja Sparrer (32) und Karl Wenning (56), die die Spielwelt verändern wollen und die dafür den Verlag Flowers of Life Publishing Company gegründet haben. Ihr Spiel heißt weniger aufwändig ganz einfach TAC, ist dafür aber äußerst hochwertig umgesetzt worden und wird entsprechend teuer verkauft. Für alle die immer noch in DM umrechnen, mehr als ein alter Blauer muss es schon sein.
Wofür der ganze Aufwand? Im Grunde genommen ist TAC ein exorbitant teures MENSCH ÄRGER DICH NICHT. Es gibt eine Laufbahn, es gibt vier Zielfelder, es darf hinausgeworfen werden, alles ist bekannt. Erstmalig stutzen wir aber bei der Betrachtung des Spiels. Nicht weil die Holzpöppel durch Glaskugeln ersetzt sind, die sich auf den Vertiefungen des großen Holzspielbretts fortbewegen. Das gehört zum Ambiente, zum teuren Schein. Nein, wir stutzen, weil es keine Würfel gibt, der wichtige Bewegungsmotor fehlt. TAC bietet 104 eigens gestaltete Spielkarten zur Steuerung an. Ein Blick in die Regel zeigt, dass es noch einen weiteren wichtigen Unterschied zum klassischen Vorbild gibt. TAC ist ideal für vier Spieler und damit ein Teamspiel, in dem die Mannschaft gewinnt, die zuerst ihre acht Kugeln nach Hause bringt.
TAC wird in Runden gespielt, in denen den Spielern anfangs immer fünf Karten zur Verfügung stehen. Der Würfel-Sechs zum Einspielen entsprechen die Eröffnungskarten 1 und 13. Zu Spielbeginn wird geklärt, ob jemand rauskommen kann. Da danach immer eine Karte mit dem Partner getauscht wird, kann man dem Kompagnon hilfreich unter die Arme greifen. Wer nicht setzen kann, muss eine Karte abwerfen. Gezogen wird im Uhrzeigersinn, die Kartenziffer gibt in der Regel die Zugweite vor. Kugeln (auch eigene) dürfen aber nicht überholt werden, sie dürfen nur durch Schlagen überwunden werden. Spielentscheidend sind die Sonderkarten. So muss man mit der Karte 4 rückwärts ziehen. Idealer lässt sich die große Runde bis zu den Zielfeldern nicht verkürzen. Nach dem Einspielen mit der „4“ rückwärts ziehen und dann mit mindestens einer „5“ ins sichere Haus. Große Vorteile bringt auch die „7“, die in beliebige Einzelschritte zerlegt und auf verschiedene Kugeln verteilt werden darf. Mit der „8“ darf man acht Schritte gehen, aber auch den nachfolgenden Spieler aussetzen lassen. Zwei weitere Sonderkarten „Trickser“ und „Tac“ stiften zusätzlich Verwirrung oder, wenn wir es positiv formulieren, unterstützen die Spieltaktik. Mit der Trickser-Karte werden Positionen von zwei Kugeln im Kreis vertauscht. Die Tac-Karte ist besonders stark, mit ihr macht man den vorangegangenen Zug des Gegners rückgängig und nutzt ihn für eigene Zwecke, auch so kann man ohne „1“ oder „13“ ins Spiel kommen. In einer Meisterversion stiften Narr, Krieger, Engel und Teufel zusätzlich Verwirrung. Sobald ein Spieler seine vier Kugeln im Ziel hat, ist er nicht aus dem Spiel, sondern unterstützt seinen Partner, bis eine Mannschaft alle acht Kugeln untergebracht hat.
Das kartengesteuerte MENSCH ÄRGERE DICH NICHT hat unbestritten Reiz. Der Teamgedanke ist pfiffig, die taktischen Möglichkeiten durch die vielen Sonderkarten sind vielfältig. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass ein solches Spiel keine originäre Erfindung der beiden „Autoren“ ist. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gibt Kolja Sparrer seine angebliche Quelle bekannt. Er habe das Spiel „vor 15 Jahren über einen Freund aus den Pyrenäen kennen gelernt“, dort heiße es TOC, seinen Ursprung habe es entweder in Kanada oder Frankreich. Nun ja, sehr wahrscheinlich stammt es aus Nordamerika, in Insiderkreisen ist seit Jahren das von Wolfgang Wichmann produzierte allerdings nicht mehr erhältliche DOG bekannt, das ganz ähnlich funktioniert.
TAC ist letztlich eine weitere spannende Variante des Klassikers, die sich vor allem durch die TAC-Karte und die weiteren vier Sonderkarten von DOG unterscheidet. TAC kommt außerdem viel edler daher. Der hohe Materialaufwand liefert ein Spielbrettambiente, das Spielcasinoatmosphäre aufkommen lässt. Klar, das hat seinen Preis, aber der scheint für den gebotenen Gegenwert durchaus angemessen. Mich persönlich stören allerdings die Firmen-Flowers, die „Blumen des Lebens“, Mandalas, die alles überlagern und für ein wenig Unklarheit auf dem Spielbrett sorgen. Das Regelwerk ist umfangreich, man kann auch sagen umständlich angelegt. Die beiden Autoren haben ein Faible für Merksprüche, die angeblich hilfreich sein sollen. Merke also: „Wer kann – der muss!“ – wer es sich leisten kann, müsste sich TAC schon zulegen, ein vorzeigbares Objekt in jeder Spielesammlung.
Titel: TAC
Autoren: Kolja Sparrer und Karl Wenning
Grafik: Gondor Kommunikationsdesign Gbr
Verlag: Flower of Life Publishing Company
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 59 Euro
Spiel 22/2004 R92/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Kolja Sparrer und Karl Wenning haben nur dieses Spiel veröffentlicht. Die Rechte für ihre Idee hatte dann eine zeitlang der Giseh Verlag. Im Augenblick vertreibt Karl Wenning das Spiel aber weiter, in dem eigens gegründeten Tac Verlag, der seinen Sitz in Aichach hat.
Auf dessen Seite sind die wichtigsten biographischen Daten der beiden Autoren festgehalten:
„Kolja Sparrer wurde als Sohn eines Arztes und einer Architektin am 15.01.1973 in München geboren. Als Grundschüler besuchte er die Integrationsklasse an der Montessori-Schule, an welche er nach dem Abitur im Jahr 1992 als Zivildienstleistender zurückkehrte. Danach folgten eine zweijährige Schreinerlehre in München und ein abgeschlossenes Architekturstudium an der TU München. Seit 2002 arbeitet Kolja Sparrer als freiberuflicher Architekt. Zur Herausgabe von TAC® gründete er im Januar 2004 gemeinsam mit Karl Wenning den TAC Verlag.
Karl Wenning wurde am 16.8.1949 in Dachau geboren. Nach dem Abitur studierte er Sozialpädagogik und danach folgte eine dreijährige Schauspielausbildung in München. Dem Abschluss beider Studienfächer folgte eine zwanzigjährige Theatertätigkeit im Bereich Kinder-, Jugend- und Erwachsenentheater in Zusammenarbeit mit F.J.Bogner - Regisseur, Autor, Clown und Kabarettist. Ab 1995 arbeitete er als Dozent in der Schule für Heilerziehungspflege Schönbrunn und in der Betreuung psychisch kranker Menschen. Seit 2004 ist Karl Wenning Geschäftsführer des TAC Verlags.“
Die Flower of Life Publishing Company findet hier gar keine Erwähnung mehr. Wie 2004 wird das Spiel auch heute noch in Deutschland hergestellt.