Donnerstag, 30. Juni 2016
ANKH
Das altägyptische ANKH-Kreuz soll für das Weiterleben im Jenseits stehen. Nofretete verleiht es, wenn ihr passende Gaben gebracht werden. Mal liebt sie ganz besonders die Skarabäen, dann ist ihr Anubis näher, mal will sie unbedingt ihren wundervollen Halskragen besitzen, dann zieht sie dem einen Kanopenkrug vor. Nofretete ist wankelmütig und gibt immer wieder fein gezeichnete Papyrus-Verordnungen aus, die alle vier Pretiosen in eine klare Rangfolge bringen, das, was ganz oben steht ist ihr eine doppelte Würdigung wert, die zweite Position belohnt sie immerhin einfach, wogegen die dritte Stelle ihr ganz egal ist. Den vierten Platz mag sie aber gar nicht, der wird mit Strafpunkten in einfacher Wertung belegt.
Aus der Wankelmütigkeit der Pharaonin macht Dave Grigger mit seinem Spieleerstling ANKH ein abwechslungsreiches Kartenspiel. Dazu nutzt er 72 Karten mit den vier Schätzen und unterschiedlichen Kartenwerten von 1 bis 5, hinzu kommen 18 Papyrusrollen der Herrscherin, von denen eine anfangs ausliegt und der Rest im Kartenstapel verteilt wird. Diese Präferenzen Nofretetes geben nicht nur eine Rangfolge vor, sie zeigen auch an, wann die Gemahlin Echnatons sich die Gaben der Konkurrenten um die Unsterblichkeit ansehen will. Das kann manchmal ganz schnell geschehen, da reichen ihr nur drei ausliegende Gabenkarten aus, manchmal will sie aber auch sechs davon haben.
Grigger konstruiert dazu einen recht einfachen und leicht zugänglichen Spielablauf. Jeder der zwei bis fünf Spieler erhält vier Handkarten, von denen er eine ausspielt. Bei den Schatzkarten wird er sich an der aktuellen Wertungskarte orientieren. Wenn Nofretete gerade ihren gelben Halskragen präferiert, versuchen die Spieler möglichst hochwertige gelbe Karten auszuspielen. Wer keine hat, dafür aber Papyrus-Karten besitzt, kann die Wertung einfach verändern. Da kann es durchaus passieren, dass der geliebte Halskragen nun gar nichts mehr wert ist oder sogar mit Strafpunkten belegt wird. Die dritte und letzte Möglichkeit der Zugoptionen nennt Grigger „Opfer bringen“, was letztlich nichts anderes ist als ein Kartenaustausch, bei dem beliebig viele Handkarten abgeworfen werden dürfen.
Sobald die von der Herrscherin gewünschte Kartenzahl vor einem Spieler ausliegt, wird sofort gewertet. Wobei sich die Wertung stets auf alle Spieler bezieht. Bilanziert wird nach der aktuellen Lieblingsliste der Königin. Die Punkte werden sofort schriftlich festgehalten. Diese unterschiedlich eintretende Wertung macht den besonderen Reiz von ANKH aus. Da hat man gerade noch auf die fünfte Karte gehofft mit dem roten Anubishund an der Spitze und schon wechselt ein Kontrahent die Papyruskarte mit sofortiger Wertung, da plötzlich drei ausliegende Karten ausreichen. Jetzt bringt der grüne Skarabäus doppelte Punkte und Anubis muss bezahlt werden. Was eben noch nach einer tollen Bilanz aussah, wird plötzlich richtig teuer.
Dieses Wechselspiel ist nicht immer kalkulierbar, aber wer sich an den Nachbarn orientiert, wer in seiner Auslage nicht nur auf eine Schatzsorte setzt, wird die Wertungsrunden gut überstehen und kann nach einer halben Stunde mit 50 Siegpunkten in der Bilanz das ANKH-Kreuz bekommen. Oliver und Sandra Freudenreich tragen durch ihre gelungene grafische Umsetzung der Spielidee zur stimmungsvollen Atmosphäre bei. Mumien bieten die Schätze dar, auf den Wertungskarten wird dann nur noch reduziert das Schatzsymbol gezeigt. Die Spielregel des Huch-Spiels ist der kleinen Schachtelgröße angepasst, was zu einer arg kleinen Schriftgröße führt, die vor allem in ihren Blautönen auf dem schwarzen Papier kaum lesbar ist. Fürs ewige Leben wird es nicht reichen, aber für gute Unterhaltung von Zeit zu Zeit allemal.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ANKH
Autor: Dave Grigger
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Montag, 13. Juni 2016
AGENT UNDERCOVER
Wo bin ich? M’s Instruktionen waren diesmal sehr unklar und der neue Teleporter von Q scheint auch nicht so richtig zu funktionieren. Interessiert werde ich gemustert, 14 Augen starren mich an. Nur nichts sagen, was mich verrät und vielleicht verplappert sich ja auch einer der anderen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob M etwas von einer Botschaft erzählt hat oder war es eine Militärbasis oder sogar eine Weltraumstation. Leider scheinen wir uns in einem völlig abgeschlossenen Raum zu befinden, Außengeräusche helfen mir überhaupt nicht weiter.
