
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schnelles Ende: BIG KINI
Mit dem pazifischen Atom-Atoll hat das erste Spiel des Spieleversenders Playme nicht nur den Buchstaben „g“ nicht gemeinsam, BIG KINI ist zwar auch eine Insellandschaft im Nirgendwo, aber noch unverseucht, das Richtige für Aussteiger, wenn nicht dieser ewige Konkurrenzkampf wäre.
Zwei bis vier Spieler – mit einer Erweiterung auch sechs – tummeln sich in der anfangs noch fast unerschlossenen Inselwelt von BIG KINI. Sechseckige Inselplättchen werden verdeckt ausgelegt, abhängig von der Spielerzahl. Heimatatolle werden ausgesucht und auf bestimmten Plätzen offen platziert. Die Inselwelten bestehen immer aus drei Inseln, die mit Aktionen in den folgenden Spielrunden korrespondieren. Da gibt es stets eine Hafeninsel, von der aus neue Inseln besiedelt werden können, dann können Inseln mit geldbringenden Tabakfabriken im Atoll sein, außerdem muss etwas für die Vermehrung der Insulaner getan werden, dafür ist eine lauschige Siedlungsinsel vorhanden und schließlich gibt es Inseln, auf denen drei unterschiedliche Waren ins Spiel kommen. Überall dort, wo Menschen zusammen kommen, gibt es Posten zu vergeben. Das lassen sich auch gesellschaftliche Aussteiger nicht nehmen, so besitzen Inseln im Atoll Verwalter, Riff-Minister sind schon für zwei Inseln zuständig, schließlich darf der Baron alle Möglichkeiten seines Atolls nutzen.
Jeder Spieler markiert mit kleinen Holzsteinen schon einmal zwei Pöstchen auf seiner Insel, der Bucht-Baron darf es aber noch nicht sein. Gesteuert wird das Spiel über ein Aktions-Tableau, das gleichzeitig als Rundenanzeiger dient. Reihum legen die Spieler ihre beiden Aktionsmarker auf dem Tableau ab. Agiert wird sofort, zur Auswahl stehen sechs verschiedene Aktionen. Besitzt ein Spieler durch Verwalter, Minister oder Baron Einfluss auf eine Siedlung, kann er durch die Aktion Vermehrung neue Steine ins Spiel bringen. Mittels der Aktion Bewegung können Spielsteine innerhalb des Atolls kostenfrei gezogen werden, kostenpflichtig ist das Insel-Hopping je nach Weite, gesteuert durch die Reichweite der Häfen. Wer Geld benötigt, kassiert in einer seiner Tabakfabriken. Da am Anfang das Amt des Barons nicht vergeben wurde, kann man über eine Wahl-Aktion an diesen Posten gelangen. Nur ein Verwalter oder Minister kommt für die höhere Aufgabe in Frage und es müssen schon mindestens zwei Bewohner auf der Insel sein. Vor der Wahl darf verhandelt werden, dabei sind alle Mittel Recht, Waren, Geld oder Versprechungen dürfen eingesetzt werden. Gibt es schon einen Baron in dem Atoll, hat der stets zwei Stimmen, alle anderen sind stimmenmäßig einfache Insulaner. Da jedem Baron eine bestimmte Warensorte zugeordnet ist, dürfen auch diese zur Abstimmung eingesetzt werden. Der Sieger der Abstimmung kommt auf das Feld des Bucht-Barons, falls es einen abgewählten Baron gibt, muss der sich ein freies Plätzchen auf der Insel suchen. Die Waren sind nicht nur bei der Wahl von Bedeutung, sie bringen auch in Dreierkombination am Ende Siegpunkte. Über die Aktion Ware nehmen kommen die Spieler an die Waren heran. Da am Anfang jeder nur seine Ausgangsinsel hat, gilt es natürlich, die unbekannten Inselwelten zu entdecken. Insofern ist die Aktion Entdeckung von besonderer Bedeutung, zumal es stets zwei Siegpunkte gibt. Das Entdecken kostet allerdings 5 Bay Barons, die gültige Währung in BIG KINI. Mit einer 7er oder 6er Tabakfabrik sind diese Kosten locker zu tragen. Auf dem Aktions-Tableau ist noch zu beachten, dass das erste Feld jeweils eine Doppelaktion ermöglicht, das zweite die gleiche Aktion nur einfach und das dritte ebenfalls eine einfache Aktion, allerdings kostenpflichtig. Haben alle Spieler zweimal ihre Aktionssteine platziert, ist eine Runde beendet. Der Startspieler wechselt und der Rundenzeiger wandert ein Feld weiter. Das geschieht maximal zwölf Mal, kann aber auch schon vorher beendet sein, dann nämlich, wenn alle Inseln entdeckt sind.
