
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
CHECK THE RIPPER
Den Spieletitel des Jahres, wenn es ihn denn gäbe, hätte sich der Verlag ASS mit einem neuen Spiel von Alex Randolph verdient. CHECK THE RIPPER ist nicht etwa die phonetische Umlautung des altbekannten Gangsters Jack, nein, der Titel verbindet die spielerischen Schach- und Kriminalelemente, um die es in diesem neuen Brettspiel für 2-4 Spieler geht.
Man muss aber kein Großmeister sein, um mit diesem Spiel klar zu kommen. Die einfachen Grundkenntnisse über die Zugmöglichkeiten der Schachfiguren reichen aus, damit man seinen ermittelnden Inspektor von Tatort zu Tatort in England eilen lassen kann, mal bewegt er sich springend wie ein Pferd fort, ein anderes Mal düst er als Turm davon, je nach Würfelwurf.
Auf einer großen Englandkarte werden auf diese Weise Indizien zusammengetragen, um vier Täter zu entlarven. Ob es nun die Mörderin mit der Schere ist oder der Täter, der mit dem Hammer an vier Orten zugeschlagen hat, für richtige Ermittlungen gibt es Punkte. Im Laufe des Spiels fällt es immer leichter, auf weitere Indizien zu verweisen. Gute Gedächtnisleistung ist die wesentliche Voraussetzung für den Spielsieg.
Der Autor hat bekannte Spielmechanismen gekonnt variiert und daraus ein gut spielbares nicht allzu komplexes Spiel gemacht. Der schöne Spielplan eignet sich auch als Wandschmuck, hier hat der Verlag gute Arbeit geleistet. Schachtelgröße und Packungsinhalt stehen aber in einem unverschämten Verhältnis zueinander. Hier stimmt das Preis- Leistungsverhältnis überhaupt nicht mehr. Wenn ich bei einem Spielepreis von DM 45.- bis 50.- nur 10 Prozent Spielmaterial und 90 Prozent Luft erwerbe, dann muss ich mich als Kunde ärgern. Spieleverlage sollten allmählich anfangen, sich umweltorientierter zu verhalten. Wenn die Schachteln voll Material sind, dann wird der Verbraucher auch bereit sein, für kleinere Spielekästen etwas mehr Geld zu bezahlen. Die Rechnung mit den großen Spielekästen und hohen Endverkaufspreisen wird bald nicht mehr aufgehen.
Titel: CHECK THE RIPPER
Autor: Alex Randolph
Verlag: ASS
Spielerzahl:2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 15/1994 R107/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder

Zum Spiel und zu den Autoren:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Hierbei entstand auch DIE VERBOTENE STADT. Vorher hatten sie beide schon TWIDDELDUM bei Noris veröffentlicht. Im Verlag Drei Hasen in der Abendsonne erschien das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
Das Bild zeigt Randolph auf den Autorentreffen in Göttingen bei seiner SPATZ-Verleihung 1990.