Donnerstag, 24. Juni 2021
CALIFORNIA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf Renovierungstour in CALIFORNIA
Warum gerade in Kalifornien die Landhäuser renovierungsbedürftig sein sollen, wird wohl ewig das Geheimnis des Verlages oder Autors bleiben, vielleicht liegt es an der schlechten Bezahlung der Filmindustrie und deutscher Fernsehanstalten, vielleicht ist Klinsi inzwischen seinen Job als Bundestrainer los oder vielleicht hält Schwarzenegger nicht mehr seine schützende Hand über die Reichen und Superreichen. Spielthemen gehen manchmal sonderbare Wege, hier also zu einer Schrottimmobilie unweit von Bevery Hills.
CALIFORNIA von Michael Schacht, bei Abacus erschienen, kommt nicht gerade sonnendurchflutet, sondern eher blass daher. Zwei bis fünf Spieler treten die Erbschaft der farblosen Immobilie an. Jeder Spieler erhält eine Landhaustafel, die eine Parterre-Wohnung mit einer kleinen Dachkammer darstellt. Ein Zimmer ist gestrichen, der Rest wartet auf die Maler, deren Farbpalette nicht allzu viele Wünsche befriedigt, gerade einmal sechs Farbtöne haben sie im Angebot. Renovierte Zimmer dürfen bezogen werden, der Flügel darf Einzug halten, aber auch die Harley, eine Sonnenbank oder der Billardtisch. Ein echter Innenarchitekt ist nicht wirklich am Werk, da kann sich der Hundezwinger mitten im Haus befinden und das Motorrad in der Dachkammer. So richtig logisch geht’s nicht zu in CALIFORNIA, ästhetisch erst recht nicht. Wir Spieler lassen uns bekanntlich auf Vieles ein.
Das eigentliche Spiel trägt die typische Handschrift Michael Schachts, der Spieler gerät stets in Entscheidungszwänge. Für die Wohnungsausstattung gibt es zwei Geschäfte, die jeweils vier Plättchen für den Innenausbau bzw. die Innenausstattung anbieten. Recht geschickt wird der Kaufpreis über eine Sparkasse reguliert. Die Spieler wählen zwischen zwei Optionen, entweder nehmen sie eine der anfangs vier Goldmünzen aus der Bank oder sie kaufen ein Plättchen, zahlen dann aber die in der Bank liegende Münzanzahl in Silber. Jede genommene Goldmünze verbilligt damit den Plättchen-Kauf für die nachfolgenden Spieler, andererseits braucht man stets Geld, nicht nur zum Kauf, sondern auch zum Platzieren der Plättchen im Haus. Sobald die Sparkasse leer ist oder eines der beiden Geschäfte, endet ein Spieltag in CALIFORNIA. Alle unverkauften Plättchen werden abgeräumt und die Bank wieder aufgefüllt, nach 12 solchen Tagen sind die Häuser zwar noch nicht fertig renoviert, aber das Spiel ist beendet.
Für die Wertung am Schluss hat sich der Autor ein Punktesystem ausgedacht, bei dem man während des Spiels schon fleißig sammeln kann. Eingerichtete Räume ziehen gleichfarbige Gäste an, sobald ein zweiter Gast kommt, bringt der ein Gastgeschenk mit, das am Ende einen Punkt zählt. Gäste wandern hin und her, so dass man schon mit Planung dafür Sorge tragen muss, dass Gastgeschenke mitgebracht werden. Bestimmte Farbkombinationen bringen weitere Punkte über Bonuskarten, außerdem erhalten die Spieler für jedes belegte Feld in ihrer (Alb)Traumvilla abschließend einen Wertungspunkt. Geld zählt am Ende nichts, entscheidet allerdings bei einem Gleichstand. Das war’s!
Letztlich ist CALIFORNIA ein taktisches Legespiel, das, bezogen auf dieses Genre, durchaus Spielreiz besitzt. Besonders die Kostenregulierung über die Bank hat etwas! Auch das Spielchen mit den Besuchern bringt Pfiff ins Spiel, weil darüber natürlich Einkäufe manchmal teuer gesteuert werden. Die Wahl zwischen den beiden Optionen lässt ein schnelles Spiel zu, meist sind schon nach einer halben bis dreiviertel Stunde die 12 Runden vorüber. Ein zügiges Spiel also, bei dem der Wunsch nach Revanche allerdings nicht so oft vorkommt. Zu fünft plätschert es eher zufällig dahin, der Spielreiz zu viert und vor allem zu dritt ist höher, da gezielter gespielt werden kann. Das gilt auch für die Zweierversion, für die es leicht abgewandelte Regeln gibt. Etwas mehr California Dreamin hätte dem Spiel gut getan, so bleibt es abstrakt, unterkühlt, letztlich Konstrukt.
CALIFORNIA
Autor: Michael Schacht
Grafik: Hans-Jörn Brehm
Verlag: Abacusspiele
Alter: ab 10 Jahren
Anzahl Spieler: 2-5
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 7/2006 R100/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im CALIFORNIA-Jahr 2006 in Göttingen.
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