Gewonnen hat der Spieler, der die meisten Siegpunkte hat. Zu den schon vorher eingesammelten Entdeckungspunkten bringen Bucht-Barone am Ende immerhin 5 Siegpunkte, Minister zwei Punkte und Verwalter einen Siegpunkt. Für drei verschiedene Waren gibt es drei Punkte, auch Geld zahlt sich am Ende aus, es müssen aber schon 8 Ray Barons sein, die mit einem Punkt verrechnet werden. Das Ende tritt erstaunlich schnell bei BIG KINI ein, für viele Spieler fast zu schnell. Eine Entdeckungsrunde ist meist schon nach knapp einer Stunde vorüber.
BIG KINI gesellt sich zu den vielen Mehrheitenspielen der letzten Jahre. Das Thema ist zwar aufgesetzt, an den Haaren herbeigezogen, die Grafik versucht eher krampfhaft Witz ins Spiel zu bringen, aber sonst ist vieles stimmig. Guido Eckhof erweist sich als profunder Kenner der Materie, die Macher von PlayMe zeigen sich als solide Handwerker. Das Spielmaterial ist ansprechend, die vierseitige Spielregel vermittelt einen ordentlichen Einstieg. Das Spiel selbst bietet vielfältige Optionen, Entscheidungszwänge, in Ansätzen auch kommunikatives Miteinander. Die unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten sind gut vernetzt, die Beschränkung auf zwei Aktivitäten bringt den reizvollen Mangel, den Druck ins Spiel. Brauche ich neue Leute oder doch Geld? Lohnen sich die Waren überhaupt? Schaffe ich noch eine Entdeckung? Denn Entdecken zählt, schafft neue Arbeitsplätze und bringt Punkte. Genau hier hakt das Spiel aber auch, es endet ja nicht einfach nach der 12. Runde, sondern dann, wenn alle Inseln aufgedeckt sind. Und das kann ganz schnell der Fall sein. Theoretisch kann ein Spiel zu viert schon nach der dritten Runde beendet sein, praktisch habe ich die meisten Partien erlebt, die gerade einmal auf die doppelte manchmal auch dreifache Rundenzahl gekommen sind. So kann sich das Spiel natürlich nicht entfalten, ein großer Kampf um die Positionen der Inselbosse findet nicht statt, das Potential des Spiels wird nicht spürbar.
Das regeln wir schon, sagen die Experten von PlayMe und bieten im Internet Verbesserungen an: Sinnvoll sind natürlich 12 Pflichtrunden, die dann wirklich Interaktion ins Spiel bringen, sinnvoll erscheint auch die Verteuerung der Entdeckungsphase. Bei Kosten von 7 Ray Barons kann man nicht ohne Geldeinnahmen schon in der ersten Runde die Inselwelt erweitern. Auf seiner Homepage bietet der Verlag auch eine Solovariante an und Hinweise für das Spiel mit Aktionskarten, die in einem Erweiterungsset für 5 und 6 Spieler enthalten sind. Spieler, die nur den Basiskasten besitzen und sich auch sonst nicht um Hinweise kümmern – solche gibt es noch eine ganze Menge – werden enttäuscht sein. Mit der 12-Rundenregel, eventuell auch den höheren Entdeckungskosten wird BIG KINI zu einem guten Spiel, das ich immer wieder gern hervorhole.
Titel: BIG KINI
Autor: Guido Eckhof
Grafik: Bert Elter
Verlag: Verlag Edition PlayMe
Spieler: 1 bis 4 (6) Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 60 Minuten
Preis: 30 Euro
Spiel 5/2006 R98/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
(Note 7 (gilt nur für Regeländerung), Note 5 ursprüngliche Fassung)

Zum Spiel und zum Autor:
Die bisherigen Veröffentlichungen Guido Eckhofs drehen sich um BIG KINI. Neben dem 2005 erschienenen Spiel ist bisher nur eine FLASCHENPOST-Erweiterung 2009 herausgekommen.
2018 zeigte Eckhof wieder Spiele auf dem Autorentreffen in Göttingen (siehe Foto). Mit Arve Fühler, der ihn als seinen Mentor bezeichnet, hat er 2019 den Prototypen STAR RACE 2520 entwickelt, ein kartengesteuertes Workerplacementspiel. Auch in der Dankesliste der Tester für Fühlers EL GAUCHO taucht Eckhof auf.
Es ist daher durchaus zu erwarten, dass Guido Eckhof demnächst weitere Publikationen vorweisen kann. Der Spieleversender PlayMe hat BIG KINI übrigens immer noch im Programm.