Aus dieser Misere helfen keine Waffen heraus, auch kein Aston Martin oder BMW, hier ist die Pokermine gefragt, Charme hilft weiter und kommunikatives Geschick. In Alexander Ushans AGENT UNDERCOVER landet der Geheimagent an einem ihm völlig unbekannten Ort. Alle um ihn herum wissen, wo sie sind, haben sogar klar umrissene Rollen. Da ist der Oberst von der Militärbasis, da sind seine Untergebenen, da ist ein Kantinenchef und Militärarzt, sogar ein Deserteur befindet sich noch vor Ort. Zu zackig sollten sie ihre Rollen nicht spielen, eher verhalten, um, denn von ihm wissen sie, den Geheimagenten unter ihnen zu entlarven. Acht Minuten haben sie dafür Zeit. Zeit, die auch dem Agenten zur Verfügung steht, herauszubekommen, wo er sich befindet. Es kommen ja nur 25 verschiedene Orte in Betracht.
Schlaue Fragen, unverfängliche Antworten helfen hier weiter. Ein enormer Druck, der hier auf dem Agenten lastet, aber auch für die anderen Spieler bleibt es spannend, denn auch sie bewegen sich mit jeder Bemerkung und Reaktion auf dünnem Eis. AGENT UNDERCOVER ist eine außergewöhnliche Spielidee, deren Erfolg von der Kommunikationsbereitschaft, der Kreativität der Spielgruppe abhängt. Gerade bei Jugendlichen kommt das Spiel hervorragend an und wird von Mal zu Mal spannender, weil man sich immer besser in die 25 verschiedenen Schauplätze hineinversetzen kann. Frühes Scheitern, weil der Druck zu groß war, musste ich aber auch häufiger erleben, bis hin zu dem sofortigen Aufgeben beim Anblick der Agentenkarte: „Oh Gott, ich bin‘s!“
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: AGENT UNDERCOVER
Autor: Alexander Ushan
Verlag: Piatnik
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 3-8 Spieler
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Sonntag, 12. Juni 2016
ANIMALS ON BOARD
Der gute alte Noah hatte klare Spielregeln, auf seine Arche duften nur Tierpaare, sollte doch nach der großen Flut das Leben rund um den Ararat weiter gehen. Wie das bei Spielen oft so ist, Spieleautoren haben so ihre ganz eigenen Regeln, mit denen sie oft ganz bewusst gegen eigentliche Erwartungshaltungen ankämpfen.
Das bewährte FINCA-Team Sentker und zur Linde schafft mit ANIMALS ON BOARD (eggertspiele) so ganz eigene Arche-Regeln. Bei ihnen hat Noah ein Paarverbot erlassen, die sollen schließlich nur in seine große Arche kommen. Die heutigen Tiersammler sind dagegen hinter Unikaten hinterher oder kleinen Herden ab drei Tieren. Dafür haben sie in halbierten Archen auch nur beschränkten Aufnahmeplatz.
Auch die Tierwelt der beiden Autoren ist deutlich beschränkter als zu Noahs Zeiten vor rund 4500 Jahren. 12 Tierarten jeweils mit den Werten 1 bis 5 tummeln sich in ANIMALS ON BOARD. Für die Tiersammlungen folgen sie dem einfachen Prinzip der Teilung oder Aufnahme. Dafür stehen je nach Spielerzahl acht bis 12 offene Tierkarten und jeweils ein verdecktes Tierplättchen als große Tiergruppe zur Verfügung. Wer teilt, erhält eine Futterkiste, wer eine geteilte Kleingruppe in seine Arche aufnimmt, muss für jedes Tier eine Futterkiste zahlen.
Nach ein paar Runden sind die Archen mit zehn oder mehr Tieren besetzt, dann waltet Noah seines Amtes. Er holt sich alle Pärchen aus den Booten und rechnet ab. Jedes Solotier wird nach dem aufgedruckten Punktwert abgerechnet, alle Herdentiere zählen fünf Punkte, schließlich tragen auch noch restliche Futterkisten wenige Punkte zur Bilanz bei. Wer die meisten Punkte hat, die größten Herden sammeln konnte, gewinnt nach meist schnellen 20 Minuten ANIMALS ON BOARD.
Leichte, unterhaltsame Familienspielkost mit etwas Taktik und kleinen MEMOanteilen. Der Glücksanteil hält sich in Grenzen, vielfach wird er gezielt durch Aufnahme des verdeckten Kärtchens bewusst in Kauf genommen, um für die Mitspieler nicht völlig ausrechenbar zu sein. Nette Grafiken, ein etwas wackliges Schiff mit überflüssigen Pausenflaggen, dazu eine ordentliche Regel, das ideale Spiel zum Auftakt oder als Absacker am Ende eines Spieleabends.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ANIMALS ON BOARD
Autoren: Ralf zur Linde und Wolfgang Sentker
Verlag: eggertspiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Donnerstag, 2. Juni 2016
DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE
Gleich zweimal auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“, die Marke Drei Magier Spiele beim Schmidt Verlag macht wieder einmal Vieles richtig. Für die wenigen Veröffentlichungen hat dieser Verlag sicherlich die beste Quote in Hinblick auf Auszeichnungen. Die Herbstneuheit 2015, DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE, gehört genauso zu den empfohlenen Spielen wie die Frühjahrsneuheit BURG FLATTERSTEIN.
Bei der DRACHENHÖHLE setzt das italienische Autorenteam Obert&Lanzavecchia auf das bei Drei Magier Spiele bewährte Magnetprinzip. Alle drei bisherigen Auszeichnungen mit dem blauen Pöppel haben die Berliner beziehungsweise der ursprüngliche Verlagsinhaber Johann Rüttinger der Anziehungskraft von Magneten zu verdanken. Das begann 2004 mit der GEISTERTREPPE, führte dann 2009 mit DAS MAGISCHE LABYRINTH zum bisher genialsten Spiel mit dem Magnetprinzip und endete 2013 mit dem VERZAUBERTEn TURM.
Magnetische Felder bringen den kleinen Drachen Edgar zum Feuerspucken. Keine Angst, der Feuerlöscher kann im Auto bleiben, Edgars Zunge beginnt nur kräftig zu leuchten. Die Autoren nutzen diesen Effekt für das Sammeln von Edelsteinen. Die Drachenhöhle ist voller Edelsteinfelder, wobei der Spielplan mit einer etwas leichteren und einer anspruchsvolleren Verteilung ausgewählt werden kann. Unter dem eigentlichen Plan können magnetische Papp-Platten immer wieder unterschiedlich ausgerichtet werden, wobei der Effekt aber identisch bleibt, nur jeweils sechs von 24 Feldern werden dadurch magnetisiert.
Sechs Edelsteine müssen die Kinder in der Drachenhöhle finden, vorgegeben werden die Ziele stets durch zwei Sammelkarten. Würfelnd bewegen die Spieler Edgar in seiner Höhle, wer Glück hat und den Drachen würfelt, darf ihn sogar fliegen lassen. Erfolgreich ist nur, wer es schafft, dass Edgar auf seinem Zielfeld Feuer speit.
Etwas Effekthascherei, ein bisschen MEMO und viel Glück, wer häufig fliegen darf, kommt dem Sieg schneller näher, wer schlecht würfelt, irrt ziellos umher. Kinder stört das nicht. Sie wollen Edgar führen und sind fasziniert, wenn er wieder Feuer speit. Nach Juryurteil ist „das Ergebnis … ein faszinierendes Gedächtnisspiel, bei dem Erleuchtung garantiert ist.“ Das Material ist hervorragend, die Grafik ansprechend, die Drachenfigur kindgerecht. Das Drachenfeuer braucht allerdings Energie, nötige Knopfbatterien werden aber für den Erstgebrauch mitgeliefert.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE
Autor: Walter Obert, Carlo Emanuele Lanzavecchia
Verlag: Schmidt/Drei Magier Spiele
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 39 Euro
(Seite 1 von 1, insgesamt 4 Einträge)